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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gewaltigem Tosen – scheinbar direkt unter ihnen –, und Gangli Tristum wurde hoch in die Luft geschleudert, wobei die Stahlrollen seiner Rollschuhe sich wie wild drehten. Auch die anderen verloren den Boden unter den Füßen, und die rauchgeschwängerte Luft war plötzlich voller fliegender Papiere. Während Dr. Gangli sie mit dem Wissen anstarrte, dass sie verbrennen würden und er von Glück würde sagen können, wenn er nicht mit ihnen verbrannte, drängte sich ihm eine klare Erkenntnis auf: Das Ende war vorzeitig gekommen.
     
     

15
     
    Roland hörte, wie der telepathische Befehl
    ( MIT ERHOBENEN HÄNDEN NACH SÜD, NICHTS WIRD EUCH DANN GESCHEH’N)
    in seinem Kopf rhythmisch wiederholt wurde, und nickte Jake zu. Sofort flogen die Orizas. Im allgemeinen Getöse ging ihr unheimliches Heulen fast unter, aber einer der Posten musste trotzdem etwas kommen gehört haben, jedenfalls drehte er sich noch zur Geräuschquelle um, als die messerscharfe Tellerkante ihm auch schon den Kopf abtrennte, der daraufhin mit überrascht klimpernden Wimpern rückwärts vom Wachtturm purzelte. Der enthauptete Leib machte noch zwei Schritte, dann sackte er mit über dem Geländer hängenden Armen zusammen, während das Blut nur so in einem hellroten Strom aus dem Halsstumpf schoss. Auch der andere Posten war zwischenzeitlich längst zu Boden gegangen.
    Eddie wälzte sich mühelos unter dem Güterwaggon mit der Aufschrift SOO LINE hindurch und war anschließend auf der Lagerseite mit einem Satz auf den Beinen. Inzwischen waren zwei weitere Roboter-Löschfahrzeuge aus der Feuerwache gebraust, die bisher mit der Fassade des Eisenwarengeschäfts getarnt gewesen war. Sie fuhren nicht auf Rädern, sondern schienen auf Luftkissen zu gleiten. Irgendwo im Nordteil des Campus (Eddies Verstand beharrte nämlich darauf, das Devar-Toi so zu nennen) explodierte etwas. Gut. Ausgezeichnet.
    Roland und Jake entnahmen dem zusehends schwindenden Vorrat neue Teller und benutzten sie dazu, sich einen Weg durch die drei Zäune zu bahnen. Der unter Hochspannung stehende Teil zerriss mit hässlich knisterndem Knall und einem kurzen bläulichen Lichtblitz. Dann waren sie drin. Sie bewegten sich rasch und wortlos und rannten – Oy wie immer dicht hinter Jake – an den jetzt unbesetzten Wachttürmen vorbei. Zwischen Henry Grahams Drugstore & Erfrischungshalle und der Buchhandlung Pleasantville verlief eine Gasse.
    Am Ende dieser Gasse sahen sie auf die Hauptstraße hinaus und stellten fest, dass sie gegenwärtig verlassen dalag, obwohl von den beiden letzten Löschfahrzeugen ein bitterer elektrischer Geruch (ein U-Bahn-Geruch, wie Eddie fand) in der Luft hing, der den allgemeinen Gestank noch verschlimmerte. In der Ferne heulten Feuerwehrsirenen, schrillten Rauchmelder. Hier in Pleasantville fühlte Eddie sich unwillkürlich an die Paradestraße von Disneyland erinnert: keine Abfälle in den Rinnsteinen, keine unanständigen Graffiti an den Mauern, nicht einmal Staub auf den Kristallglasscheiben. Hierher kamen heimwehkranke Brecher, wenn sie einen Hauch von Amerika brauchten, vermutete er. Aber wollte denn keiner etwas Besseres, etwas Realistischeres als dieses plastisch-phantastische Stillleben? Vielleicht wirkte ja alles einladender, wenn sich Leute auf den Gehsteigen und in den Geschäften aufhielten, aber das war schwer zu glauben. Zumindest für ihn schwer zu glauben. Möglicherweise lag es auch nur am Chauvinismus eines Jungen aus der Großstadt.
    Gegenüber sahen sie ein Schuhgeschäft, »Gay Paree«-Moden, Hair Today und das Kino The Gem Theater ( KOMMT REIN, DRINNEN IST’S KOOL stand auf dem Werbebanner unter dem Vordach). Roland hob eine Hand und machte Eddie und Jake ein Zeichen, mit ihm die Straße zu überqueren. Sollte alles so klappen, wie er sich das erhoffte (was es aber fast nie tat), würden sie dort ihren Hinterhalt einrichten. Sie rannten geduckt hinüber, Oy weiter dicht auf Jakes Fersen. Bisher schien alles wie am Schnürchen zu klappen, und das machte den Revolvermann wirklich nervös.
     
     

16
     
    Jeder kampferprobte General wird bestätigen, dass selbst in kleinen Gefechten (wie das hiesige eines war) unweigerlich der Augenblick kommt, in dem der Zusammenhalt sich lockert und der Erzählfluss und jegliches reales Gefühl dafür, wie die Dinge stehen, verloren gehen. Derartige Dinge müssen dann im Nachhinein von Historikern rekonstruiert werden. Das Bedürfnis, den Mythos des Zusammenhalts neu zu erschaffen, ist

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