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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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Arbeit und schuf mit seiner Kraft drei Nischen, etwa anderthalb mal einen Meter breit, die so exakt über die Gesamtlänge der Wand verteilt waren, wie Michael es beabsichtigt hatte.
    Michael tauchte auf und stieg aus dem Wasser. Langsam und vorsichtig arbeitete er sich um die Zisterne herum und überzeugte sich davon, dass der Gehweg keinen Schaden genommen hatte. Als er die Wand erreichte, inspizierte er das erste Loch und fand genau das, was er befürchtet hatte: Hinter der ersten Wand befand sich eine zweite. Michael ging zum nächsten Loch, trat das Gestein und das Geröll mit den Füßen ins Wasser und fand das Gleiche vor. Erst im dritten Bereich entdeckte er, wonach er suchte: Durch das ein Meter große Loch blickte er nicht auf eine weitere Steinwand, sondern in eine dunkle Öffnung. Michael zog seine Taschenlampe vom Gürtel, leuchtete in die Vertiefung hinein und lächelte.
***
    Das Fest der Europäischen Union lief auf Hochtouren. Nacheinander trafen Würdenträger und berühmte Persönlichkeiten ein, stiegen aus ihren Limousinen und schritten über den mit einem königsblauem Teppich belegten Bürgersteig durch das Großherrliche Tor des Topkapi-Palasts zur Party. Die Übertragungswagen internationaler Fernsehstationen standen auf der anderen Straßenseite. Reporter berichteten über die Feierlichkeiten. Die Blitzlichter der Paparazzi tauchten die Gesichter und die Umgebung in ein Gewitter aus blassblauem Licht. Betont auffällig flankierten Wachmänner das Tor, gleich zehn auf einmal, hielten ihre Gewehre fest vor der Brust und verkündeten damit die Botschaft, dass die Türkei die Europäische Union mit der gleichen Inbrunst schützen würde, mit der sie sich selbst schützte. Nach Jahren des Widerstands und zähen Verhandlungen waren das Land, das auf zwei Kontinenten lag, und das Volk, das seit langer Zeit sämtliche Glaubensrichtungen nebeneinander existieren ließ, endlich in die EU aufgenommen worden.
    Busch saß hinter dem Steuer seiner geparkten Limousine. Er konnte das Großherrliche Tor des Topkapi-Palasts sehen, das etwa vierhundert Meter entfernt war und an dem Jubel und Trubel herrschten, während die Hagia Sophia auf der anderen Straßenseite ruhig und still im Dunkeln lag.
    Der gelbe Fiat stand etwa sechzig Meter vor ihm inmitten anderer Taxis am Straßenrand. Iblis saß hinter dem Steuer. Seine Aufmerksamkeit war auf die Hagia Sophia gerichtet. Ohne jeden Zweifel drückte er seinem Protegé die Daumen, damit sie Erfolg hatte.
    Busch saß erst zwanzig Minuten im Wagen, wurde aber jetzt schon unruhig. Als er noch Polizist gewesen war, hatte er nichts so sehr gehasst wie Observierungen. Stundenlange gähnende Langeweile und monotone Warterei darauf, dass etwas passierte. In diesem Fall jedoch observierte Busch, um sicherzustellen, dass nichts passierte.
    Aber dann passierte es doch.
    Iblis stieg aus dem kleinen Wagen. Als Busch begriff, was vor sich ging, brach ihm der Schweiß aus. Iblis ging nicht in Richtung Hagia Sophia, sondern bewegte sich mit flotten Schritten nach links auf das Großherrliche Tor zu. Er trug einen schwarzen Smoking und hatte einen hellbraunen Aktenkoffer dabei. Offenbar war es von Anfang an Iblis’ Plan gewesen, in den Topkapi-Palast einzudringen und sich die Karte zu holen.
    Busch überprüfte seine Waffe und steckte sie ins Holster. Dann stellte er den Motor ab, schnappte sich sein Funkgerät und stieg lässig aus der Limousine. Er überquerte die Straße und ging auf dem Bürgersteig in Richtung des Topkapi-Palasts. Da er schnellen Schrittes lief, schmolz Iblis’ Vorsprung rasch; inzwischen war er nur noch etwa dreißig Meter vor Busch, und die Entfernung wurde immer geringer. Iblis erreichte das Tor und lief bereits über den blauen Teppich, als einer der Wachmänner aus der Formation ausscherte und ihn aufhielt.
    Zu Buschs Erstaunen drehte Iblis sich plötzlich um und blickte ihm geradewegs in die Augen. Der kleine Mann lächelte und nickte; dann drehte er sich wieder weg, zog eine Einladung aus der Tasche und zeigte sie dem Wachmann, der im nächsten Moment auch schon zur Seite trat.
    Iblis verschwand hinter den Mauern des Topkapi-Palasts.
***
    Michael kroch durch die knapp einen Meter breite Öffnung und leuchtete mit der Taschenlampe in den dunklen Raum, der ungefähr sechs mal sechs Meter groß war. Es gab drei Reihen mit Kniebänken, die vor einem Kruzifix standen, das über einem kleinen Altar hing. Außerdem gab es noch einen offenen Bereich, auf dem

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