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Der Atlantik - Biographie eines Ozeans

Der Atlantik - Biographie eines Ozeans

Titel: Der Atlantik - Biographie eines Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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besitzt, träge in Küstennähe herumzudümpeln – und sein um einiges größerer arktischer Vetter, der Grönlandwal, ließen sich nur allzu leicht erlegen. Die Technik der Basken war so simpel, dass sie bald überall auf der Welt angewendet wurde: Man befestigte mit Luft gefüllte Schwimmkörper an den Harpunenleinen, so dass es dem harpunierten Wal so gut wie unmöglich war abzutauchen und er, nachdem er längere Zeit an der Wasseroberfläche geschwommen war, so erschöpft war, dass er seine Verfolger dicht an sich herankommen ließ und sie ihm den Todesstoß versetzen konnten.
    Im Allgemeinen treiben tote Nordkaper auf dem Wasser; die erlegten Tiere ließen sich daher in den Heimathafen schleppen oder zu einem Stützpunkt auf einer nahe gelegenen Insel, wo man sie »flenste«, wie der Fachausdruck für das Zerlegen eines Wals lautet, und den Walspeck auskochte, der ein besonders hochwertiges dickflüssiges Öl lieferte, das man zum Heizen oder zur Beleuchtung, als Schmiermittel oder auch zur Herstellung von Speisefett verwenden konnte. Das Fleisch wurde zum Verzehr in Stücke geschnitten und eingesalzen. Die Barten am Oberkiefer der Wale, mit denen diese ihre Nahrung aus dem Meerwasser filtern, wurden zu Korsettstangen, Pferdepeitschen, Gestängen für Sonnenschirme oder tausend anderen nützlichen Dingen verarbeitet.
    Riesige Mengen dieser großartigen, sich träge bewegenden und in tragischer Weise arglosen Geschöpfe wurden jedes Jahr von Europäern getötet, die nach einem hohen Profit gierten. Nordkaper und Grönlandwale kamen besonders zahlreich um Spitzbergen herum vor, jenem Archipel hoch oben im Norden des Atlantiks, noch jenseits der entlegenen Stützpunkte von Jan Mayen Island und Bjornoya, wo Walfänger bei Stürmen vorübergehend Schutz suchten, sowie später in der Davisstraße zwischen Kanada und Grönland. Im 18. Jahrhundert hatten Basken ihr technologisches Monopol verloren, und französische, holländische, dänische und skandinavische Walfänger suchten die Meere ebenfalls nach den großen Säugern ab.
    Später kamen noch die Briten von der Muscovy Company hinzu, die (fälschlicherweise) glaubten, dass sie es waren, die Spitzbergen entdeckt hatten, und daher den Anspruch erhoben, als Einzige Wale in den dortigen Küstengewässern jagen zu dürfen. Eine Zeit lang liefen aus den Häfen englischer Städte wie Hull und Yarmouth Dutzende von Schiffen aus und fuhren in den Norden, wo es zu hässlichen Zwistigkeiten und Scharmützeln mit den Konkurrenten aus Holland und Dänemark kam, die sie zu verscheuchen versuchten. Diese Streitigkeiten veranlassten insbesondere die Holländer dazu, ihre Jagdmethoden zu verfeinern: Sie töteten ihre Beute jetzt von kleinen Pinassen oder Schaluppen mit Gaffelsegel aus, schleppten die Kadaver zurück zum Hauptschiff, wo sie zum Flensen quer über das Achterschiff gezogen wurden, und brachten dann erst den Walspeck zur Weiterverarbeitung an Land. Das heißt, dass die meisten Verarbeitungsschritte draußen auf See ausgeführt wurden, was sicherer war, wenn Konkurrenten einen umkreisten, die nur darauf lauerten, einen abzufangen, wenn man mit einem frisch getöteten Wal im Schlepp langsam in einen Hafen einlief.
    Als die Amerikaner Anfang des 18. Jahrhunderts in das Geschäft einstiegen, waren sie über diese neuen Entwicklungen informiert. Während bei den ersten Walfangunternehmungen, die im späten 17. Jahrhundert von Nantucket und New Bedford sowie kleineren Häfen an der Südküste von Long Island ausgegangen waren, ein großer Teil der schweren Arbeit noch an Land verrichtet worden war, benutzte man fünfzig Jahre später Schiffe, die groß und stabil genug waren und auch so autark, dass ihre Eigner sie und ihre Mannschaften auf viele tausend Meilen lange Reisen schicken konnten. Anstatt Kurs Richtung Norden zu nehmen und dort mit den Europäern aneinanderzugeraten, die bereits in bittere Auseinandersetzungen untereinander verwickelt waren, beschlossen die Amerikaner schon früh, in bislang jungfräuliche, noch von keinem Walfänger berührte Regionen des Atlantiks vorzustoßen. Sie würden den Dänen, Holländern und Engländern die Nordkaper – oder northern rights – und Grönlandwale überlassen, sich selbst aber auf die noch weitgehend unangetasteten Bestände von Finn-, Mink-, Sei-, Grau-, Buckel- sowie den gigantischen und großartigen Blauwalen und von southern rights konzentrieren und vor allem auch dem Sperm- oder Pottwal nachstellen, der für sein

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