Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
Vom Netzwerk:
ihn zum Safe in den Rucksack. »Warum bist du nicht oben, wie ich es dir gesagt hatte?«, fragte er Julitta.
    »Ich bin mit ihrer Wohnung durch. Richtung Schmuck ist da nichts zu holen, nur Klamotten, und davon soll ich die Finger lassen, hast du gesagt. Ach, und außerdem hunderte Videos, so Krimischeiß aus dem Fernsehen.«
    »Kein Bargeld?«
    Ihr »O nein, An« kam so prompt, dass er sie mit durchdringendem Blick ansah und barsch rief: »Na los, gib her.«
    Widerwillig wanderten vier Zwanzig-Pfund-Noten und zwei Zehner in seine Hände. Wenn sie es nicht abgegeben hätte, hätte er sie eigenhändig durchsucht, und das wäre sehr schmerzhaft geworden. »Diebin«, sagte er. »Wenn es so weit ist, bekommst du deinen Anteil, das weißt du.« Und dann: »Ist das alles?«
    »Ich schwöre es, An.«
    Das sollte nicht viel heißen, aber was soll’s, wenn sie unbedingt einen Fünfer und ein paar Münzen behalten wollte. Einige Leute waren unverbesserliche Gauner und hielten sich nicht einmal an den Ehrenkodex unter Dieben. »Zeit zum Abmarsch«, sagte Anwar, als Keefer in der Hintertür auftauchte. »Geht, wie ihr gekommen seid, einer nach dem anderen. Und nehmt ja nichts mit, verstanden?«
    Sie taten es nicht. Er sah ihnen nach und sorgte dafür, dass zwischen Julittas und Keefers Abgang volle zehn Minuten lagen. Dann steckte er den Rucksack, in dem inzwischen auch Ludmillas Trauringe lagen, in den Eimer mit der Zementschicht, verstaute die Geldscheine in seiner Overalltasche, drückte auf der Tastatur der Alarmanlage Zwei-Sechs-Vier-Sieben und trollte sich durch die Gartentür. Als er sie zuzog, fing die Alarmanlage schrill zu jaulen an. Anwar sperrte ab. Anstatt den Ersatzschlüssel mitzunehmen, schob er ihn vorsichtig unter der Tür durch. Er hatte keine Ahnung, was sie mit dem Originalschlüssel gemacht hatte, vermutlich hatte sie ihn mitgenommen. Dass er seinen zurückließ, war nicht nur eine kunstvolle Geste, sondern auch freundlich gemeint. Jede Hausbesitzerin konnte einen Ersatzschlüssel brauchen, besonders wenn sie ihn nicht bezahlen musste.
    Er horchte, bis der Alarm aufhörte, dann nahm er denselben Weg wie zuvor, über die Mauer. Wenn er sich beeilte, würde er noch rechtzeitig zur Hochzeit seines Cousins nach Neasden kommen.

18
    Als Inez zurückkam, parkte draußen vor dem Laden ein Van. Wieder einer dieser weißen, die offensichtlich bei einem gewissen Typ junger Männer so beliebt waren. Der hier war allerdings garantiert neu in der Nachbarschaft. Es war schon ein paar Tage her, seit sie den schmutzigen Van mit den Fingerabdrücken, den Schmierereien und dem kurzfristig amüsanten Zettel im Rückfenster gesehen hatte.
    Sie steckte ihren Schlüssel in das Schloss zur Straßentür und sperrte auf. Der aufjaulende Alarm verriet ihr, dass sie von allen Hausbewohnern als erste wieder zurückkam, denn alle anderen hätten wohl kaum die Alarmanlage reaktiviert. Mit einem flüchtigen Blick in den Laden vergewisserte sie sich, dass nichts fehlte, dann ging sie nach oben in ihre eigene Wohnung. Eigentlich hatte sie geplant, sich mit einem Glas Wein und einem Forsyth-Film vor dem Fernseher niederzulassen, was sie nach einem Tag bei ihrer Schwester und ihrem Schwager dringend brauchte, denn beide benahmen sich in ihrer übertrieben taktvollen Art, als sei sie nie verheiratet gewesen. Mitten im Zimmer blieb sie stehen und starrte den unordentlichen Haufen Videobänder auf ihrem Couchtisch an. So hätte sie diese nie liegen gelassen, sie war ein ordentlicher systematischer Mensch. Wenigstens waren noch alle da und wirkten ansonsten unberührt …
    War Freddy eventuell schon nach Hause gekommen und hier drinnen gewesen? Dass im Schreibtisch ein Schlüssel zu ihrer Wohnung lag, wusste er. Aber warum sollte er das tun? Und warum sollte er ihre Videos anfassen? Außerdem war Freddy ein ehrlicher Mann, davon war sie überzeugt. Albern und vertrauensselig, aber ehrlich. Statt das Video einzuschalten, schenkte sie sich ihr Getränk ein, nahm es wieder mit ins Wohnzimmer und schaute sich um. Sonst wirkte alles unberührt. Mit Ausnahme ihrer Ehe- und Verlobungsringe, die sie am Finger trug, lagen im Schlafzimmer sämtliche wertlosen Schmuckstücke an Ort und Stelle. In der Küche befand sich in einer Dose immer Geld für Einkäufe, die Reinigung und Ähnliches. Kaum hob sie diese hoch, wusste sie allein auf Grund des Gewichts, dass die Dose leer war. Sogar das Kleingeld war weg, und natürlich auch die annähernd hundert

Weitere Kostenlose Bücher