Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Auf seinem Pickel von einer Nase balancierte ein Kneifer.
    »Meine Jungs!«, sagte er, nachdem sie einander vorgestellt worden waren. Er hatte die glatte, traurig aufrichtige Stimme eines Politikers oder Bestattungsunternehmers. »Willkommen in Mejis! In Hambry! Und auf Seafront, unserem bescheidenen Bürgermeisterhaus!«
    »Wenn das bescheiden ist, möchte ich gern den Palast sehen, den Eure Leute bauen würden«, sagte Roland. Es war eine zurückhaltende Bemerkung, mehr höflich als geistreich (normalerweise überließ er geistreiche Bemerkungen Bert), aber Kanzler Rimer lachte lauthals. Ebenso Sheriff Avery.
    »Kommt, Jungs!«, sagte Rimer, als er der Meinung schien, dass er genug Amüsement gezeigt hatte. »Sicherlich erwartet euch der Bürgermeister schon ungeduldig.«
    »Aye«, sagte eine schüchterne Stimme hinter ihnen. Coral, die magere Schwägerin, hatte sich zurückgezogen, aber Olive Thorin stand noch da und hielt die Hände dekorativ vor der Körperregion verschränkt, die einmal ihre Taille gewesen sein mochte. Sie lächelte immer noch ihr hoffnungsvolles, freundliches Lächeln. »Sehr erpicht darauf, euch kennen zu lernen, das ist Hart, wahrlich sehr erpicht. Soll ich sie hinbringen, Kimba, oder…«
    »Nay, nay, du brauchst dir da keine Mühe zu machen, wo du dich doch um so viele andere Gäste kümmern musst«, sagte Rimer.
    »Ich schätze, du hast Recht.« Sie vollführte einen letzten Hofknicks vor Roland und seinen Gefährten, und auch wenn sie dabei immer noch lächelte und Roland dieses Lächeln auch völlig aufrichtig vorkam, dachte er: Sie ist dennoch wegen irgendetwas unglücklich. Irgendwie verzweifelt unglücklich.
    »Meine Herren?«, sagte Rimer. Beim Lächeln entblößte er fast beängstigend große Zähne. »Kommt ihr mit?«
    Er führte sie am grinsenden Sheriff vorbei in den Empfangssaal.
     
     

7
     
    Roland war eher wenig überwältigt davon; immerhin war er schon im Großen Saal von Gilead gewesen – dem Saal der Großväter, wie er manchmal auch genannt wurde – und hatte sogar einmal auf die große Ballgesellschaft hinabgespäht, die alljährlich dort stattfand, dem so genannten Tanz von Osterling, der das Ende von Weiter Erde und den Beginn von Aussaat bedeutete. Im Großen Saal hingen fünf Leuchter statt nur einem, und dazu mit Glühbirnen, nicht mit Öllampen. Die Kleidung der Habitues dort (viele wohlhabende junge Männer und Frauen, die in ihrem ganzen Leben keinen Handschlag getan hatten, eine Tatsache, die John Farson bei jeder Gelegenheit erwähnte) war prunkvoller gewesen, die Musik volltönender, und die Gesellschaft selbst bestand aus älteren und edleren Geschlechtern, die immer mehr zusammenwuchsen, je weiter sie zu Arthur Eld zurückreichten, dem mit dem weißen Pferd und dem Schwert der Einigung.
    Doch auch hier herrschte Leben, und zwar jede Menge. Es überwog allerdings eine Robustheit, die in Gilead gefehlt hatte, und zwar nicht nur an Osterling. Die Atmosphäre, die Roland spürte, als er den Empfangssaal im Haus des Bürgermeisters betrat, war eines von den Dingen, so kam es ihm vor, die man nicht ganz vermisste, wenn sie nicht mehr da waren, weil sie leise und schmerzlos aus der Erinnerung verschwanden. Wie Blut aus einer Ader, die man sich in einer Badewanne mit heißem Wasser aufschnitt.
    Der Raum – fast, aber nicht ausreichend groß für einen richtigen Saal – war kreisrund, die furnierten Wände mit Gemälden (die meisten ziemlich schlecht) der früheren Bürgermeister geschmückt. Auf einer erhöhten Bühne rechts der Tür zum Speisesaal spielten vier grinsende Gitarristen in Tati -Jacken und mit sombreros auf dem Kopf etwas, was sich wie ein durchgeprügelter Walzer anhörte. In der Mitte des Raums stand ein Tisch mit zwei Punschschüsseln aus geschliffenem Glas, eine riesengroß und eindrucksvoll, eine kleiner und schlichter. Der Mann in weißem Jackett, der für den Ausschank zuständig war, erwies sich auch als einer von Averys Hilfssheriffs.
    Im Gegensatz zu dem, was der Hohe Sheriff am Tag zuvor behauptet hatte, trugen mehrere Männer doch Schärpen, und zwar in unterschiedlichsten Farben, aber Roland kam sich in seinem weißen Seidenhemd, seinem schwarzen Kordelschlips und einem Paar Röhrenhosen nicht zu fehl am Platze vor. Auf jeden Mann mit Schärpe sah er drei, die altbackene Gehröcke mit langen Schößen trugen, wie er sie stets mit Viehzüchtern in der Kirche assoziierte, und er sah einige (vorwiegend jüngere) Männer, die gar

Weitere Kostenlose Bücher