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Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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könnte.
    »Raus jetzt«, sagt er mit so eisigem Blick, dass es mich davon mehr fröstelt als von der kalten Luft aus seinem Kühlschrank.
    »Haut verdammt noch mal ab, ehe ich die Polizei rufe.«
    Ich schaue zu Ava hinüber, die das vergiftete Elixier im selben Moment ins Spülbecken kippt, als er seine Drohung ausspricht. Dann sehe ich Damen an, der sein Telefon gezückt hat und mit dem Zeigefinger erst die Neun drückt, dann eine Eins und dann ...
    Ich muss ihn aufhalten. Ich kann nicht zulassen, dass er diesen Anruf tätigt. Ich kann nicht riskieren, dass die Polizei sich einmischt. Und so blicke ich ihm starr in die Augen, obwohl er den Blickkontakt mit mir vermeidet. Ich konzentriere einfach all meine Energie auf ihn, lasse meine Gedanken nach ihm ausgreifen und versuche, ihn weich zu machen und zu beeinflussen. Ich überschütte ihn mit dem mitfühlendsten, liebevollsten weißen Licht, in Verbindung mit einem Strauß telepathischer roter Tulpen, während ich ununterbrochen flüstere: »Kein Grund zur Aufregung.« Langsam weiche ich zurück. »Du brauchst niemanden anzurufen, wir gehen ja schon.« Ich halte den Atem an, als er das Telefon anstarrt und nicht begreift, warum er die letzte Eins nicht drücken kann.
    Er hebt den Blick, und für einen ganz kurzen Moment, eigentlich nur ein Aufblitzen lang, ist der alte Damen wieder da. Er sieht mich an wie früher und schickt ein herrliches warmes Kribbeln über meine Haut. Und obwohl es sofort wieder aufhört, erfreue ich mich an allem, was ich kriegen kann.
    Er wirft sein Telefon auf den Tresen und schüttelt den Kopf. Da ich weiß, dass wir schleunigst verschwinden müssen, bevor mein Einfluss ein Ende hat, schnappe ich mir meine Tasche und laufe zur Tür. Als ich mich umdrehe, sehe ich, wie er Kühlschrank und Schränke von sämtlichen Saftflaschen leert. Er macht die Deckel ab und kippt den Inhalt ins Spülbecken, überzeugt davon, dass er sie nicht mehr gefahrlos konsumieren kann, jetzt, da ich an ihnen herumgepfuscht habe.
     

FÜNFUNDDREISSIG
    »Und was passiert jetzt, da er das Getränk nicht mehr hat? Geht es mit ihm dann bergauf oder bergab?« Das ist die Frage, die mir Ava gestellt hat, sowie wir in mein Auto gestiegen sind. Und, offen gestanden, hatte ich keine Ahnung, wie ich sie beantworten soll. Ich weiß es immer noch nicht. Also habe ich bloß geschwiegen und die Achseln gezuckt.
    »Es tut mir ja so leid«, sagte sie und rang im Schoß die Hände, während sie mich auf eine Weise ansah, die bewies, dass sie es ehrlich meinte. »Ich fühle mich verantwortlich.«
    Doch ich schüttelte nur den Kopf. Denn obwohl es gewissermaßen ihre Schuld war, weil sie unbedingt diese zeitraubende Hausbesichtigung vornehmen musste, war schließlich ich diejenige, die die brillante Idee hatte, bei Damen einzubrechen. Und ich war auch diejenige, die so vertieft in ihr Vorhaben war, dass sie vergessen hat, die Tür im Auge zu behalten. Wenn also irgendjemand Schuld hat, dann ich.
    Doch noch viel schlimmer, als ertappt worden zu sein, ist das Wissen, dass ich in Damens Augen nun nicht mehr nur eine durchgeknallte, gestörte Stalker-Tussi bin, sondern eine jämmerliche, geisteskranke Loserin. Nun ist er restlos überzeugt davon, dass ich sein rotes Gebräu mit irgendeiner verrückten, schwarzmagischen Voodoo-Mixtur versetzen wollte in der Hoffnung, dass er mich dann wieder mag.
    Denn genau das hat ihm Stacia eingeredet, als er ihr die Story erzählt hat.
    Und genau das hat er dann auch geglaubt.
    Ja, und genau das glaubt mittlerweile die ganze Schule -ein paar meiner Lehrer eingeschlossen.
    Was den Schulbesuch zu einem noch grässlicheren Erlebnis macht als bisher schon. Denn jetzt muss ich nicht nur endlose Sprechchöre von Freak! und Hexe! ertragen, sondern statt nur von einem einzigen wurde ich mittlerweile von zwei Lehrern gebeten, nach dem Unterricht noch dazubleiben.
    Allerdings kann ich nicht behaupten, dass Mr. Robins' Aufforderung mich besonders überrascht hätte. Ich meine, da wir uns ohnehin schon so nett über meine angebliche Unfähigkeit, loszulassen und mir ein Leben ohne Damen aufzubauen, unterhalten haben, war ich gar nicht mehr besonders schockiert, als er mich nach dem Unterricht dabehalten hat, um mit mir über den Vorfall zu sprechen.
    Was mich allerdings erstaunt hat, war meine Reaktion. Wie rasch ich zu einer Taktik Zuflucht nahm, die ich mir nie zugetraut hätte - ich machte auf Anwalt.
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte ich und unterbrach ihn,

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