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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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trinke, und danach gab’s kein Halten mehr. Aber das kommt nicht wieder vor. Ich geb dir mein Wort darauf.«
    Tim legte sich wieder hin und hoffte, dass das stimmte.
    Er sah zur Zimmerdecke auf, die er nicht sehen konnte, horchte auf eine Eule und wartete auf Schlaf oder den Tagesanbruch. Wenn der falsche Mann mit einer Frau in die Hochzeitsschleife stieg, war sie kein Ring, sondern eine Schlinge, vermutete er. Er konnte nur hoffen, dass das hier nicht der Fall war. Er wusste bereits, dass er den neuen Ehemann seiner Mutter niemals mögen oder gar lieben können würde, aber vielleicht konnte seine Ma beides. Frauen waren anders, hatten vielleicht ein größeres Herz.
    Tim war immer noch mit diesen ernsten Gedanken beschäftigt, als der Morgenhimmel sich rosig färbte und er endlich einschlief. Diesmal hatte seine Mutter an beiden Armen blaue Flecken. Der Bettpfosten in dem Zimmer, das sie sich jetzt mit Big Kells teilte, schien sehr lebhaft geworden zu sein.

Volle Erde wich Weiter Erde,  
    wie es nun einmal unvermeidlich war. Tim und Strohkopf Willem stapelten in der Sägemühle Bretter, aber nur an drei Tagen in der Woche. Der Vorarbeiter, ein ehrbarer Sai namens Rupert Venn, sagte ihnen, sie könnten auf mehr Arbeit hoffen, falls es in diesem Winter wenig Schnee gebe und der Holzeinschlag gut sei – womit er die Eisenholzstämme meinte, die Holzfäller wie Kells aus dem Wald holten.
    Nells blaue Flecken verblassten, und ihr Lächeln kehrte zurück. Tim fand, dass es ein vorsichtigeres Lächeln als früher war, aber es war besser als gar kein Lächeln. Kells spannte seine Maultiere an und fuhr den Eisenholzpfad hinunter, und obwohl die Claims, die Big Ross und er sich gesichert hatten, gut waren, hatte er immer noch keinen neuen Partner gefunden. Daher brachte er weniger Holz zurück, aber Eisenholz war Eisenholz und ließ sich immer gut verkaufen, im Allgemeinen sogar gegen Silber, anstatt bloß gegen Gutscheine.
    Tim fragte sich manchmal – meistens wenn er Bretter auf einem Wägelchen in einen der langen Trockenschuppen der Sägemühle schob –, ob sein Leben besser wäre, wenn sein neuer Stiefvater einer Schlange oder einem Wervel zum Opfer fiele. Vielleicht sogar einem Vurt, einem dieser gefährlichen Waldbewohner, die auch Kugelvögel genannt wurden. Einer von denen hatte Bern Kells’ Vater erledigt, ihn im Sturzflug glatt durchbohrt.
    Tim schob diese Gedanken mit einem gewissen Entsetzen von sich weg und staunte zugleich darüber, dass es in seinem Herzen einen Raum – einen schwarzen Raum – für solche Dinge gab. Sein Vater, das glaubte Tim zu wissen, hätte sich ihrer geschämt. Vielleicht schämte er sich tatsächlich, denn manche sagten, auf der Lichtung am Ende des Pfades kenne man alle Geheimnisse, die Lebende voreinander hatten.
    Wenigstens roch der Atem seines Stiefvaters nicht wieder nach Graf, und es gab auch keinen weiteren Tratsch – weder von Strohkopf Willem noch sonst jemand –, dass Big Kells aus der Schenke getorkelt sei, als Old Gitty die Türen schloss und verriegelte.
    Er hat’s versprochen, und er hält sein Versprechen, dachte Tim. Und der Bettpfosten irrt nicht mehr durch Mamas Zimmer, jedenfalls hat sie keine blauen Flecken mehr. Das Leben hat sich zum Richtigen gewendet. Nur darauf kommt’s an.
    Wenn er an Tagen, an denen er Arbeit hatte, aus der Sägemühle heimkam, hatte seine Mutter schon das Abendessen auf dem Herd. Big Kells kam später. Dann wusch er sich erst im Bach das Sägemehl von Händen, Armen und Nacken und aß anschließend allein. Er vertilgte Riesenmengen und verlangte einen Nachschlag und dann noch einen, die Nell ihm prompt brachte. Dabei sprach sie nicht; tat sie es manchmal doch, bestand die Antwort ihres neuen Ehemanns nur aus einem Knurren. Nach dem Essen ging er in die kleine rückwärtige Diele, setzte sich auf seinen Koffer und rauchte.
    Manchmal hob Tim den Kopf von seiner Schiefertafel, auf der er Mathmatika -Aufgaben löste, die die Witwe Smack ihm weiter stellte, und sah, wie Kells ihn durch den Pfeifenrauch hindurch anstarrte. Dieses Starren war irgendwie beunruhigend, sodass Tim sich angewöhnte, mit seiner Schiefertafel nach draußen zu gehen, obwohl es in Tree langsam kühl wurde und die Dunkelheit täglich früher kam.
    Einmal kam seine Mutter heraus, setzte sich auf der Veranda neben ihn und legte ihm einen Arm um die Schultern. »Nächstes Jahr gehst du wieder bei Sai Smack in die Schule, Tim. Das verspreche ich dir. Ich überrede

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