Der Earl und sein verführerischer Engel (Historical) (German Edition)
Kleid steckte und in seine Welt des Reichtums einführte. Aber auch wenn er sie in Gewänder kleidete, die einer zukünftigen Marchioness würdig waren, würde sie sich innerlich immer noch wie Emily fühlen. Der Skandal um ihre Familie war nicht vergessen, und sie musste damit rechnen, dass jedermann in der guten Gesellschaft sie schnitt. Gar nicht auszudenken, was geschehen würde, wenn sie auf dem Konzert zufällig Lord Rothburne begegnete! Der Marquess verachtete sie. Und das war noch gelinde ausgedrückt. In seinen Augen war sie nicht mehr als Staub, den man einfach wegwischte. Erst recht, seit sie eine Gefahr für ihn darstellte, die die Zukunft seines ältesten Sohnes bedrohte.
Der Gedanke jagte ihr Angst ein. Ihren Ehemann fürchtete sie nicht, aber Lord Rothburnes Einfluss war wesentlich größer als der von Stephen. Wenn sie an dem gesellschaftlichen Ereignis heute Abend teilnahm, konnte sie sich seiner Rachsucht sicher sein.
Sie entließ Beatrice und ließ sich auf das Kanapee sinken. Mit den Fingerspitzen strich sie andächtig über das kostbare Kleid. Wenn sie doch nur …
Ungeduldig trommelte Stephen mit den Fingern auf seinen Oberschenkel. Eine nach der anderen hatten die Töchter der Yarringtons ihren Auftritt gehabt, und er wartete bereits seit über zwei Stunden auf Emily. Doch sie war immer noch nicht da.
Er hätte niemals zustimmen dürfen, ohne sie aus dem Haus zu gehen, als sie behauptet hatte, mehr Zeit zu benötigen, um das Kleid zu ändern, das er ihr geschickt hatte. Jetzt sah es beinahe so aus, als hätte sie nie die Absicht gehabt, noch nachzukommen.
Er war so in Gedanken versunken, dass er von Lady Julias Darbietung von Mozarts Sonate in C-Dur auf dem Flügel nichts mitbekam und erst hochschreckte, als das Publikum zum Abschluss anhaltend applaudierte. Miss Hereford, die neben ihm saß, lächelte ihn schüchtern an, doch er erwiderte das Lächeln nicht. Zwar mochte er sie nicht beleidigen, indem er ihr aus dem Weg ging, doch ermutigen wollte er sie auf keinen Fall.
Und was war mit ihm selbst? Emily behauptete, einen Neuanfang zu wünschen. Deswegen hatte er sie eingeladen – damit sie sich besser kennenlernen konnten. Trotz ihres anfänglichen Protests war er sicher gewesen, dass sie der Versuchung erliegen würde, das traumhafte Kleid zu tragen und diesen Abend mit ihm zu verbringen.
Doch sie hatte gelogen und war zu Hause geblieben. Das sah der Emily, die er kannte, gar nicht ähnlich. Die Emily von damals hatte nie Angst gehabt und ihn sogar einen Feigling geschimpft, als er nicht auf das Dach des väterlichen Hauses klettern wollte.
Was war seitdem geschehen? Er hatte Gerüchte von einem Skandal um den Tod ihres Vaters gehört. War er der Grund dafür, dass sie sich so verändert hatte?
Die Yarrington-Schwestern machten eine Pause, und er erwog, nach Hause zu fahren. Er wollte verstehen, warum Emily und er geheiratet hatten.
Was würde geschehen, wenn er die Ehe nicht annullieren ließ? Würden sie das Beste aus der Verbindung machen?
Fest entschlossen, es herauszufinden, erhob er sich von seinem Stuhl. Doch bevor er den Raum verlassen konnte, stellte sich ihm der Marquess in den Weg. „Der Abend ist noch nicht zu Ende“, sagte er mit drohendem Unterton.
„Dessen bin ich mir durchaus bewusst“, erwiderte Stephen ruhig. „Aber ich habe beschlossen, zu meiner Frau zu fahren.“
„Diese Eheschließung war ein lächerlicher Einfall. William hätte nie etwas so Unüberlegtes getan.“
„Du hast recht“, stimmte Stephen zu. „William hätte eine Frau deiner Wahl geheiratet.“ Sein Bruder war der perfekte Sohn und Erbe gewesen, und Stephen war nur der enttäuschende Ersatz.
Plötzlich hellte sich die Miene seines Vaters auf, als er den Blick auf jemanden hinter Stephen richtete. „Miss Hereford. Ich hoffe, Sie verleben einen angenehmen Abend?“
Die junge Dame errötete, senkte den Blick und machte einen Knicks. „Ja, Mylord. Das Konzert bereitet mir sehr viel Vergnügen.“
Die stumme Botschaft seines Vaters lautete: ‚Das ist die Frau, die du hättest heiraten sollen. Sie ist viel angemessener.‘
Stephen machte eine höfliche Verbeugung, bevor er sich bei der Gastgeberin entschuldigte. Mit einem gezwungenen Lächeln in Richtung seines Vaters verließ er die Stadtresidenz der Yarringtons.
Beatrice war dabei, Emilys Korsett aufzuschnüren, als Stephen die Tür zu ihrem Schlafzimmer aufstieß. Ohne sich für sein unangekündigtes Eindringen zu entschuldigen,
Weitere Kostenlose Bücher