Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
Diensten. Danke für Euren Willkommensgruß, und mögen Eure Tage auf Erden lang sein.«
»Arthur Heath« entbot seinen Gruß als Nächster, danach »Richard Stockworth«. Thorins Lächeln wurde mit jeder tiefen Verbeugung breiter. Rimer schien sich größte Mühe zu geben, eine strahlende Miene zu präsentieren, was er aber offenbar nicht gewöhnt war. Der Mann mit dem langen weißen Haar nahm ein Glas Punsch, gab es seiner Begleiterin und lächelte weiterhin dünn. Roland merkte, dass ein jeder im Raum – alles in allem rund fünfzig Gäste – sie ansah, aber am deutlichsten spürte er ihren Blick auf seiner Haut, gleich einem sanften Flügelschlag. Aus den Augenwinkeln konnte er ihr blaues Seidenkleid wahrnehmen, wagte es aber nicht, sie offen anzuschauen.
»Hattet Ihr eine schwierige Reise?«, fragte Thorin. »Habt Ihr Abenteuer und Gefahren erlebt? Wir möchten beim Dinner alle Einzelheiten hören, das möchten wir, haben wir heutzutage doch nur wenig Gäste aus dem Inneren Bogen.« Sein eifriges, leicht albernes Lächeln verblasste; er zog die buschigen Brauen zusammen. »Seid Ihr auf Patrouillen von Farson gestoßen?«
»Nein, Exzellenz«, sagte Roland. »Wir…«
»Nay, Freund, nay – nicht Exzellenz, das dulde ich nicht, und die Fischersleute und Pferdetreiber, denen ich diene, würden es auch nicht, selbst wenn ich es wollte. Nur Bürgermeister Thorin, wenn ich bitten dürfte.«
»Danke. Wir haben auf unserer Reise viele seltsame Dinge gesehen, Bürgermeister Thorin, aber keine Guten Männer.«
»Gute Männer!«, stieß Rimer hervor und lächelte, wobei er die Oberlippe hochzog, was ihm ein hündisches Aussehen verlieh. »Gute Männer, wahrhaftig!«
»Wir wollen alles hören, jedes Wort«, sagte Thorin. »Aber bevor ich in meinem Eifer meine Manieren vergesse, junge Herren, möchte ich Euch den Menschen in meiner unmittelbaren Umgebung vorstellen. Kimba habt Ihr schon kennen gelernt; dieser treffliche Bursche zu meiner Linken ist Eldred Jonas, das Oberhaupt meiner jüngst eingerichteten Leibgarde.« Thorins Lächeln sah für einen Moment verlegen aus. »Ich bin nicht überzeugt, dass ich eine zusätzliche Wache brauche; Sheriff Avery hat es zwar stets geschafft, den Frieden in unserer Ecke der Welt zu erhalten, aber Kimba besteht darauf. Und wenn Kimba auf etwas besteht, muss sich der Bürgermeister beugen.«
»Sehr weise, Sir«, sagte Rimer und verbeugte sich selbst. Alle lachten, außer Jonas, der einfach sein dünnes Lächeln beibehielt.
Jonas nickte. »Hoch erfreut, meine Herren, ganz bestimmt.« Die Stimme war ein schnarrendes Zittern. Dann wünschte er ihnen lange Tage auf Erden, allen dreien, und schüttelte schließlich Roland als Letztem die Hand. Sein Griff war trocken und fest, gänzlich unberührt vom Zittern seiner Stimme. Und nun bemerkte Roland den merkwürdigen blauen Umriss, der auf die rechte Hand des Mannes tätowiert war, unmittelbar in das Häutchen zwischen Daumen und Zeigefinger. Sah wie ein Sarg aus.
»Lange Tage, angenehme Nächte«, sagte Roland ohne nachzudenken. Es war eine Grußformel aus seiner Kindheit, und ihm sollte erst später klar werden, dass man sie eher mit Gilead als mit einem ländlichen Flecken wie Hemphill in Verbindung bringen würde. Nur ein kleiner Ausrutscher, aber er kam zur Überzeugung, dass die Spanne für derartige Ausrutscher bei weitem nicht so groß sein könnte, wie sein Vater glaubte, als er Roland hierher geschickt hatte, um ihn aus Martens Einflussbereich zu entfernen.
»Euch auch«, sagte Jonas. Seine leuchtenden Augen maßen Roland mit einer an Beleidigung grenzenden Gründlichkeit, ohne dessen Hand loszulassen. Dann gab er sie frei und trat einen Schritt zurück.
»Cordelia Delgado«, sagte Bürgermeister Thorin und verbeugte sich vor der Frau, die sich zuvor mit Jonas unterhalten hatte. Als Roland sich in ihre Richtung verbeugte, sah er die Familienähnlichkeit… aber was an Susans Gesicht großzügig und liebenswert erschien, wirkte an diesem Gesicht verkniffen und verschlossen. Das war nicht die Mutter des Mädchens; Roland schätzte, dass Cordelia Delgado dafür ein bisschen zu jung war.
»Und unsere ganz besondere Freundin, Miss Susan Delgado«, sagte Thorin zuletzt und hörte sich dabei aufgeregt an (Roland vermutete, dass sie diese Wirkung auf alle Männer ausübte, selbst wenn es so alte wie der Bürgermeister waren). Thorin schob sie nach vorn, nickte mit dem Kopf und grinste, dabei drückte er ihr eine seiner knochigen
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