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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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hatte, um sie erneut wie ein Verrückter anzubrüllen.
    Am nächsten Tag war das Bild jedoch etwas klarer geworden. Dazu trugen nicht zuletzt die beispiellos unklaren Zeitungsberichte bei, die in ganzseitigen Artikeln über eine Schlacht berichteten, die im Grunde gar nicht stattgefunden hatte.
    Was polizeiliche Tapferkeit betraf, zeigte sich Expressen wie gewohnt am besten unterrichtet. Das Blatt schilderte mit gezeichneten Kampfszenen den Handlungsablauf, der nie stattgefunden hatte. Auf den Fotos war der Herr Polizeioberrat »der Tiger« zu sehen, der wie ein Feldherr auf zerschossenes Mobiliar zeigte.
    Der von der Polizei lancierten Version zufolge hatte oben im Sheraton eine anhaltende und komplizierte Feldschlacht stattgefunden, die damit geendet hatte, daß die Polizei am Ende doch die beiden Gangster erschoß, obwohl sie selbst schwere Verluste erlitten hatte.
    Am nächsten Tag hatte Samuel Ulfsson folglich ein bedeutend ruhigeres Treffen mit den beiden immer noch sehr beschämten Leutnants abhalten können, die sich mit blutunterlaufenen Augen bei ihm einfanden. Dabei konnte er etwas detaillierter in Erfahrung bringen, was geschehen war und wer sich wessen schuldig gemacht hatte. Der Einfachheit halber hakten sie die Ereignisse in chronologischer Folge ab. Elisabeth Wendell von der EDV-Einheit war ebenfalls zum Verhör gerufen worden.
    Die Geschichte, die sich jetzt vor Samuel Ulfsson entrollte und die er selbstverständlich als die wahre Version ansah, da sie von dreien seiner eigenen Leute stammte, war in mancherlei Hinsicht schrecklich.
    Zunächst war alles gut gegangen. Die Abhöroperation war erfolgreich verlaufen. Luigi hatte befehlsgemäß Samuel Ulfsson angerufen und es mitgeteilt, und dieser hatte die Polizei benachrichtigt. Insoweit war alles nach Plan gelaufen.
    Danach war vorgesehen gewesen, daß Luigi ruhig und still mit seinen bespielten Bändern und seiner möglicherweise illegalen Ausrüstung aus dem Hotel verschwand, um die Dinge zum Generalstab zurückzubringen. Anschließend sollten die Bänder an die Polizei weitergegeben werden.
    Während die Polizei in aller Stille die beiden Verdächtigen festnahm, sollten sich Göran Karlsson und Elisabeth Wendell in ihrem Zimmer nur ruhig verhalten und überhaupt nichts unternehmen.
    Das war also der einfache Plan.
    Zum ersten Mal ging etwas schief, als Luigi »unauffällig« das Hotel verlassen sollte.
    Wie er es selbst beschrieb, war er mit zwei bewaffneten Irren in Terroristenmasken zusammengestoßen, die den Versuch gemacht hatten, ihm verschiedene unklare Befehle auf englisch zuzuschreien. Ihm war die Existenz einer schwedischen Elitepolizei dieser Art unbekannt, und noch weniger wußte er von ihren eigentümlichen Uniformen und ihrer seltsamen Befehlssprache. Deshalb habe er sie verprügelt und ihnen ihre Waffen abgenommen, nämlich in dem Glauben, sie seien etwas ganz anderes als Polizisten. Immerhin hatten sie seine Tasche mit dem sensiblen Material an sich nehmen wollen. Somit habe er vermutet, zum Opfer eines Raubüberfalls zu werden, und sich ganz einfach auf angemessene Weise gewehrt.
    Die beiden Elitepolizisten hatten sich im übrigen nach ein paar Tagen erholt. Sie hatten keinerlei Interesse daran, eine »Anklage zu pressen«, wie einer von ihnen bei einem Telefonat mit Samuel Ulfsson sagte.
    Der Ausdruck »Anklage pressen« blieb vorerst rätselhaft, doch als Göran Karlsson und Luigi ihn gehört hatten, hatten sie lachend erklärt, das sei ein neuer Versuch, Amerikanismen einzubürgern, denn in der Originalsprache heiße es to press charges. Der Inhalt dieser Mitteilung sei jedenfalls, daß die beiden verprügelten Polizisten nicht die Absicht hatten, die Sache an die große Glocke zu hängen. Sie wollten kurz ums Verrecken nicht bekannt werden lassen, wie sie von einem Militär verprügelt worden waren, der ihnen auch noch ihre Waffen abgenommen hatte.
    Folglich stand schon bald mit großer Wahrscheinlichkeit fest, daß Luigi auch diesmal durchs Netz schlüpfen würde.
    Schlimmer war es natürlich bei Göran Karlsson. Dieser hatte zwei Menschen getötet, die eigene Standpunkte zu »gepreßten Anklagen« nicht mehr vorbringen konnten und deren juristische Rechte aus diesem Grund von der schwedischen Staatsanwaltschaft wahrgenommen wurden.
    Wie der Ablauf der Ereignisse im Hotel ausgesehen hatte, war rein äußerlich leicht zu verstehen. Göran Karlsson hatte ja zusammen mit Elisabeth Wendell erstens beobachtet, wie zwei Polizisten vor

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