Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)
gejagt hat. Er hat mir die Spritze gegeben!«
Rupert senkte den Kopf und warf ihm einen finsteren Blick zu, während sich das Sonnenlicht auf der Brücke seiner Plastikbrille spiegelte. »Und wer, glaubst du, Nico, hat die Spritze aufgezogen?«
Nicos dicke Augenbrauen schienen zu verschmelzen. »Du dienst also dem Ritter?«
»Bitte red nicht so wie die Leute in Herr der Ringe. Und bezeichne ihn nicht mit so albernen Namen wie Ritter . Er …«
»Nenne ihn Ritter. Du arbeitest für den Ritter!«
»Er bezahlt mich dafür, dass ich einen Job erledige, also erledige ich den Job. Das ist alles, Nico. Und jetzt beweise mir bitte, dass du hier Fortschritte gemacht hast. Ich weiß, dass du kein Killer bist. Nicht mehr. Bitte zeig mir nicht, dass ich mich irre.«
»Aber dass du einfach so deinen Job riskierst …«
»Nico, vor zwei Monaten habe ich fünfhundert Milligramm Methylphenidat aus der Apotheke des Krankenhauses gestohlen und sie zu einem lächerlichen Preis verkauft. Ich dachte, ich würde meinem Neffen damit helfen. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass die falschen Leute das herausgefunden haben, einschließlich deines sogenannten Ritters. Also geht es jetzt nicht mehr nur um meinen Job, sondern es geht darum, dass ich nicht ins Gefängnis komme.«
Nico blinzelte und sah sich um, suchte nach der First Lady. Aber er konnte sie nicht mehr finden. Stattdessen sah er nur Clementine und die blonde Perücke, die schief auf ihrem Kopf saß. Er schloss die Augen und wusste, dass sich der Lauf seines Schicksals in diesem Augenblick veränderte. Vergiss den Ritter. Vergiss Wallace. Vergiss alles. Nach all den Jahren wartete jemand anders auf der anderen Seite der Krankenhausmauer auf ihn: seine Tochter. Clementine. Nico konnte sich keine bessere Belohnung vorstellen.
»Letzte Chance, Nico. Willst du deine Freiheit oder nicht?«
Nico drehte sich zu der offenen Tür herum, die auf den betonierten Bereich der Laderampe führte. Ja, die Tür war offen, aber er sah hinter dem betonierten Bereich das äußere Rolltor, das immer noch geschlossen war. An der Wand befand sich ein Hightech-Tastenfeld. Wenn er wirklich nach draußen wollte, musste er das Garagentor öffnen, und dazu brauchte er einen Ausweis.
Nico blickte zu Rupert zurück und bemerkte dessen Ausweis, der an einem Band um seinen Hals hing.
»Du musst tun, was du tun musst«, meinte Rupert und deutete auf den immer noch mit Plastik überzogenen, u-förmigen Empfangstresen. Auf dem Plastik lag ein Bleistift. Frisch gespitzt.
Nico zögerte. Aber nicht lange.
Langsam griff er nach dem Bleistift, wie ein Arzt, der sein Lieblingsskalpell auswählt.
Rupert verzog das Gesicht und bereitete sich auf den Schmerz vor. »Tu mir nur einen Gefallen: Sorge dafür, dass es aussieht, als hätte ich mich ordentlich gewehrt, okay?«
In einer schnellen Bewegung packte Nico Ruperts Handgelenk und rammte den Bleistift in Ruperts Unterarm. Mit einem feuchten Schmatzen drang der Bleistift durch die behaarte Haut, und dann drang die Spitze unten heraus. Es sah aus wie einer dieser Pfeile, die man in Scherzartikelläden findet. Blut spritzte auf Nicos Brust und zwei Tropfen landeten auf seinem Kinn.
»Ahhh!« Rupert schrie und schlug heftig auf den Tisch, als seine Knie nachgaben.
Nico hielt Ruperts Handgelenk fest und zog den Unterarm zu sich,um die Wunde zu untersuchen. Es kam sehr viel Blut, ohne dass er irgendwelche großen Arterien, Organe oder Blutgefäße getroffen hatte.
»Zieh ihn nicht heraus, sonst blutet es noch mehr«, warnte Nico Rupert, während er ihn auf einen Stuhl in der Nähe setzte.
»Dieses … Dieses Mädchen, mit dem du heute Morgen geredet hast, ist deine Tochter, stimmt’s?« Ruperts Stimme wurde schwächer. »Geht es bei all dem hier eigentlich um sie?«
Nico betrachtete Rupert. Ihm war klar, dass dieser Mann nichts über den Präsidenten wusste und darüber, was passieren würde. Nico riss mit einer kurzen Bewegung den Ausweis von Ruperts Hals und durchsuchte dessen Taschen. Er fand einen Schlüsselring. Jetzt hatte er etwas, was er dem Wachmann am Haupteingang des Krankenhauses in den Hals rammen konnte.
Er ging zu der offenen Tür, die zur Laderampe führte.
Rupert drückte seinen verletzten Arm an die Brust. Der Bleistift steckte immer noch in der Wunde. »Weißt du, Nico, es gibt nur eine Sache, bei der ich dich nie belogen habe. Du bist immer noch eine Nervensäge«, meinte er und rang sich ein Lächeln ab.
Nico zog den Ausweis
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