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Der Amboss der Sterne

Der Amboss der Sterne

Titel: Der Amboss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Schwarze. Niemand antwortete oder hob die Hand; aber eine Versteifung der Körper und ein Abwenden der Augen zeigten, daß die meisten welche gehabt hatten. Martin sah seine Kameraden an, deren Haar sich im Nacken sträubte.
    »Ihr habt von Leuten geträumt, die gestorben sind, nicht wahr?« fuhr Rosa fort und lächelte entwaffnend.
    »Was ist mit dir?« kläffte Rex.
    »O ja, ich habe geträumt – wenn man das Träumen nennen kann, die verrückten Dinge, die mir passieren. Mich hat es schwer erwischt. Ich rede nicht einfach mit toten Leuten. Ich spreche zu toten Ideen. Ich besuche Orte, an die niemand von uns gedacht hat, seit wir kleine Kinder waren. Aber das ist doch verrückt!«
    »Rosa, setz dich hin!« sagte Hans.
    Rosa reagierte nicht darauf, änderte ihr Lächeln nicht und kniff nicht die Augen zusammen. Sie beachtete ihn einfach nicht.
    Jeanette sagte: »Ich habe von Leuten geträumt, die auf der Erde gestorben sind. Die erzählen mir von Dingen.«
    »Was erzählen sie dir denn?« fragte Rosa. Ziel erfaßt, Publikum reagiert; mindestens einige erwärmen sich bei dieser Veränderung und begrüßen Erleichterung von der vorangegangenen grausamen Absurdität.
    Kai Khosrau kam dazwischen, ehe Jeanette antworten konnte, und sagte: »Meine Eltern.«
    »Was erzählen dir deine Eltern?«
    »Meine Freundinnen, als ich ein kleines Mädchen war«, rief Kirsten Two Bites. »Sie müssen tot sein. Sie waren nicht auf der Arche.«
    »Was sagen sie dir, Kirsten?«
    »Mein Bruder auf der Arche«, sagte Patrick Angelfish.
    »Was sagt er dir, Patrick?« Rosas Gesicht rötete sich vor Begeisterung.
    Martin prickelte die Haut. Theodore.
    »Sie alle sagen uns, daß wir in einem Irrgarten stecken und vergessen haben, worauf es ankommt«, antwortete Rosa triumphierend. »Wir befinden uns in einem Labyrinth der Qual und können keinen Ausweg finden. Wir wissen nicht, was wir tun oder warum wir überhaupt noch hier sind. Früher wußten wir das. Wer weiß, warum wir hier sind?«
    »Wir alle wissen das«, sagte Hans. Er zwinkerte, schaute jedes Gesicht um sich herum an, verschmitzt und abschätzend. »Wir erledigen unseren Job. Wir haben schon mehr getan als alle anderen vor uns…«
    Er brach ab, sah Martin an und zog eine Grimasse.
    »Hier oben wissen wir Bescheid«, sagte Rosa und klopfte sich an den Kopf. Dann legte sie die Hand auf die Brust: »Hier wissen wir es nicht.«
    »O Jesus!« stöhnte Hans. Niemand sprach ein Wort.
    »Wir spielen und versuchen zu lachen. Wir lachen über Hans, aber er verdient unser Lachen nicht. Er ist der Boss. Seine Aufgabe ist hart. Wir sollten über uns selbst lachen. Über unsere Trübsal.«
    Paola Birdsong rief: »Rosa, du bist krank. Einige von uns trauern immer noch. Wir wissen nicht, was wir denken sollen… Schluß jetzt mit diesem Unsinn!«
    »Wir sind alle traurig«, erwiderte Rosa. »Unser ganzes Leben ist Trauer. Kummer und Rache. Haß und Tod. Keine Geburt, keine Erlösung. Wir sind wie hirnlose Messer und Kanonen, Bomben und Tauben in Raketen.«
    »Sprich dich aus und verschwinde!« sagte Hans, der den Eindruck hatte, daß ihre gewaltsame Entfernung auf starke Mißbilligung stoßen würde.
    »Zu mir spricht etwas anderes«, sagte Rosa, senkte das Kinn und hob die Schultern.
    »Monster in den Korridoren?« rief Rex Live Oak.
    »Laß sie reden!« verlangte Jeanette Snap Dragon ärgerlich.
    Hans stand auf.
    Rosa hob die Arme. »Die Dinge, gegen die wir kämpfen, hätten wir früher wohl Götter genannt. Damit hätten wir aber unrecht gehabt. Es sind keine Götter. Sie sind es nicht einmal annähernd. In der letzten Woche habe ich etwas gesehen, das mich beinahe lebendig verbrannt hat.«
    »Der Gott unserer Mütter und Väter!« seufzte Jeanette.
    Martin rutschte aus seinem Sitz und schickte sich an zu gehen. Er wollte nicht da bleiben und dies erleben.
    »Nein!« schrie Rosa. »Es hat eine Stimme wie Glöckchen, wie Flöten, wie Vögel; aber es durchquert diese Spanne von Sternen wie ein Wal das Meer.«
    Martin erstarrte mit hervorquellenden Augen. Ja. So riesig und dennoch rührend besorgt.
    »Es berührt alles, und um es herum schwärmen Teile von ihm wie Bienen um eine Blüte. Es…« Sie nickte in Selbstbestätigung und wischte sich die Augen.
    »Schluß jetzt damit!« befahl Hans. »Genug!«
    »Es liebt mich!« schrie Rosa mit ausgestreckten Händen und krallenden Fingern. »Es liebt mich, und ich bin seiner Liebe nicht wert!«
    Einige Jungen gingen kopfschüttelnd und brummend

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