Der einzige Sieg
schwebte; ihre halbleeren Gläser vibrierten auf ihren Tabletts.
Luigi und Göran Karlsson wechselten einige vielsagende Blicke.
»Was habe ich gesagt«, bemerkte Luigi. »Die Intelligenzreserve hat mal wieder zugeschlagen. Was für ein Glück, daß die Zielpersonen noch unten in der Bar sind. Wer gibt?«
Gleichzeitig hatte man natürlich »einen eisernen Ring« um das Hotel geschlagen, und wären die zwei Personen, denen der ganze Aufwand galt, nicht so unbeschwert damit beschäftigt gewesen, in der Klavierbar des Hotels ihren südländischen Charme zur Geltung zu bringen, wären sie möglicherweise geflüchtet. Vermutlich durch die Garage, da sich dort keine Terroristenpolizisten befanden. Deren Ausstattung war nämlich viel zu auffällig, und außerdem konnten sie dort unten im Neonlicht ihre Nachtsichtgeräte nicht verwenden.
Die beiden Männer, denen der ganze Aufwand galt, hatten jedoch bestimmte Grundsätze. Eins dieser Prinzipien lautete, sich bei einem Auftrag niemals einer Prostituierten zu bedienen. Alkohol beim Job war eine Sache, aber Weiber niemals. Sie hatten die Vorstellung, daß Weiber Unglück bringen können, besonders solche, für die man bezahlen muß.
Dabei fehlte es in der Bar des Sheraton nicht an Prostituierten, ganz im Gegenteil. Das hatte jedoch den Effekt, daß es an gratis zur Verfügung stehenden Frauen fehlte. Die beiden Mörder befanden sich also in einer ziemlich unverfälschten Gesellschaft von schwedischen und ausländischen Managern und Prostituierten, und von denen fand niemand Anlaß, den beiden Italienern, die nicht gerade wie Manager wirkten, Zeit oder auch nur Interesse zu widmen. Nach einer Stunde gaben die beiden auf und beschlossen, auf ihr Zimmer zu gehen, etwas Wein zu bestellen und zu sehen, was das Pay-TV zu bieten hatte.
Als sie über das kühle nordische Kulturklima fluchend ihr Zimmer betraten, registrierte Luigi sofort ihre Ankunft. Er griff zum Telefon, wählte eine Nummer und teilte kurz mit, der Vogel sitze jetzt im Käfig. Man brauche nur noch zuzuschlagen.
Dann sammelte er mit maliziöser Sorgfalt sein gesamtes Material ein und verpackte es in einer kleinen Reisetasche. Er sah die beiden anderen spöttisch an und gab seiner Hoffnung Ausdruck, die schwedische Sicherheitspolizei möge hoffentlich nicht die Zimmernummern verwechseln.
»Wenn sie mit gezogener Waffe hier reinkommen«, begann er gespielt nachdenklich, »erschieß sie nicht, lieber Göran, bitte nicht! Ihr müßt mir versprechen, euch sofort zu ergeben. Ihr müßt dann nur sagen, daß sich das Ziel in der Bude nebenan befindet. Könnt ihr mir das feierlich versprechen?«
Die beiden sahen ihn säuerlich an, als er seine Tasche nahm, sich verneigte und hinausging.
»Was machen wir jetzt?« fragte Elisabeth Wendell irritiert.
»Tja«, erwiderte Göran Karlsson amüsiert, »wir halten uns von Fenstern und Türen fern. Nein, mal im Ernst. Wir tun gar nichts. Schließlich sollen sie nur zwei Verbrecher abholen. Das kann ihnen ja nicht mißlingen.«
»Nicht mal der Säpo?« fragte Elisabeth Wendell mißtrauisch. Im Lauf des Abends waren einige ihrer Vorurteile bestätigt worden.
»Nein«, sagte Göran Karlsson und fuhr sich mit der Hand lachend über Stirn und Augen, »das hier ist wirklich sehr leicht. Nein, nicht mal die Säpo kann da was falsch machen.«
Es war allerdings nicht die Säpo, die zuschlagen sollte, obwohl es an und für sich durchaus möglich war, daß es nicht einmal der schwedischen Sicherheitspolizei mißlingen konnte, zwei Personen festzunehmen, die sich in einem Zimmer hoch oben in einem Hotel aufhielten, das überdies von Sicherheitsbeamten umstellt war.
Luigi lebte immer noch in der Vorstellung, daß die Säpo die Festnahme vornehmen sollte. Aus diesem Grund war er außerordentlich verwirrt, als er auf der Feuertreppe mit zwei Gestalten zusammenstieß, die Terroristenmasken und Stirnbänder trugen und mit beiden Händen deutsche Pistolen mit Schalldämpfern hielten. Er sah es als gegeben an, daß nach dem Grundsatz, daß ein Unglück nur selten allein kommt, sich etwas ganz anderes und weit Ernsteres ereignet hatte, und zwar gleichzeitig mit der bevorstehenden trivialen Festnahme.
Die beiden Terroristen richteten ihre Waffen auf Luigi und schrien erst gleichzeitig etwas, was nicht zu verstehen war.
»Okay, blackhead, fries!« brüllte dann einer der Terroristen.
»And putt your focking begg down on the trepp!«
Luigi brauchte eine Schrecksekunde, um zu verstehen,
Weitere Kostenlose Bücher