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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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sei, unsere Wundärzte sind zu dem Schluß gekommen, daß man sie nicht trennen kann. Unter diesem Stück Haut, das sie zusammenbindet, haben sie lebenswichtige Blutgefäße gemeinsam. Aber – und das ist es, was den alten Yquingare ganz aus dem Häuschen geraten lassen wird – jedes der Mädchen hat sein eigenes Tipili, und beide sind überdies noch Jungfrau.«
    »Welch ein Jammer, daß sie nicht auch noch hübsch sind«, sann ich. »Aber Ihr habt recht, Hoher Gebieter. Allein, daß sie etwas völlig Ungewöhnliches sind, macht diesen Nachteil bei weitem wett.« Ich wandte mich an die Zwillinge: »Habt ihr Namen? Könnt ihr sprechen?«
    In der Coatlicamac-Sprache und nahezu gleichzeitig sagten sie: »Ich heiße Links«, und »Ich heiße Rechts.«
    Ahuítzotl sagte: »Wir hatten vorgehabt, sie der Öffentlichkeit als das Damenpaar vorzustellen. Benamt nach der Göttin Omeciuatl. Eine Art Scherz, verstehst du.«
    Ich sagte: »Falls ein ungewöhnliches Geschenk den Uandákuari uns gegenüber freundlicher stimmt, ist das Damenpaar genau richtig, und es wird mir ein Vergnügen sein, es ihm zu überbringen. Nur noch ein Rat, Hoher Gebieter – Ihr solltet sie ansprechender herrichten lassen. Laßt beiden die Haare und die Brauen rasieren. Das ist bei den Purémpecha so Sitte.«
    »Eine absonderliche Sitte«, sagte Ahuítzotl erstaunt. »Dabei ist das Haar das einzig wirklich Reizvolle an diesen beiden. Aber es soll geschehenen. Halte dich zur Abreise bereit, sobald ihre Kleidung fertig ist.«
    »Wie Ihr befehlt, Hoher Gebieter. Und ich möchte hoffen, daß die feierliche Übergabe des Damenpaars an jenem Hofe genügend Aufregung schafft, daß es mir dabei gelingt, eine der Metallwaffen an mich zu bringen …«
    »Du sollst nicht nur darauf hoffen«, sagte Ahuítzotl. »Sorge dafür.«
    »Ach, die armen Kinder!« rief Zyanya aus, als ich ihr das Damenpaar vorstellte. Mich überraschte, daß jemand Mitleid mit ihnen bekundete, denn alle anderen, die bislang mit Links und Rechts zu tun gehabt hatten, hatten sie entweder offenen Munds angegafft, oder, wie Ahuítzotl, sie als Ware betrachtet, die man an den Mann bringen konnte, nicht anders als das Fleisch eines seltenen Tieres etwa. Aber Zyanya bemutterte sie die ganze Reise nach Tzintzuntzani über und versicherte ihnen unablässig – als ob sie Verstand genug besessen hätten, daß es ihnen etwas ausgemacht haben würde –, sie gingen einem herrlich aufregenden neuen Leben der Freiheit und des Luxus entgegen. Nun, vermutlich würde es ihnen in der Tat in der vergleichsweise großen Freizügigkeit eines Landpalasts – selbst in ihrer Eigenschaft als auswechselbare Konkubinen – besser gehen denn als Gegenstand des Spotts und der Aufmerksamkeit aller in den engen Verschlagen eines städtischen Tierhauses.
    Zyanya begleitete mich, weil sie, nachdem ich ihr von dem neuesten und absonderlichsten Auftrag, welchen man mir übertragen, berichtet hatte, einfach darauf bestand mitzukommen. Zuerst hatte ich laut Nein gesagt, denn ich war mir durchaus darüber im klaren, in dem Augenblick, da man mich dabei erwischte, wie ich eine der unantastbaren Metallwaffen an mich bringen sollte, daß kein einziger meiner Begleiter am Leben bleiben würde. Aber Zyanya hielt mir überzeugend entgegen, daß der Argwohn unserer Gastgeber schon im voraus beschwichtigt werde und ich um so besser Gelegenheit haben würde, an eine solche Waffe heranzukommen und unbemerkt in meinen Besitz zu bringen.
    »Und was«, fragte sie mich, »wirkt unverdächtiger als ein Mann und eine Frau, die zusammen reisen? Ich würde Michihuácan wirklich gern einmal sehen, Záa.«
    Ihre Mann-und-Frau-Idee hatte manches für sich, überlegte ich, wenn auch vielleicht nicht gerade das, was sie damit meinte. Denn wenn die lüsternen und freizügigen Purémpecha einen Mann sahen, der mit seiner eigenen vertrauten und gewohnten Frau unterwegs war – und das in einem Land, wo er ohne weiteres jeden anderen Bettgenossen oder jede andere Art oder Anzahl von Bettgenossen haben konnte –, so würde das die Purémpecha gewißlich sprachlos machen. Damit würden sie mich in der Tat für jemand halten, der viel zu ohnmächtig, einfallslos und gleichgültig war, um sich als Dieb oder Spion oder sonst etwas Gefährliches zu betätigen. Infolgedessen sagte ich Ja zu Zyanya, und sie begann augenblicklich, für die Reise zu packen.
    Als die Zwillinge und ihre Kleider soweit waren, schickte Ahuítzotl mir eine Nachricht, und ich

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