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Der eiserne Gustav

Der eiserne Gustav

Titel: Der eiserne Gustav Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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irgendeinen schrecklichen Krach gehabt hat. Das hat Mutter erzählt. Sonst weiß ich gar nichts. Doch – einmal habe ich Eva mit irgend so ’nem Bofke auf der Straße gesehen. Ein richtiger Bofke. Ich habe natürlich nicht gegrüßt …«
    »Wann war das …?«
    Aber es stellte sich heraus, daß es Monate her war. Damals hatte Eva noch bei den Eltern gewohnt. Seitdem nichts mehr.
    »Und ich will auch nichts mehr von ihr hören. Erich ist ein Erzengel gegen die Eva gewesen! Jetzt beim Umzug hat Mutter einen ganzen Stoß Pfandzettel gefunden, alles Sachen, die Eva heimlich versetzt hat. Tischwäsche, Betten – Mutter weint sich heute noch die Augen aus, wenn sie daran denkt. So was finde ich einfach gemein, Otto!«
    »Ich auch, Bubi, keine Angst, ich auch. Trotzdem muß man sehen, daß man Eva nicht im Stich läßt. Dieser – Bofke, den du gesehen hast, wird die Hauptschuld tragen. Eva ist einfach verführt.«
    »Na ja, verführt!« Bubi wurde sehr rot und warf einen raschen Blick auf die Schwägerin. »Aber verführt is auch so’n Wort. Wir auf der Penne haben jetzt ein Buch gelesen, Wegener heißt der Mann: ›Wir jungen Männer‹. Kolossal frei geschrieben, aber absolut anständig. Na, wir haben den Beschluß gefaßt, anständig zu bleiben. Du verstehst, Otto? Vor der Ehe – kommt nicht in Frage. Das allein ist anständig!«
    Sein Blick fiel auf Gustäving, und Heinz wurde glühend rot.
    »Na ja, du verstehst schon, wie ich das meine. Im Prinzip, es gibt natürlich immer Ausnahmen. Vater …« Er brach wieder ab. Dann sehr sorgenvoll: »Otto, ich kann dir’s sagen, manchmal habe ich eine Heidenangst, daß wir ’ne dekadente Familie sind …«
    »Was sind wir …?« fragte Otto, höchst erstaunt über dieses unbekannte Wort.
    »Na ja, dekadent … Du kennst das nicht? Weißt du, das ist so … wenn ’ne Familie, ja, das ist schwer zu erklären … Du weißt das mit Erich. Und dann das mit Eva. Sophie ist auch nicht, wie sie sein soll. Und manchmal kann ich tatsächlich nicht einschlafen, wenn ich denke, was alles in mir steckt.« Flüsternd, aber im Baß flüsternd: »Otto, du glaubst es nicht, manchmal hasse ich Vater direkt.«
    »Und das ist dekadent, Bubi?«
    »Na ja, das ist so ein Beispiel. Wenn eben die Familie zerfällt, die ist doch der Grundpfeiler vom Staat. Und wenn keiner mehr richtig was leistet, wenn eben alles krank ist … Was meinst du?«
    »Ich weiß nicht, ob wir krank sind. Vielleicht war auch die Zeit krank, in der wir lebten, und steckte uns an? Etwas Gesundes kann ja auch von einer kranken Umgebung angesteckt werden? Ich wenigstens bin draußen wieder ganz gesund geworden …«
    »Na ja, das sieht man. Hast dich kolossal rausgemacht. Na, wir wollen jedenfalls die Hoffnung nicht sinken lassen, Otto. Hat mir mächtig gutgetan, die Aussprache mit dir. Aber jetzt muß ich los. Was denkst du, was wir jetzt arbeiten müssen? Einfach pyramidal, noch nie dagewesen. Na denn also auf Wiedersehen, Schwägerin. Mach’s gut, Otto. Ob ich dich vor deiner Abreise noch mal sehen werde …«
    »Vergiß dein Paket nicht, Heinz«, erinnerte Gertrud.
    »Welches Paket?« Er schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Ich bin doch ein fabelhafter Ochse! Einfach phänomenal!! Wegen des Paketes bin ich doch grade zu euch gekommen! Das schickt euch Mutter – weil sie doch bei der Hochzeit nicht dabeisein konnte. Übrigens noch meinen herzlichen Glückwunsch! Ich war auch verhindert, wie ihr gemerkt habt – Penne, ihr versteht.«
    »Schönen Dank«, sagte Otto, während Tutti auspackte. »Es war auch bloß eine standesamtliche Trauung. Fünf-Minuten-Sache.«
    »Verstehe schon. Wie stehst du denn überhaupt zur Kirche, Otto? Wir auf der Penne …«
    Aber er kam nicht weiter, Tutti hatte ausgepackt: sechs silberne Eßlöffel, sechs Gabeln, sechs Messer, sechs Teelöffel. Ein paar Tischtücher, einige Bettbezüge …
    »Aber das geht doch nicht«, rief sie. »Deine Mutter beraubt sich ja!«
    »Wegen dem Dreck?« Bubi schnaubte verächtlich. »Brauchenwir gar nicht mehr. Wir sind doch bloß noch drei Personen, und Vater kommt auch meistens nicht zum Essen. Die andere Hälfte vom Dutzend hat Mutter für sich behalten.«
    »Wir können doch nicht …«, sagte Tutti, aber ihre Augen strahlten. »Sag du, Otto …!«
    »Was soll er denn sagen«, grollte Bubi. »Dankeschön soll er sagen. Damit macht er Mutter bloß glücklich. Daß sie euch wenigstens was zur Hochzeit geschenkt hat. Sie wäre schon längst

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