Der Dämonen-Parasit
verlassen, wäre genau falsch gewesen. Ich hatte mein Kreuz, und das besiegte die Schatten, wie ich bereits erlebt hatte. Wenn es mir gelang, einen oder auch zwei von ihnen zu zerstören, verringerte sich immerhin die Chance, ihren grausamen Plan in die Tat umzusetzen.
Noch auf der Türschwelle stehend, holte ich mein Kreuz hervor und behielt es in der rechten Hand.
Den Schatten hatte ich bisher kein zweitesmal gesehen, war mir jedoch sicher, mich auch beim erstenmal nicht getäuscht zu haben. Er war da, und er würde wiederkommen.
Ich schritt nicht in direkter Linie auf das Fenster zu, sondern schlug einen kleinen Bogen. Von der Seite her wollte ich mich der Scheibe nähern und auch das Fenster öffnen, um mich den gefährlichen Schatten zu stellen.
Als ich in die Nähe des Fensters geriet, hielt ich mich dicht an der Wand. Zum Glück standen hier keine Möbel, um die ich herumgehen mußte. So kam ich bis dicht an die Scheibe heran, ohne - und das hoffte ich - von den Schatten gesehen zu werden.
Neben dem Fenster blieb ich stehen. Das Kreuz schimmerte matt. Meine Wohnung lag im dunklen. Nur schwach waren die Konturen der Möbelstücke zu erkennen.
Durch den offenen Mund atmete ich. Ich stand wirklieh unter einer inneren Spannung und lauerte darauf, daß die Schatten angreifen würden. Vielleicht zerstörten sie die Scheibe, um ins Innere der Wohnung zu gelangen. Daß sie etwas von mir wollten, lag auf der Hand, denn sonst wären sie nicht gekommen. Um das Fenster zu retten, konnte ich es öffnen und den Schatten somit den Weg erleichtern. In der rechten Hand hielt ich mein Kreuz. Den linken Arm streckte ich aus. Ich mußte meinen Körper vorbewegen, um den Fenstergriff zu erreichen, und meine Fingerspitzen fuhren über das kühle Metall. Ich faßte fester zu, drehte den Griff herum und öffnete die eine Hälfte. Sie schwang nicht völlig auf, ein kühler Luftstrom fächerte in den Raum. Der Schatten blieb draußen.
Ich wartete.
Sekunden vergingen. Eine Minute. Den Schatten sah ich nicht. Hatte ich mich doch getäuscht? Ich konzentrierte mich auf einen Punkt vor dem Fenster, und meine Augen begannen bereits leicht zu tränen, so daß ich mich zwangsläufig entspannen mußte.
Da kam er.
Er war wirklich so schnell, daß ich ihn kaum sehen konnte. Eben ein Schatten.
Etwas Großes, Dunkles wischte in den Wohnraum, stieg zur Decke empor und drehte sich.
Ich machte die Bewegung ebenfalls mit und befand mich in einem Rechtsdrall, um ihn nicht aus den Augen zu lassen. Zwangsläufig konnte ich das Fenster nicht weiter im Auge behalten. Ein zweiter Schatten nutzte die Chance und huschte hinein.
Der erste Schatten griff mich an!
Er war schnell, zu schnell, ich kam nicht so rasch weg und mußte den Angriff nehmen.
Hastig riß ich mein Kreuz hoch!
Es war eine letzte, verzweifelte Bewegung, um den unheimlichen Gegner zu stoppen, doch er war schlau, und er veränderte innerhalb eines Sekundenbruchteils seine Gestalt.
Der Schatten wurde schmal!
Wie ein Pfeil war er, raste an meiner rechten Hand vorbei und passierte somit auch das Kreuz. Er traf mich.
Wieder spürte ich die Kälte, die meinen Körper in den tödlichen Griff nehmen wollte. Hätte ich jetzt mein Kreuz nicht besessen, wäre ich verloren gewesen. So brachte ich meinen rechten Arm herum und stieß ihn in die Richtung vor, wo der Schatten war.
Gewesen war, mußte ich sagen, denn er hatte gedankenschnell seinen Standort verändert. Er befand sich bereits in der Nähe des Fensters und schickte seinen zweiten Artgenossen vor.
Ihm war es gelungen, in meinen Rücken zu gelangen. Gesehen hatte ich ihn nicht, auch nicht gehört, aber die Weltraumkälte, die mich zu vereisen drohte, machte mir klar, in welch einer Gefahr ich mich befand. Ich ließ mich fallen, landete auf dem weichen Teppich und drehte mich herum. Gleichzeitig brachte ich meine Hand mit dem Kreuz in die Nähe des Schattens und erreichte, daß er mich losließ.
Bei den zwei Angriffen hatte ich mein Kreuz nie so einsetzen können wie beim erstenmal, als ich das Boot über den See gelenkt hatte. Mir hatte die notwendige Zeit gefehlt.
Ich sprang auf.
Beide Schatten befanden sich in der dunkelsten Ecke des Zimmers. Sie lag dem Fenster schräg gegenüber. Dort verschmolzen sie mit der Finsternis, und durch die offene Scheibe drang nach wie vor schwallweise die kalte Luft.
Ich warf einen schnellen Blick auf das Fenster, ein dritter oder vierter Schatten hatte den Weg nicht in meine Wohnung
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