Der Amboss der Sterne
Chemikalien. In einem bestimmten Wachstumsstadium fraßen sie sich gegenseitig; und die Reste ihrer Mahlzeiten trugen wesentlich zu der Brühe bei.
Brüder aßen immer in aufgelöstem Zustand, wobei sich die Saiten um die Bottiche sammelten wie Schlangen um Schalen mit Milch. Während die Saiten speisten, wachten eine oder zwei Flechten über die Esser.
Die Schlangenmütter hatten mit der Zubereitung der Brühe nichts zu tun. Die Züchtung von Nahrung war für die Brüder ein besonders wichtiges Ritual; und es bedeutete anscheinend eine Ehre, mit der Aufsicht über die Bottiche mit Brühe betraut zu sein.
Soviel zu beobachten, war der menschlichen Crew gestattet. Andere Aspekte des Lebens der Brüder waren verdächtiger. Während Saiten als Individuen sterben konnten – das war normal wie das Abstreifen einer Haut –, fand Fortpflanzung in besonderer Manier statt. Die Zeugung von Saiten war nichtöffentlich und wurde vor den Menschen geheimgehalten.
Drei Flechten schienen als intellektuelle Reserven für die ganze Gruppe zu dienen. Diese wirkten langsam und nicht besonders ansehnlich. Sie sprachen kein Englisch und kommunizierten überhaupt nicht mit den Menschen. Aber gelegentlich lösten sie sich auf, und einige ihrer Teile wurden zeitweise von anderen Flechten benutzt. Erin Eire nannte sie Weisheit, Ehre und Barmherzigkeit. Die Namen blieben hängen, zumindest bei den Menschen.
Stonemaker wurde allen Menschen vertraut. Auch Shipmaker und Eye in Sky mischten sich frei unter sie. Andere kamen eher schrittweise in Kontakt mit den Menschen. Nach zwei Tagen verkehrten dreiundzwanzig Brüder regelmäßig unter ihnen. Die Verständigung verbesserte sich sehr schnell.
Innerhalb von zehn Tagen nach der Verschmelzung konnten rudimentäre Witze ausgetauscht werden. Der Humor der Brüder war recht einfach. Widerlich süße Blumengerüche bezeichneten eine Art von Gelächter, das von einfachen Geschichten ausgelöst wurde, bei deren Pointen es immer um unfreiwillige Fälle von Auflösung ging.
Mit Billigung von Hans ernannte Paola Birdsong sich zur speziellen Studentin von Sprache und Verhalten der Brüder.
Giacomo und Jennifer halfen freiwillig bei der Koordinierung von Bibliotheken der Menschen und Brüder in Zusammenarbeit mit Eye on Sky und Shipmaker. Hans schlug vor, sie sollten zunächst das übersetzen und integrieren, was die Bibliotheken zu sagen hatten über galaktische Geschichte, Kampfstrategie und Taktik. Jennifer war von diesen praktischen Prioritäten enttäuscht. Sie wollte unbedingt die Mathematik der Brüder erforschen.
Martin stellte bei seinen Bibliotheksbesuchen fest, daß das Gehirn des Schiffs selbst Information übersetzte und korrelierte.
Rosa Sequoia blieb im Hintergrund. Sie beobachtete alles aufmerksam, erwog und bemaß die neue Situation.
Die Reste von Martins Trübsal waren wie Nebel verschwunden. Er dachte oft stundenlang hintereinander nicht an Theresa oder William.
Hakim, Harpal und Luis Estevez Saguaro vereinten ihre Kräfte mit einem Bruder namens Silken Parts, einer großen (fünf Meter langen) und adrett aussehenden Flechte, deren Saiten wirklich etwas seidiger von Struktur waren als die der anderen Brüder. Zusammen organisierten sie ein kombiniertes Suchteam im Bug.
Giacomo und Jennifer fungierten als Berater des Suchteams, waren aber jetzt von ihrer Bibliotheksarbeit und theoretischen Aktivitäten absorbiert.
Fernsonden wurden ausgeschickt, und Leviathan genau beobachtet.
Nach vier Tagen intensiver Beschäftigung mit Leviathan bat Hakim Martin um eine Unterredung, allein und in Martins Wohnung.
Sie hockten nebeneinander und nippten an starkem heißen Tee, den Hakim bevorzugte.
Hakim war aufgeregt. Er fing mit nach unten gerichtetem Blick an: »Ich werde bald mit Hans darüber sprechen. Ich weiß, das ist ungeschickt, aber ich weiß nicht, wie er reagieren wird. Ich selbst weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Ich hoffe, du kannst mir einen Rat erteilen.«
»Über was?« fragte Martin.
»Zu den Brüdern ist jetzt Silken Parts gekommen, und ich verstehe, daß sie vor ähnlichen Schwierigkeiten stehen. Die Information seitens der Fernsonden ist verwirrend.«
»Inwiefern?« fragte Martin.
»Ich bin höchst bestürzt.«
»Mein Gott, Hakim!«
Hakim sah ihn scharf an. Ihm mißfielen religiöse Blasphemien jeder Art.
»Bedaure. Sage es mir!«
»Unsere frühere Information über Leviathan scheint völlig falsch gewesen zu sein. Ich weiß nicht, wie das passieren
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