Der einzige Sieg
baute Åke Stålhandske sein System auf der freien Rundsicht auf und auf Fernsehkameras, von denen mehrere keine andere Funktion hatten, als genau so auszusehen, nämlich wie Fernsehkameras. Der Vorteil, überlegte er, mit diesen freien Flächen rund ums Haus ist klar: Sie gleichen den Vorteil des Wohnens in einer hochgelegenen Stadtwohnung aus. Es war bedeutend schwieriger, in eine Wohnung einzudringen, da es nur eine Tür gab und eine bestimmte Zahl von Fenstern, unter denen man wählen konnte. Und dann konnte ein Attentäter sich dafür entscheiden, irgendwo außerhalb des Hauses zu warten, vielleicht in einem unauffälligen Wagen auf der anderen Straßenseite. Wer irgendwann durch die Haustür gehen mußte, ob hinein oder hinaus, mußte sich früher oder später auch so exponieren, daß er ins Schußfeld geriet.
Insgesamt liefe es auf das gleiche hinaus, mit möglichen leichten Vorteilen für das Landhaus. Hier draußen konnte man einen Wagen nicht beliebig parken, und die Fluchtwege waren für einen potentiellen Täter überdies auf unangenehme Weise begrenzt. Natürlich kann sich kein Mensch vollkommen gegen einen Mordversuch absichern. Vor Mördern, die zu allem entschlossen sind, gibt es keine Sicherheit, aber hier war es möglich, ihre Chancen stark zu verringern.
Die Wagen waren eine Schwäche. Man mußte Stenhamra mit einem Wagen erreichen oder verlassen, und überdies mußten die Autos den größeren Teil des Tages unbewacht bleiben. Tessies Wagen stand in Kista vor dem IBM-Gebäude auf der Straße, Carls Wagen vor dem Generalstab in Stockholm. Nachts standen die beiden Wagen vor dem Haus oder vor der kleinen Stadtwohnung.
Das war ein großes Problem. Åke wollte zunächst vorschlagen, auf dem Grundstück eine Garage zu bauen und sie mit einer Alarmanlage zu versehen, um zumindest diese eine Möglichkeit auszuschließen. Dann blieb vor allem die Frage, wie Tessie ihr Parkplatzproblem in Kista lösen sollte. Bestenfalls hatten IBM-Direktoren eine Tiefgarage, die sich mit Alarmanlage und Gitterkäfigen sichern ließ. Doch im Augenblick war an eine solche Lösung nicht zu denken.
Carl hatte sich ein paar Stunden lang ruhig und entspannt durch seinen Papierstapel auf dem Schreibtisch oben in Rosenbad hindurchgearbeitet. Er fühlte sich in einem perfekten seelischen Gleichgewicht, was zu einem großen Teil wohl daran lag, daß Tessie bei seiner Ankündigung kein großes Theater gemacht hatte. Er hatte bei dem gestrigen Willkommensessen fast krampfhaft kurz erklärt, er müsse bald schon wieder auf Reisen gehen; vielleicht hatte sie seine Versicherung ja akzeptiert, daß er im nächsten halben Jahr keine weiteren Reisen vor sich sehe. Höchstens von Zeit zu Zeit ein paar Tage für die albernen sogenannten U-Boot-Verhandlungen in Moskau. Jedenfalls hatte er den kommenden Sommer als eine einzige lange Periode des Urlaubs dargestellt. Die kleine Wohnung am Värtavägen war nach und nach in ein Zuhause verwandelt worden. Beide mochten sie und dachten nicht daran umzuziehen. Sie hatten eine recht stille Mahlzeit zu sich genommen. Er hatte bei ihr einigen Erfolg mit der Vermutung gehabt, daß sie sich nach Austern auf kalifornische Art mit Meerrettich-Chili sehnte. Und mit einiger Logistik, mit Geld und einem Handy hatte er es geschafft, das auf dem Rückweg von Arlanda zu organisieren.
Sie waren früh zu Bett gegangen, ohne zu schlafen, und hatten nebeneinander gelegen und über die Pläne für den Sommer gesprochen. Eine Reise nach San Diego, ein Treffen mit Stan, die vorbereitende Verhandlung im Sorgerechtsstreit. Vielleicht konnten sie Stan zu einem Ausflug nach Schweden mitnehmen und auf dem Grundstück von Stenhamra kalifornische Bäume pflanzen; Tessie hatte die romantische Vorstellung, sie könnten Stenhamra als schwedisches Sommerhaus behalten. Er hatte jedoch nicht die geringste Lust gehabt zu erklären, was die schwedische Steuergesetzgebung in dieser Hinsicht erlaubte oder verbot. Wenn er steuertechnisch nach Kalifornien zog, durfte ihm kein Haus in Schweden gehören.
Es war trotzdem ein ruhiger und schöner Abend gewesen. Er hatte das Gefühl, als wäre er ein wichtiges Glied in seinen mentalen Vorbereitungen zu Green Dragon. Er erwähnte dieses Unternehmen jedoch nur nebenbei, als handelte es sich nur um ein kleines technisches Problem, das schon bald aus der Welt sein würde.
Eigentümlicherweise spürte er noch immer das gleiche starke Selbstvertrauen. Er zweifelte keine Sekunde daran, daß
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