Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2
Höhlenwand verankert. Vor der Tür, inmitten eines Gewirrs von Seilen und Werkzeugen, saß …
»Maegwin!«, rief er, rannte auf sie zu und stolperte auf dem unebenen Boden. Der Kopf der Prinzessin ruhte bewegungslos auf ihren Knien. »Maegwin, seid Ihr-«
Als er näher kam, hob sie den Kopf. Etwas in ihren Augen ließ ihn jäh stehen bleiben. »Prinzessin?«
»Ich habe geschlafen.« Langsam schüttelte sie den Kopf und fuhr sich mit den Händen durch das rotbraune Haar. »Geschlafen und geträumt …« Sie verstummte und sah ihn an. Ihr Gesicht war fast schwarz vor Schmutz; in den Augen lag ein unheimlicher Glanz. »Wer …?«, begann sie und schüttelte wieder den Kopf. »Eolair! Ich hatte einen ganz merkwürdigen Traum. Ihr rieft mich …«
Mit einem Satz war er an ihrer Seite und hockte sich neben sie. Sie schien unverletzt zu sein. Schnell durchwühlte er mit den Händen ihr Haar und tastete ihren Kopf nach Anzeichen eines Sturzes ab.
»Was tut Ihr?«, fragte sie, ohne dass es sie groß zu kümmern schien. »Und wie kommt Ihr hierher?«
Er beugte sich zurück, um ihr ins Gesicht zu schauen. »Diese Frage muss ich Euch stellen, Herrin. Was tut Ihr hier? Euer Volk ist krank vor Sorge um Euch.«
Sie lächelte träge. »Ich wusste, dass ich es finden würde«, erklärte sie. »Ich wusste es.«
»Wovon sprecht Ihr?«, fragte Eolair zornig. »Kommt jetzt, wir müssen zurück. Den Göttern sei Dank, dass Ihr Lampen habt, sonst kämen wir nie mehr hier heraus.«
»Ihr meint, Ihr seid ohne Fackel? Törichter Eolair! Ich bin gut ausgestattet, weil der Weg zu den oberen Höhlen so weit ist.« Sie deutete auf die ringsum verstreuten Werkzeuge. »Ich glaube, ich habe noch etwas Brot. Seid Ihr hungrig?«
Verblüfft setzte Eolair sich auf seine Fersen. War das immer so, wenn jemand unrettbar dem Wahnsinn verfiel? Die Prinzessin schien sich in diesem Loch tief unter der Erde durchaus wohlzufühlen. Was war mit ihr geschehen?
»Ich frage Euch nochmals«, sagte er, so ruhig er konnte. »Was tut Ihr hier?«
Maegwin lachte. »Erkunden. Wenigstens zunächst. Es ist unsere einzige Hoffnung, wisst Ihr. Wir müssen noch tiefer ins Innere des Berges, in die allertiefste Tiefe, sonst finden uns unsere Feinde.«
Eolair stieß ein ärgerliches Zischen aus. »Wir haben bereits nach Eurem Wunsch gehandelt, Prinzessin. Das Volk ist in die Höhlengezogen, so wie Ihr es befohlen habt. Jetzt fragen sie sich, wohin die Tochter des Königs gegangen ist.«
»Aber ich wusste auch, dass ich das hier finden würde«, fuhr Maegwin fort, als hätte Eolair gar nichts gesagt. Ihre Stimme sank zu einem Flüstern herab. »Die Götter haben uns nicht verlassen.« Sie sah sich um, als fürchte sie Lauscher. »In Träumen haben sie zu mir gesprochen. Sie haben uns nicht verlassen.« Sie deutete auf die große Tür hinter ihnen. »Ebenso wenig wie unsere alten Verbündeten, die Sithi – denn das ist es, was wir jetzt brauchen, nicht wahr, Eolair? Verbündete?« Ihre Augen glänzten. »Ich habe darüber nachgegrübelt, bis mir der Kopf platzte, und ich weiß, dass ich recht hatte. Hernystir braucht Hilfe in dieser Stunde des Schreckens, und welche besseren Verbündeten gibt es als die Sithi, die schon einmal an unserer Seite standen? Alle denken, die Friedlichen seien vom Erdboden verschwunden. Aber das stimmt nicht! Ich bin überzeugt, dass sie sich nur weiter in die Tiefen zurückgezogen haben.«
»Das ist zu viel«, erklärte Eolair und ergriff Maegwins Arm. »Wahnsinn ist es, Herrin, und es zerreißt mir das Herz in der Brust, Euch so zu sehen. Kommt, wir wollen zurückgehen.«
Maegwin, hellen Zorn in den Augen, machte sich los. »Ihr seid es, aus dem Wahnsinn spricht, Graf! Zurückgehen! Ich habe mehr Stunden, als ich zählen kann, dazu gebraucht, den Riegel zu zerstören. Hinterher musste ich ein Weilchen schlafen, aber ich habe es geschafft. Es ist vollbracht, und nun will ich durch die Tür gehen. Sprecht mir nicht vom Umkehren!«
Eolair sah auf und erkannte, dass die Prinzessin die Wahrheit gesagt hatte. Der Riegel, dick wie ein Männerhandgelenk, war gesprengt. In der Nähe lagen ein Hammer und ein verbogener Meißel.
»Was ist das für eine Tür?«, erkundigte er sich misstrauisch. »Sie gehört doch bestimmt zu dem alten Bergwerk.«
»Ich habe es Euch bereits gesagt«, versetzte sie kalt. »Es ist die Tür in die Vergangenheit – die Tür ins Reich der Friedlichen. Der Sithi.« Sie sah ihn an, und ihr Blick wurde weicher. Ein
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