Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman
ruhte, aber ich wusste, dass es unmöglich war, den Schatz mit Gewalt in unseren Besitz zu bringen. Ich bewegte mich zu langsam, selbst wenn ich keine Säcke mit Gold schleppte. Und auch wenn ich jung und fit gewesen wäre, die Verhaftungsund Verurteilungsrate bei Bankraub betrug fast einhundert Prozent. Es war das allerdämlichste Verbrechen, das man begehen konnte.
Die Vordertür der Bank bot den einzigen Ausgang, und der Laden war rundherum durch Alarmanlagen und Überwachungskameras gesichert. Würden wir es schaffen, das Gebäude zu verlassen und irgendwie auch den Highway zu erreichen, kämen wir doch nicht weit, bevor man uns an den Rand gewinkt oder durch eine Straßensperre aufgehalten hätte. Gewalt würde hier nichts nützen. Wenn ich die Leute hier nicht davon überzeugen konnte, dass Zieglers Bankschließfach mir gehörte, würde der Goldschatz der Nazis, der sich möglicherweise dort befand, den Tresorraum nicht verlassen.
Ich würde nach Hause fahren und überlegen, ob ich um der Sicherheit willen mit Rose in ein Heim wie Meadowcrest ziehen sollte. Ich würde nicht das Risiko eingehen wollen, dass sie sich eventuell noch mal bei einer »Sturz-Episode« verletzte. Irgendwann würde man mich dann in eine Abteilung mit verschlossener Tür und einem Plastikbezug über der Matratze verlegen, und die Schwester würde mir Wegwerfwindeln für Erwachsene anziehen. Und danach würde dann kaum noch etwas kommen.
Einer der Wachmänner trat vor und legte mir die Hand aufdie Schulter. Ich hatte verloren und wollte mich auf den Weg zum Auto machen.
»Fassen Sie verdammt noch mal den Mann nicht an«, brüllte Tequila. Ich nahm an, er hatte es aufgegeben, den guten Cop zu spielen, zumal es ohnehin keinen Sinn mehr hatte.
Ich drehte mich um, weil ich ihm raten wollte aufzugeben, bemerkte aber, dass er einen silbern glänzenden Gegenstand auf den Filialleiter gerichtet hatte. Eine Sekunde lang flutete das pure Entsetzen mein Gehirn. Es sah nämlich so aus, als habe er den Revolver doch mitgenommen. Aber dann fing das Ding in seiner Hand zu sprechen an.
»Was geht hier vor?«, quakte es aus Tequilas Internettelefon. Das war nicht Teil unseres Plans gewesen. Ich hatte keine Ahnung, was mein Enkel tat und wer am anderen Ende der Leitung war.
»Diese Leute von der Bank weigern sich, uns an Grandpas Schließfach zu lassen, und wollen uns jetzt sogar rauswerfen«, informierte Tequila das Telefon. Alles Sanfte war aus seinem Gesicht verschwunden. Sein Blick war nicht mehr demütig, sondern eiskalt. Fast so wie Zieglers.
»Großer Gott. Muss ich da erst aufkreuzen und die Situation klären?«, fragte das Telefon.
»Scheiße, nein, Herr Anwalt«, sagte Tequila. »Das will ich nicht hoffen.« Er übertrieb sein Achselzucken, damit es den Wachmännern nicht entging. »Mein Anwalt«, erklärte er ihnen und wies auf sein Gerät.
»Wer hat da drüben das Sagen?«, fragte das Telefon.
»Äh, das bin ich«, stotterte der Filialleiter.
»Ich hab keine Ahnung, wer da redet, also hilft es mir gar nichts«, zischte die Stimme in der Leitung.
»Ich, äh …« Der Filialleiter zögerte. »Was?«
»Wer sind Sie?«, fragte die Telefonstimme, jedes Wort betonend, als spreche sie mit einem sehr begriffsstutzigen Kind.
»Ich bin der stellvertretende Filialleiter Alan Patterson.«
»Schön, ich werde Ihnen jetzt etwas sagen, stellvertretender Filialleiter Alan Patterson. Wenn ich da runterkommen muss, heißen Sie für mich nur noch Scheiße. Ich werde sie sogar jetzt schon Scheiße nennen, denn stellvertretender Filialleiter Albert Wie-auch-immer-der-verwarzte-Name-auch-lauten-mag strapaziert mein Gedächtnis mehr als so ein unbedeutender Kasper verdient.«
»Ich weiß nicht, wer Sie sind, aber so können Sie nicht mit mir reden«, sagte Patterson auf der Suche nach ein wenig Rückgrat.
»Ich wette, er ist so ein Aufgeblähter, wie ein Insekt, das sich voll Blut gesaugt hat«, sagte das Telefon. »Ein pummeliger Knabe mit Drei-Zoll-Pimmel im Machtrausch.«
»Ja, aufgebläht ist er tatsächlich«, sagte Tequila. »Und kinnlos.«
»Kinnlos klingt er auch«, stimmte das Telefon zu.
Einer der Wachmänner konnte sich das Kichern nicht verkneifen, was den aufgeblähten und kinnlosen stellvertretenden Filialleiter Alan Patterson zu verärgern schien. »Verfolgen Sie einen bestimmten Zweck mit alledem?«, knurrte er Tequila an.
»Ja, das tue ich«, sagte das Telefon. »Haben Sie je von einem Strafbestand gehört, der sich
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