Der Archipel in Flammen
Ankunft der "Syphanta" in ihrer Reede, wohl kaum noch lange beschert geblieben. Am 2. April nämlich war der im Norden der Insel befindliche Hafen, der heute den Namen Pyrgo führt, von einer Korsaren-Landung ernstlich bedroht worden. Etwa ein halbes Dutzend ihrer Schiffe, Mistiken und Djemen unter dem Schutze einer Brigantine von etwa einem Dutzend Kanonen, kam in Sicht der Stadt. Gelang dem Gesindel die Landung, so brach über die Insel mit ihrer friedlichen, des Kampfes ungewohnten, jeglicher Streitmacht ermangelnden Bevölkerung ohne Frage das schwerste Unglück herein.
Kaum erschien jedoch die Korvette auf der Reede, als am Großmast der Brigantine ein Wimpel aufging und sämtliche Korsarenschiffe zur Schlacht formierten: ein Anzeichen von seltsamer Verwegenheit auf ihrer Seite! "Ob sie's riskieren sollten?" rief Kapitän Todros, bei zum Kommandanten auf die Brücke getreten war.
"Die Offensive ... oder Defensive?" versetzte, nicht wenig verwundert über die Haltung der Piraten, Henry d'Albaret.
"Mord und Brand! eher hätte ich gedacht, die Kerle würden mit allem Segelzeug, das sie setzen können, fliehen!"
"Schon besser, Kapitän Todros, sie stehen uns, als daß sie Fersengeld geben, denn dann würden uns doch schließlich ein paar entwischen ... am liebsten wäre es mir schon, sie griffen selber an! ... Signalisieren Sie "klar zum Gefecht!" Kapitän Todros."
Des Kommandanten Befehl wurde im Nu ausgeführt. Die Kanonen wurden geladen, die Lunten angesteckt, die Kugeln in Handweite der Bedienungsmannschaft aufgeschichtet; die Karronaden auf Deck wurden montiert, die Waffen, Musketen, Pistolen, Säbel und Enterbeile, unter die Mannschaft verteilt. Alles geschah so prompt und schneidig wie auf einem Kriegsschiffe, auf welchen Charakter die "Syphanta" im Grunde nicht Anspruch erheben konnte.
Unterdes rückte die Korvette an die Korsaren-Flottille heran; der Kommandant nahm die Brigantine aufs Korn: eine Breitseite sollte sie kampfunfähig machen; dann gedachte er sie anzurennen und zu entern. Wahrscheinlich rechneten aber die Korsaren, während sie scheinbar zum Kampfe rüsteten, bloß auf gute Gelegenheit zur Flucht. Wenn sie diese nicht schon früher ergriffen hatten, so trugen nicht sie die Schuld daran, sondern lediglich die Korvette, die sie überrumpelt hatte und jetzt die Ausfahrt sperrte. Es blieb den Korsaren also bloß übrig, so zu manövrieren, daß ihnen der Versuch eines gewaltsamen Durchbruchs gelang.
Eröffnet wurde das Feuer durch die Brigantine, die ihre Geschosse ins Mastwerk der Korvette dirigierte. Gelang es ihr, dem Feinde auch nur einen Mast zu rauben, so befand sie sich in erheblich besserer Möglichkeit, zu fliehen.
Die feindliche Salve strich etwa 7 Fuß hoch über das Deck der "Syphanta", zerriß ein paar Drissen, zerschlug ein paar Schoten und Raaen, zersplitterte ein Stück vom Deck zwischen Groß- und Besanmast und blessierte, aber nicht schwer, drei bis vier Mann; richtete also im großen und ganzen keinen ernstlichen Schaden an.
Henry d'Albaret gab nicht sofort Antwort; er ließ rechts auf die Brigantine zu halten und seine Salve erst abgeben, als der Rauch der ersten Schüsse sich verzogen hatte. Ein großes Glück für die Brigantine, daß ihr Kapitän unter Wahrnehmung der Brise hatte abschwenken können: so bekam er bloß ein paar Kugeln in den Rumpf über der Schwimmlinie. Ein paar Mann waren wohl gefallen, dadurch wurde sein Schiff aber nicht kampfunfähig.
Die Geschosse der Korvette, welche an der Brigantine vorbeigingen, waren nicht verloren, sondern hatten der durch die Schwenkung der Brigantine bloßgelegten Mistike die Backbordwand zerschlagen und zwar so energisch, daß sie sofort voll Wasser lief.
"Muß die Brigantine nicht dran glauben, dann ihr Begleitschiff, das sein Bohnendeputat weg hat!" rief einer der auf dem Vorsteven postierten "Syphanta"-Matrosen.
"Meine Weinration wett' ich, daß sie in fünf Minuten sinkt."
"In drei Minuten!"
"Ich pariere – und soll mir dein Wein so flott in den Schlund kollern, wie der Mistike das Wasser durch ihre Löcher in den Rumpf!"
"Sie sinkt! sie sinkt!"
"Bis zum Gürtel schon futsch ... gleich geht's ihr über den Rand! dann über den Kopf!"
"Hei! und die Satansbrut kopfüber hinein in die Fluten, um sich durch Schwimmen zu retten!"
"Na, ganz gescheit! Der Strick um den Hals ist ihnen lieber als zuviel Wasser im Bauche – lassen wir den Kerlen den Willen!"
Die Mistike sank tiefer und tiefer. Die Mannschaft war
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