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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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kriechend, halb hüpfend auf ihn zuzubewegen. Er ist nicht schwer verletzt, sagte sie sich, nicht schwer, lieber Gott, lass meinen Mann nicht schwer verletzt sein …
    Dann sah sie unter seiner pressenden Hand Blut hervorquellen, das aufs Pflaster klatschte, und da wusste sie, dass er schwer verwundet war.
    »Suze?«, sagte er. Seine Stimme war völlig klar. »Suzie, wo bist du? Ich kann nichts mehr sehen.«
    Er machte einen Schritt, einen zweiten, einen dritten … und dann knallte er der Länge nach auf die Straße, genau so wie Gran-Pere Jaffords es gewusst hatte, dass er es eines Tages tun würde, aye, von dem Augenblick an, als er ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Der Junge war nämlich ein Revolvermann, sprecht wahrhaftig, und es war das einzige Ende, das so einer erwarten konnte.

Kapitel XII

D AS T ET ZERBRICHT
1
     
    Am Abend hockte Jake traurig vor der Kleeblatt-Taverne am östlichen Ende der Hauptstraße von Pleasantville. Die Leichen der Wachen waren von einem Wartungsteam aus Robotern abtransportiert worden, was immerhin ein gewisser Trost war. Oy hatte eine Stunde oder sogar noch länger auf dem Schoß des Jungen gesessen. Normalerweise wäre er nie so lange so nahe bei ihm geblieben, aber er schien zu verstehen, dass Jake ihn heute brauchte. Es war nicht das erste Mal, dass Jake sich über dem Fell des Bumblers ausweinte.
    Jake hatte sich dabei ertappt, dass er den größten Teil dieses endlosen Tages damit verbrachte, mit zwei unterschiedlichen Stimmen zu denken. Das war ihm auch schon früher passiert, aber seit Jahren nicht mehr; nicht mehr seit jener Zeit, als er als ganz kleiner Junge vermutlich irgendeinen unheimlichen, von seinen Eltern unbemerkten Zusammenbruch erlitten hatte.
    Eddie stirbt, sagte die erste Stimme (die eine, die ihm immer versichert hatte, in seinem Kleiderschrank hausten Monster, die bald hervorbrechen würden, um ihn lebendig aufzufressen). Er liegt in einem Zimmer von Corbett Hall, und Susannah ist bei ihm. Er plappert zwar in einem fort, aber er wird sterben.
    Nein, widersprach die zweite Stimme (die eine, die ihm immer – wenig überzeugend – versichert hatte, Monster gebe es nicht). Nein, das kann alles nicht sein. Eddie ist … Eddie! Und außerdem gehört er zu unserem Ka-Tet. Er könnte sterben, wenn wir den Dunklen Turm erreichen, wir könnten alle sterben, wenn wir ihn erreichen, aber nicht jetzt, nicht hier, das wäre verrückt.
    Eddie liegt im Sterben, erwiderte die erste Stimme. Sie war unerbittlich. Er hat ein Loch im Kopf, in das du beinahe deine Faust stecken könntest. Er wird sterben.
    Darauf konnte die zweite Stimme nur immer mit weiterem Leugnen antworten, das aber von Mal zu Mal schwächer wurde.
    Nicht einmal das Wissen, dass sie wahrscheinlich den Balken gerettet hatten (Sheemie schien das jedenfalls zu glauben; er war kreuz und quer durchs unheimlich stille Devar-Toi gelaufen und hatte die frohe Botschaft – BALKEN SAGT, DASS ALLES NOCH GUT WERDEN KANN! BALKEN SAGT SEINEN DANK! – lauthals verkündet), konnte Jake trösten. Eddie zu verlieren war ein selbst für diesen glücklichen Ausgang zu hoher Preis. Und das Zerbrechen des Tet war ein noch weit höherer Preis. Jake wurde bei jedem Gedanken daran speiübel, und er schickte undeutliche Gebete zu Gott, zu Gan, zum Jesusmenschen hinauf und flehte sie an, einzeln oder gemeinsam ein Wunder zu tun und Eddie das Leben zu retten.
    Er betete sogar zu dem Schriftsteller.
    Rette das Leben meines Freundes, dann retten wir deines, betete er zu Stephen King, zu einem Mann, den er noch nie gesehen hatte. Rette Eddie, dann lassen wir nicht zu, dass dieses Auto dich überfährt. Das verspreche ich hoch und heilig.
    Dann musste er wieder daran denken, wie Susannah Eddies Namen geschrien hatte, wie sie versucht hatte, ihn umzudrehen, und wie Roland sie in die Arme genommen und gesagt hatte: Das darfst du nicht, Susannah, du darfst ihn nicht bewegen, und wie sie sich gegen ihn gewehrt hatte – mit Wahnsinn im Blick, mit ständig wechselndem Ausdruck auf dem Gesicht, als unterschiedliche Persönlichkeiten es für kurze Zeit okkupierten, um schließlich wieder zu flüchten. Ich muss ihm helfen!, schluchzte sie mit der Susannah-Stimme, die Jake kannte, um im nächsten Augenblick mit einer anderen, raueren Stimme zu kreischen: Lass mich los, Motherfucker! Lass mich mein Voodoo an ihm praktiziern, mein Hokuspokus machn, dann steht er auf und geht wieder, wirst schon sehn! Echt! Und Roland hatte sie die ganze Zeit in

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