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Der eiserne Gustav

Der eiserne Gustav

Titel: Der eiserne Gustav Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Urlaub und hat wahrhaftigso ville Zeit, Vatern beim Bier von seine Trauung zu erzählen! Nee, mein Sohn, ick bin eisern! Wenn ick ooch wieder uff ’m Bock sitze, det sare ick doch: Bei alle meine Kinder stinkt et. Vielleicht bei Bubin nich. Aber det weeß man noch nich. Ick sage immer: Man nur nich brommen, et wird schon kommen!«
    »Vater«, sagte Otto, »du kennst die Gertrud Gudde ja gar nicht. Sie ist tüchtig, sie ist fleißig, sie hat aus mir einen Mann gemacht …«
    »Aus dir hat se’nen Kerl jemacht, der seinem Vater in de Schnauze schlägt un denn noch sagt: Freu dir, Fritzchen, morjen jibt’s Selleriesalat! Morjen macht ihr doch Hochzeit, wat?«
    »Ja«, sagte Otto fest. »Ich wollte mir nur von dir die Papiere holen. Es hilft nichts, Vater. Ich kann doch nicht aus Rücksicht auf dich die Gertrud sitzenlassen.«
    »Ach so, wejen die Papiere biste rinjekommen?! Und ick Dussel habe mir wirklich im ersten Oojenblick jefreut! Nachher freilich ha’ ick jleich jemerkt, det de wat aufm Kerbholz hattest.«
    »Was kannst du gegen die Heirat sagen, Vater?«
    »Jar nischt, aber jar nischt. Nu paß uff, mein Sohn!« Er faßte in die Tasche. »Det sind meine Schlüssel. Nu jehste zu Muttern un schließt’n Schreibtisch uff, da liejen deine Papiere …«
    »So geht das nicht, Vater«, sagte Otto entschlossen. »Sage einen wirklichen Einwand – nicht immer bloß, daß du nicht willst.«
    »So, ick soll noch wat sagen? Hier haste die Schlüssel, un jetzt nimmste sie. Un wenn de denkst, ick sage: Ick bin einverstanden, Otto, mit deine Heirat – so sare ick dir: Nie, un wenn ick dir von Tod un Teufel erretten kann! Darin bin ick nu mal eisern!«
    »Vater …«
    »Ja, det kannste sagen, det steht dir im Munde. Vater! Wie’ne Puppe, wo man uff ’n Bauch drückt. Bei dir hat oochder Bauch bloß immer Vater jesacht, weil de nämlich Hunger hattest, un ick sollte dir ernähren.«
    »Sag doch endlich, Vater, was kannst du gegen die Heirat sagen?! Ich bin siebenundzwanzig …«
    »Jar nischt kann ick sagen. Det sare ick: Wenn du mit einer in de Betten jehst, so vornehm bin ick jar nich, da stoß ick mir nich dran, immer los, wenn’s Spaß macht. Aber det de deinen Jungen vier Jahre werden läßt, un denn haste erst den Mut, es deinem Vater zu sagen, und dann auch noch in ’ner Kneipe, weil de denkst, er jeniert sich vor de Leute. – Aber der Justav jeniert sich nich, der is eisern …«
    »Ja, das bist du wirklich, Vater, eisern mit deinem Dickkopf …«
    »Der Justav, der is eisern! Zu’nem Schlappschwanz sagt er Schlappschwanz, und zu’nem Feigling sagt er Feigling! Und mit ’nem Feigling sitzt er nich an einem Tisch. – Ick habe mir jefreut, wie de mit det Jlas Bier durch det Lokal auf mir zujeschaukelt bist, aber nu nehm ick mein Jlas Bier, und nu setz ick mir an ’nen andern Tisch …«
    Er sah seinen Sohn bitterböse an, er nahm das Glas Bier, stand auf. Aber er ging noch nicht, er sah ihn an. »Die Schlüssel haste«, sagte er. »Un um achte habe ick abjefüttert, und dann biste weg. Un wenn de deine Mutter besuchen willst, bei Tage bin ick meistens nich da …«
    »Aber, Vater, was soll das alles? Sei doch einmal vernünftig …«, bat Otto noch einmal.
    »Vernünftig …? Bin ick vernünftig? Bist du vernünftig? Det wissen wir alle beede nich! Aber wieso du von mir verlangen tust, ick soll vernünftig sein, det versteh ick nich. Wenn ick unvernünftig bin, bin ick unvernünftig, aber eisern bleibe ick darum doch. Ick bleibe eisern, und du bleibst schlapp, un darum trinke ick mein Bier alleine …«
    Damit ging der eiserne Gustav nun wirklich. Er ging mit dem Glas Bier in der Hand, aber er ging nun nicht etwa durch das ganze Lokal, sondern nur bis an den direkt daneben stehenden Tisch. Da setzte er sich, mit dem Rücken zu Otto,und rief: »Herr Budiker, noch ’ne Molle, weil’s so schlecht schmeckt!«
    Otto saß noch eine Weile grübelnd. Manchmal sah er den Rücken des Vaters an, manchmal die Schlüssel. Aber schließlich besann er sich auf die ängstlich wartende Gertrud. Er nahm die Schlüssel, stand auf. Einen Augenblick sah er wieder zögernd auf den Vater, sagte dann: »Guten Abend, Vater.«
    »’n Abend«, sagte Hackendahl gleichgültig.
    Wieder wartete Otto, aber der Alte nahm nur sein Bier und trank.
    So ging Otto.

13

    Der Baum war aus dem Pflanzgarten versetzt worden, er stand in neuer Erde, er wuchs und gedieh. Er trieb neue Zweige, er wurde stärker – das Versetzen hatte ihm gutgetan.

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