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Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Titel: Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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worden war.
    »Wenn du meinst, dass es nicht Feely war, wer sollte es sonst getan haben?«, fragte Tequila. »Ich kann mir vorstellen, dass Felicia die Hand im Spiel hat. Bestimmt hat sie ihn nicht selbst aufgeschlitzt, aber eine Frau, die so gut aussieht, kennt immer ein paar Kerle, die bereit sind, bestimmte Dinge für sie zu erledigen.«
    Tequila erzählte mir nicht viel von den Frauen, mit denen er sich traf, aber ich schloss aus seinem Tonfall, dass er von einer dieser Schönheiten, an deren Liebe er geglaubt hatte, schwer enttäuscht worden war. In seinen Augen war die Witwe zweifellos eine egoistische Drahtzieherin. Er brachte Vorurteile ins Spiel, aber das bedeutete nicht notwendigerweise, dass er sich irrte. Er war dabei gewesen, als Felicia Randall Jennings äußerst überzeugend angelogen hatte. Ich wäre ein alter Trottel, würde ich auch nur der geringsten und noch so ehrlich klingenden Kleinigkeit trauen, die sie mir auftischte.
    »Was denkst du denn von T. Addleford Pratt?«
    »Warum hätte er Kind umbringen und uns dann wegen des Schatzes heimsuchen sollen, wenn er sich doch nur von Kind den Anteil hätte nehmen müssen, den der vielleicht von uns bekommen hätte?«, fragte Tequila.
    »Durch den Mord an Kind hätte er Felicia zwingen können, ihn aus der Lebensversicherung zu bezahlen.«
    »Okay, aber warum sollte er Yael ermorden?«
    »Vielleicht, damit es so aussah, als hätten wir Kind umgebracht, oder um uns einzuschüchtern, damit wir ihm das Gold überließen.«
    »Was hat das für einen Sinn, wenn er uns nicht wissen lässt, dass er es war?«
    Er hatte Recht. Yael umzubringen hätte uns nicht unter Druck gesetzt, Pratt zu bezahlen, wenn er nicht auch zu uns gekommen und die Tat gestanden hätte. Wir hatten zudem keinen Grund zu der Annahme, dass er sich in St. Louis aufgehalten hatte.
    »Und was denkst du von den Israelis?«
    Die Theorie war noch viel weniger einleuchtend. Yaels Tod schien darauf hinzudeuten, dass sie nicht mit Jitzchak Steinblatt und Avram Silver zusammengearbeitet hatte, aber mit Gewissheit ließ sich auch das nicht sagen. Vielleicht hatten sie sich ihrer entledigt, nachdem sie ihre Schuldigkeit getan hatte: eine Person weniger, die sie hätte entlarven können, und eine Person weniger, mit der sie das Gold hätten teilen müssen. Das gab ich Tequila zu bedenken.
    »Die Theorie nehm ich dir nicht ab«, sagte Tequila. »Silver kam mir vor wie ein Jammerlappen, als wir mit ihm sprachen. Ich kann mir ihn nicht als einen mordlüsternen Strippenzieher vorstellen. Und der alte Yid’s Kack wird einzig deswegen verdächtigt, weil er ein so großer Kerl ist.«
    »Ein extrem großer Kerl«, sagte ich.
    »Bestreite ich ja nicht. Der Dreckskerl sieht aus wie ein Proficatcher aus dem Shtetl. Aber ein Spion hat tunlichst unauffällig zu sein, und der Typ ist so unscheinbar wie ein Bulldozer. Ich glaube, Steinblatt ist genau das, was er von sich sagt, und Avram Silver ist ein Schwachkopf, und deine ganze israelische Voreingenommenheit ist der reine Schwachsinn.«
    Ich steckte mir eine Zigarette an und dachte nach. Steinblatt war in Memphis aufgetaucht, nachdem wir gerade erst mit Silver gesprochen hatten. Und am selben Tag, als Kind ermordet wurde. Außerdem verfügte er über die beträchtliche Körperkraft, die der Mord an Kind erfordert hatte. Ich jagte einen Killer, und der riesige Russe entsprach dem Bild. Bürgerrechtler von der ACLU würden vielleicht von Profiling reden, aber wenn da ein Kerl ist, der wie ein Killer aussieht, dann ist er gewöhnlich auch einer.
    Ungewöhnlich an der ganzen Sache war, dass so viele Leute Mittel und Motive hatten, das Verbrechen zu begehen, anscheinend jedoch keiner ins Bild des Killers passte. Im Gegensatz zur weitverbreiteten Ansicht gibt ein Mord gewöhnlich keine großen Rätsel auf. In der Literatur und in Fernsehsendungen sind die Cops stets damit beschäftigt, undurchsichtige Motive zu enträtseln, und die handelnden Personen sind niemals, was sie zu sein scheinen. Aber ein echter Mord ist hässlich und dämlich und grob, und so ziemlich jeder, auf den der Detective bei seiner Arbeit trifft, ist genau das, was er zu sein scheint. Wenn die Scheusale genug Hirn hätten oder die Phantasie, ihre Spuren überzeugend zu verwischen, bräuchten sie keine Scheusale zu sein.
    »Mom hat mir erzählt, dass Steinblatt heute Abend im JCC zur Jewish Federation über Israel sprechen wird«, sagte Tequila. »Könnte interessant sein, sich anzuhören, was er zu

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