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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Gericht würde nicht nur mich auslachen, sondern auch Polizeioberrat Källberg und seine Mannen, und damit wäre niemandem gedient. Das Gericht würde überdies Leutnant Bertoni-Svensson ohne jeden Zweifel freisprechen, so daß ich im Grunde keine Anklage erheben dürfte. Ein Staatsanwalt darf nämlich keine unbegründeten Anklagen erheben, wenn man also eine sichere Prognose in Richtung Freispruch stellen kann. Haben die Herren verstanden, wie der Hase läuft?«
    Er sah sich erneut entzückt im Raum um und entdeckte jetzt immerhin drei intensiv interessierte Augenpaare, während der Polizeioberrat immer noch auf die Tischplatte blickte und mit dem Zeigefinger unsichtbare Kreise malte.
    »Nein, nicht ganz, ich verstehe die Parallele zu den Todesschüssen nicht«, sagte Samuel Ulfsson sichtlich hoffnungsvoll.
    »Stellen wir uns folgendes vor«, sagte der Staatsanwalt zufrieden, verlangsamte das Tempo seiner Ansprache und blickte eine Zeitlang an die Decke, »nämlich daß diese zweifelsohne sehr gefährlichen und schwerbewaffneten Gangster, die schon schwedische Polizeibeamte erschossen haben… nehmen wir für einen Augenblick das an, was die Presse annimmt. Nämlich daß sie von Polizeibeamten erschossen worden sind. Niemand hat deswegen eine Anklage verlangt, und das läßt sich ja auch verstehen. Wenn die fraglichen Gangster unter exakt den gleichen Voraussetzungen von Polizisten erschossen worden wären, statt wie jetzt von Militärs, wäre diese Angelegenheit vermutlich schon im Stadium der Voruntersuchung niedergeschlagen worden, und zwar mit einer Begründung, die in etwa gleichlautend wäre mit der, die ich vorhin schon dargelegt habe.«
    »Aber Leutnant Karlsson ist ja unzweifelhaft Militär, vor allem im Hinblick auf das, was geschehen ist, sowie darauf, wer was tat und wer was nicht«, bemerkte Samuel Ulfsson fast lusterfüllt mit einem Blick auf die Person, die er »Herr Tiger« zu nennen beliebte.
    »Genau!« rief der Staatsanwalt begeistert aus. »Da haben wir sozusagen des Pudels Kern, die Frage, welchen Status man Leutnant Karlsson in dieser, man beachte, ausschließlich in dieser spezifischen Situation zuerkennen soll. Leutnant Karlsson hat doch in diesem Zusammenhang unleugbar eine polizeiliche Funktion gehabt, nicht wahr? Nun, wenn wir diese Tatsache mit den Aussichten kombinieren, Leutnant Bengtsson, Verzeihung, Karlsson, wegen eines Verbrechens verurteilen zu lassen, die nämlich gering sind, und der Tatsache, daß die Polizei hier« – er versetzte dem Polizeioberrat mit dem Ellbogen einen amüsierten Rippenstoß – »keine Einwände gegen die herrschende Geschichtsschreibung erhebt, dann – voilà!«
    Oberstaatsanwalt Dick »Cunctator« Olofsson erhob sich zufrieden, rund und strahlend und breitete die Arme aus, als er mit dem alles erklärenden französischen Ausruf geendet hatte. Der schien jedoch keineswegs alles zu erklären, jedenfalls nach dem fragenden Gesichtsausdruck der drei Offiziere zu urteilen.
    »Ich habe die Voruntersuchung gegen Leutnant Karlsson wegen Körperverletzung mit Todesfolge niedergeschlagen. Der Tatbestand ist also nicht erfüllt. Ich habe die Unterstützung des Generalreichsanwalts für diese Maßnahme, und mit Rücksicht auf die Sicherheit des Reiches ist der Beschluß für geheim erklärt worden. Ja, das wäre für heute wohl alles, denke ich!«
    Die drei Militärs schienen mit einiger Verzögerung die Bedeutung dessen zu erfassen, was sie soeben gehört hatten. Göran Karlsson hatte soeben das Wort des Generalreichsanwalts darauf vernommen, daß er das Recht hatte zu töten, zumindest italienische Gangster. Und die schwedische Terroristenpolizei konnte als das dastehen, als was sie zumindest nach dem Willen ihres Chefs dastehen sollte.
    »Ich bedaure, daß Ihre Mannen von einem meiner Jungs verprügelt worden sind. Es soll, wie ich hoffe, nicht wieder passieren«, sagte Samuel Ulfsson mit einem infam ungerührten Gesichtsausdruck, als er dem anwesenden Polizeimann zum Abschied die Hand reichte. »Der Tiger« sah aus, als hätte er einen Peitschenhieb erhalten, und schlüpfte dann schnell durch die Tür, ohne Luigi und Göran Karlsson die Hand zu geben.
    »Also tschüs dann«, sagte der rundliche und gutmütige Oberstaatsanwalt, als er hinter seinem Terrorpolizisten hinausstolperte.
    Die drei uniformierten Männer sanken gleichzeitig auf ihre Stühle. Sie blickten sich erleichtert, aber gleichzeitig höchst konsterniert an, als glaubten sie nicht so recht, was

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