Der einzige Sieg
ihrem Fenster an Nylonseilen hingen, ohne sich vorwärts oder rückwärts bewegen zu können (sie hatten offenbar nichts davon gewußt, daß das Sheraton wie so viele andere Hotels in den Fenstern der obersten Stockwerke Scheiben aus Panzerglas hatte; eine nicht unvernünftige Sicherheitsvorkehrung).
Es war durchaus verständlich, daß das anwesende Personal der Streitkräfte die Polizei möglichst schnell auf die mißliche Lage ihrer Kollegen aufmerksam machen wollte. Als sie dann feststellten, daß die Polizei Tränengasgranaten ins Nebenzimmer schoß, und anschließend ein kurzes Feuergefecht wahrnahmen, gab es gute Gründe für die Annahme, daß das Ganze damit vorbei war. Aus diesem Grund hatte Elisabeth Wendell die unglückliche Initiative ergriffen, die Zimmertür aufzumachen.
Jetzt war es nicht mehr sehr schwer zu begreifen, was im Nebenzimmer passiert war. Es hatte die beiden Italiener natürlich überrascht, daß von draußen plötzlich Tränengaspatronen hereingeschossen wurden. Doch während die Polizeibeamten draußen infolge irgendeiner Anweisung darauf warteten, daß das Tränengas die Objekte »weich« werden ließ, wurden diese das genaue Gegenteil von weich. Sie setzten ganz einfach ihre Gasmasken auf. Es waren immerhin Personen mit einer langen kriminellen Erfahrung, die wohl nicht zum ersten Mal mit Tränengas zu tun hatten. Als das erledigt war, luden sie ihre Waffen mit metallbrechender Munition und machten sich bereit. Als anschließend die Polizisten ins Zimmer torkelten, halfen ihnen ihre Schutzwesten nicht viel. Mit etwas Pech hätten ihre Verluste noch weit größer sein können.
Im folgenden, als Göran Karlsson und Elisabeth Wendell als Geiseln in ihrem Zimmer saßen, stürmte ein neuer Polizeitrupp hinauf und entdeckte, daß im Nebenzimmer Bewegung herrschte. Die Beamten wußten, daß niemand das Hotel verlassen hatte. Und während ihre elektronisch höchst komplizierte Funkausrüstung zusammenbrach, beschlossen sie, das Zimmer erneut zu stürmen. Einer der schwerverwundeten und halb bewußtlosen Polizisten dort drinnen hatte dann in dem Glauben, daß es nicht seine Kameraden waren, die jetzt hereinstürmten, vor Verzweiflung zurückgeschossen, und so war es zu diesem Feuergefecht gekommen.
Die Techniker der Polizei hatten herausgefunden, daß im Zimmer mehr als einhundertfünfzig Schuß abgefeuert worden waren.
Dann kam man zu dem für den Generalstab eher peinlichen Moment. Daß Göran Karlsson bei der ersten sich bietenden Gelegenheit entschied, Elisabeth Wendell und sich aus der Gefangenschaft zu befreien, und zwar auf die einzig denkbare Weise, war im Grunde kaum zu beanstanden. Es war jedoch ein verdammtes Pech, daß die beiden beschossenen Italiener starben. Sonst hätte man diese Attacke sicher den tapferen Polizisten zuschreiben können, die in dem Fall sicher auch nicht geneigt gewesen wären, »Anklagen zu pressen«.
Doch da die Opfer gestorben waren, ergab sich wohl eine völlig andere Situation.
Göran Karlssons eindringliche Beteuerungen, daß man zumindest einen der beiden hätte retten können, wenn nicht sämtliche verfügbaren Krankenwagen ausschließlich Polizisten verfrachtet hätten, trugen den Stempel der Wahrscheinlichkeit.
Der zweite Gangster war jedoch sofort tödlich getroffen worden. Was Luigi und Göran Karlsson zu diesem Punkt erklärten, konnte sehr wohl den Tatsachen entsprechen. Göran Karlsson hatte tief gezielt, in Hüfthöhe etwa. Normalerweise überlebt ein Mensch das, wenn er rechtzeitig ärztlich versorgt wird. Die Kugel hatte jedoch das Gekröse im Magen durchschlagen, insoweit keine Gefahr, und war dann direkt in den stärksten Teil der Körperschlagader gegangen. Das habe etwa die Wirkung, als würde eine Kugel einen Autoreifen durchschlagen, erklärte Göran Karlsson mit gesenktem Kopf. Der Tod tritt so gut wie augenblicklich ein. Er hatte jedoch eine ganz andere Absicht gehabt, denn kein Mensch schießt so, wenn er die Absicht hat zu töten.
Das war sicherlich wahr, spielte jedoch keine Rolle mehr, da der Gangster gestorben war.
Der andere hatte einen Lebertreffer erhalten und hätte nicht verbluten müssen, wenn die Polizei nicht das Kommando über sämtliche Krankenwagen übernommen hätte. Auch das entsprach sicher den Tatsachen, spielte aber ebenfalls keine Rolle.
Jetzt würde der Staatsanwalt zu Besuch kommen. Die Ermittlungen hatten einige Zeit in Anspruch genommen, denn unter anderem hatten die Kriminaltechniker es mit den
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