Der Botschafter
Interessen zu unterstützen. Aber jetzt hat die Gesellschaft beschlossen, die Brigade bei der Durchführung eines bestimmten Vorhabens zu unterstützen - der Ermordung Botschafter Cannons -, und Sie dürfen nichts tun, was den Erfolg des Unternehmens gefährden könnte.«
»Ich verstehe, Direktor.«
»Tatsächlich können Sie dazu beitragen, den Erfolg dieses Unternehmens zu fördern.«
»Wodurch?«
»Ich habe vor, Oktober den Auftrag zu erteilen«, sagte der Direktor. »Aber Michael Osbourne hat sich offenbar in den Kopf gesetzt, Oktober aufzuspüren und zu liquidieren.«
»Dazu hat er allen Grund.«
»Wegen der alten Sache mit Sarah Randolph?«
»Ja.«
Der Direktor machte ein enttäuschtes Gesicht. »Osbourne scheint doch ein hochbegabter Mann zu sein«, sagte er. »Daß er so darauf fixiert ist, die Vergangenheit zu rächen, verstehe ich nicht. Wann begreift dieser Bursche endlich, daß das keine persönliche, sondern eine rein geschäftliche Sache gewesen ist?«
»Nicht in absehbarer Zeit, furchte ich.«
»Wie ich höre, ist Osbourne bei Ihnen für die Fahndung nach Oktober zuständig.«
»Das stimmt, Direktor.«
»Vielleicht wäre es für alle Beteiligten am besten, wenn er eine andere Aufgabe erhielte. Ein Mann mit seinen Talenten kann sicher anderswo besser eingesetzt werden.«
»Ich bin ganz Ihrer Meinung.«
Der Direktor räusperte sich diskret. »Oder vielleicht wäre es am besten, wenn Osbourne ganz ausgeschaltet würde. Nach dem Abschuß der Trans-Atlantic-Maschine ist er sehr dicht an uns herangekommen. Gefährlich dicht, wenn Sie mich fragen.«
»Ich hätte keine Einwände, Direktor.«
»Also gut«, sagte er. »Dann veranlasse ich das Nötige.«
Daphne wollte Sonne, deshalb erklärte der Direktor sich widerstrebend bereit, den Rest des Tages auf Mykonos zu verbringen, bevor sie nach London zurückflogen. Sie lag auf der Terrasse, wie Gott sie geschaffen hatte, und genoß die Sonne.
Der Direktor konnte sich nie an ihr satt sehen. Da er die Fähigkeit, eine Frau zu lieben, längst eingebüßt hatte - er vermutete, daß sein Leben als Geheimdienstchef, das jahrelange Lügen und Betrügen, ihn impotent gemacht hatte -, bewunderte er Daphne, wie man ein schönes Gemälde oder eine Skulptur bewundert. Sie war sein kostbarster Besitz.
Trotz seiner äußerlichen Gelassenheit war der Direktor ein ruheloser Mensch, und am frühen Nachmittag hatte er mehr als genug von Sonne und Seeluft. Außerdem hatte er schon immer nichts lieber getan, als Unternehmen zu planen und zu leiten, und wollte sich wieder an die Arbeit machen. Bei Sonnenuntergang fuhren sie zum Flughafen. Nachdem die Maschine des Direktors gestartet war, legten mehrere Detonationen die weiße Villa auf den Klippen von Kap Mavros in Trümmer und ließen sie in Flammen aufgehen.
Der Immobilienmakler Stavros traf als erster am Brandort ein.
Er alarmierte die Feuerwehr über sein Mobiltelefon und beobachtete dann, wie die Flammen die Villa einhüllten.
Monsieur Delaroche hatte ihm eine Nummer in Paris gegeben.
Stavros wählte sie und bereitete sich darauf vor, seinem Kunden die schlimme Nachricht schonend beizubringen - daß sein geliebtes Heim hoch über der Panormos-Bucht ein Raub der Flammen geworden war.
Gleich nach dem ersten Klingeln war eine Tonbandansage zu hören. Obwohl Stavros nicht viel Französisch konnte, bekam er mit, daß die Tonbandstimme »Kein Anschluß unter dieser Nummer!« sagte. Er drückte auf die rote Taste und beendete das Gespräch.
Er beobachtete die vergeblichen Bemühungen der Feuerwehr, den Brand zu löschen. Dann fuhr er nach Ano Mera zurück und ging in die Taverne. Dort saßen die üblichen Stammgäste bei Wein, Oliven und Brot. Stavros berichtete von dem Brand auf Kap Mavros.
»Irgendwie hat dieser Delaroche schon immer was Komisches an sich gehabt«, sagte Stavros, als er mit seiner Geschichte fertig war. Er grinste schief, während er in seinen trüben Ouzo starrte. »Das hab' ich von Anfang an gespürt.«
32
PARIS
In Paris lebte Rebecca Wells in Montparnasse in einem tristen Wohnblock in der Nähe des Bahnhofs. Seit ihrer Flucht aus England hatte sie die meiste Zeit in dieser gräßlichen Wohnung zugebracht und sich französische Fernsehprogramme angesehen, die sie nur bruchstückhaft verstand. Manchmal hörte sie im Radio englische Nachrichten. Die Brigade war zerschlagen worden, und das war allein ihre Schuld.
Sie mußte aus diesem Loch raus. Sie stand auf und trat ans Fenster.
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