Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman
Jennings.
Ich kratzte mir den Kopf. »Ist das etwas anderes als ein Verdächtiger?«
Sein Schnurrbart schien sich zu sträuben. »Sie wollen mich nur ärgern, Sie mieser alter Dreckskerl.«
Aber das wollte ich gar nicht. Ich hatte gewiss kein Interesse, seine Morduntersuchung zu behindern, solange sie auf etwas anderes als den Versuch hinauslief, mir oder Tequila etwas anzuhängen. Vielleicht meinte er, Felicia Kind aufs Revier zu bringen, könne die Zulässigkeit eines eventuellen Geständnisses gefährden. Ich wusste jedoch nicht, warum es so sein sollte. Als ich bei der Mordkommission arbeitete, besuchten mich häufig beunruhigte Ehegatten von Opfern auf dem Revier, um sich über den Stand der Ermittlungen zu informieren. Dabei gab es nie rechtliche Probleme, selbst dann nicht, wenn ich sie schließlich verhaften musste. Ich sagte etwas, das er nicht als Entschuldigung ansehen konnte, und brachte das Gespräch wieder auf Feely.
»Er hat nichts gesagt, was uns weiterhilft«, sagte Jennings. »Aber Sie scheint er zu mögen. Vielleicht traut er Ihnen sogar. Und ich habe gehört, Sie sollen damals im Verhörraum ein Ass gewesen sein.«
Ich hatte zu meiner Zeit die eine oder andere Zunge gelöst und auch das Talent bewiesen, den Willensschwachen Geständnisse zu entlocken. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass Feely leicht zu knacken sein würde, und meine Technik, widerspenstige Kandidaten kleinzukriegen, hatte sich immer auch auf den freizügigen Gebrauch eines zusammengerollten Telefonbuchs gestützt.
»Ich spreche aber nur allein mit ihm«, sagte ich. Es kam absolut nicht in Frage, mir etwa mit Jennings Wortgefechte zu liefern, während ich herauszufinden versuchte, was Feely wusste oder getan hatte.
Der Detective blieb also mit Felicia draußen. Die beiden hatten eine Menge Gesprächsstoff. Ich betrat das Plauderstübchen. Dieser Raum zumindest hatte sich seit der Zeit, als ich noch arbeitete, nicht sonderlich verändert. Zwei Metallstühle, auf gegenüberliegenden Seiten eines Metalltisches an den Betonboden geschraubt, und eine Tür, die sich nur von außen öffnen ließ. Im Fernsehen hatten Verhörräume gewöhnlich Einwegspiegel, damit man bei der Vernehmung zusehen konnte. Stets waren Mikrofone und Kameras vorhanden, um die Aussagen zu dokumentieren. Und vielleicht sah es in Städten wie San Francisco tatsächlich so aus. Memphis hingegen hielt sich an die guten alten Methoden, und hier hatte die Befragungszelle vier solide Wände. Das Verfahren, mithilfe dessen ein Geständnis erreicht wurde, war manchmal unschön, und Zeugen des Geschehens waren nicht erwünscht.
Wenn es eine Video- oder Tonaufzeichnung des Verhörs gab, hatten die Verteidiger des Abschaums Anrecht auf eine Kopie. Damit konnten sie das Verhalten des Cops während der Befragung genau nachvollziehen und nach Gründen für Anträge suchen, die Aussage eines Klienten für den Prozess nicht zuzulassen. Jeder Cop, der seine Marke wert ist, weiß daher, dass von dem, was in einem Verhörraum ausgeplaudert wird, einzig und allein ein unterschriebenes Geständnis aktenkundig werden darf.
Ich lehnte mich an den Tisch und fühlte mich ganz wie zu Hause.
Feely saß da, die Hände hinter dem Rücken gefesselt. Die Kette der Handschellen war durch die Öffnung in der Rückenlehne seines Stuhl gefädelt. Das kam mir sehr gelegen, weil ich ihm nicht noch einmal die Hand geben mochte.
Als man Tisch und Stühle aufgestellt hatte, musste man wohl mit einem weniger großzügig proportionierten Gast im Plauderstübchen gerechnet haben, denn Feelys Wampe quetschte sich über die Tischkante.
»Sie sitzen wohl nicht gerade bequem, Norris«, sagte ich.
»Buck …« Er lächelte, erleichtert, mich zu sehen. »Gott sei Dank, dass Sie da sind. Ich stecke in der Klemme.«
Ich zündete mir eine Zigarette an und ließ die Schachtel auf den Tisch fallen. »Da haben Sie verdammt Recht.«
Ich bot ihm eine Zigarette an, aber er saß nur da und gab sich entrüstet.
Ich zog mein Merkheft aus der Tasche, klappte es an einer unbeschriebenen Seite auf und legte es neben die Luckys. Ich nahm meine .357 aus dem Schulterhalfter und platzierte sie neben das Merkheft, wo Feely sie gut im Blick hatte.
»Sie müssen mir helfen«, sagte er. »Randall Jennings versucht, mich wegen des Mordes an Lawrence Kind dranzukriegen.«
»So kann man’s auch sehen«, sagte ich. »Aber vielleicht hat er Sie ja deswegen im Visier, weil Sie derjenige sind, der den armen Kerl
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