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Der Bierzauberer

Der Bierzauberer

Titel: Der Bierzauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Thömmes
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kalt war, dass er das Bier länger lagern konnte. Zum anderen hatte er sich mit
dem komplizierten Kölner Rechts- und Steuersystem beschäftigt. War er in Bitburg
überrascht worden, hatten ihn hier Emma und Margarete vorgewarnt, was ihn in Köln
erwartete.
    Obwohl
Bier bei den Kölnern nicht ganz so hoch im Kurs stand wie Jahre später, als Einnahmequelle
war es schon seit fast 400 Jahren nicht mehr wegzudenken. Noch im Jahre 1225 war
in Köln aufgrund einer Hungersnot durch Erzbischof Engelbert I. ein Brauverbot erlassen
worden, um das Getreide für das höher geschätzte Brotbacken zu retten. Niklas hatte
es von Anfang an nicht verstanden, warum Bier besteuert wurde, und die Klöster um
ihre Steuerprivilegien beneidet. Anfangs mussten nur festgelegte Biermengen abgeliefert
werden und das Brauen im eigenen Haus und für den eigenen Bedarf war abgabenfrei.
Dann wurden die Ausschankberechtigungen eingeschränkt und besteuert. Und schließlich
wurde das Brauen selbst Opfer der staatlichen Beutelschneiderei, und zwar in barer
Münze. Die Obrigkeit fand immer neue, harmlos klingende Namen für diese Akzisen,
wie Bierpfennig, Bierheller oder Kriegsmörchen – denn mit der Biersteuer wurden
häufig Kriege finanziert.
    Bis hin
zum Ausschank war alles geregelt: Im Hausflur durfte Bier nur an die Gruppen der
gesellschaftlich Geächteten ausgeschenkt werden, dem Henker und seinen Knechten,
den Abdeckern und den Knechten der Richter. Die mussten ihr Bier aus zerbrochenen
Krügen trinken und ohne Deckel.
    Allerdings
hielten sich viele Leute nicht daran und wollten häufig gerne einmal ein schnelles
Bier im Stehen trinken. Zuerst weigerte sich Niklas, die Bestellungen auszuführen.
Nach einer Zeit bemerkte er aber, dass es die Kölner hierbei nicht so eng sahen.
Bei diesem bunt gemischten Publikum – es gab ehrbare Bürger und Abenteurer, Reisende,
Schiffer und Handelsleute, Gesunde und Kranke, Frauen und Spieler, laute und stille
Zecher – war es unmöglich, exakt zu unterscheiden. Und was alle praktizierten, machte
er schließlich mit.
    Niklas
machte sich mit allen Abgaben vertraut, die ihn betrafen, und zahlte pünktlich zum
Frühjahr alle fälligen Geldsummen des vergangenen Winters. Nachdem alle Brauer gleich
zahlen mussten, war es kein Nachteil im Wettbewerb, die verschiedenen Getreide-,
Bier- und Ausschanksteuern zu berappen. Dazu gehörte ebenfalls der Mahl- und Braupfennig,
der nach Albertus Magnus’ Urteil immer noch zu gleichen Teilen an den Kölner Rat
und den Erzbischof abzuführen war. Als Niklas diesen Namen hörte, erinnerte er sich
an Regensburg und dass Albertus ihm gesagt hatte, er lebe im Dominikanerkloster
Heiligkreuz in Köln. Niklas dachte an den gewaltigen Durst, den Albertus Magnus
in Regensburg unter Beweis gestellt hatte, packte im Herbst ein kleines Fass Bier
auf einen Leiterwagen und ging los Albertus einen Besuch abzustatten.
    Im Kloster
Heiligkreuz angekommen, musste er bestürzt vernehmen, dass Albertus zwei Jahre zuvor,
im gesegneten Alter von 80 Jahren, gestorben war. Um den Weg nicht ganz unnütz gemacht
zu haben, ließ Niklas das Fass im Kloster mit der Bitte, es im Gedenken an Albertus
zu öffnen und zu trinken. Dies sollte sich geschäftlich als kluger Schachzug erweisen,
denn die alten Herren, die dort ihren Lebensabend verbrachten, schätzten sein Bier
sehr und gehörten bald zur festen Stammkundschaft.
    Außerdem
erfuhr er noch, dass Albertus an der Komödienstraße, nicht weit von der Kirche St.
Andreas, einen Kräutergarten angepflanzt hatte, in dem es sogar Hopfen gab. Da der
Weg von Heiligkreuz zu weit war, um diesen Garten zu pflegen, erhielt Niklas die
Erlaubnis, sich um den Hopfen zu kümmern. Für die nächsten 20 Jahre studierte Niklas
die Hopfenpflanzen und suchte nach Verbesserungen, ganz im Sinne von Albertus. So
fand er heraus, dass nur die weiblichen Pflanzen wirklich Bittere ins Bier bringen.
Alles was er entdeckte, übermittelte er auch nach Holsthum. Dort wurden seine Erkenntnisse
in größerem Maßstab umgesetzt.

13
     
    Neben seiner Brauerarbeit
versuchte Niklas, so viel wie möglich zu lernen. Nachdem er im Kloster lesen und
schreiben gelernt hatte sowie das Latein auch recht anständig verstand, hätte ihm
dabei eigentlich nichts im Weg stehen sollen. Außerhalb der Klöster war der Zugang
zu guten Büchern aber immer schwer gewesen. Zum Glück für Niklas änderte sich das
langsam. Die zunehmende Flucht in die Städte, begleitet vom Sprichwort ›Stadtluft
macht

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