Der Gandolfo-Anschlag - Ludlum, R: Gandolfo-Anschlag
starr und wirkte irgendwie kalt. Der Hawk fuhr fort. Er hatte nicht mehr viel zu sagen. Die tiefschürfenden Kommandoanalysen würden später kommen. In gewisser Weise war er sogar froh, daß Devereaux so extrem reagierte. In seiner Begeisterung hätte er dem Anwalt beinahe taktische Informationen gegeben, von denen er gar nicht sicher war, ob Devereaux sie überhaupt bekommen sollte.
»Ich habe Sie nicht leichtfertig ausgewählt. Die Wahl des Ersten Adjutanten ist für einen Kommandanten nie einfach, denn der Führungsadjutant ist in mannigfacher Hinsicht so etwas wie eine Verlängerung seiner eigenen Person. Sie sind wegen Ihrer Verdienste ausgewählt worden, Junge. Ich will nicht sagen, daß Sie ideal sind. Sie haben Ihre Schwächen. Das habe ich Ihnen ja gesagt. Aber verdammt, Ihre Aktivposten überwiegen die Passivposten. Ich sage das als ehrlicher Freund ebenso wie als vorgesetzter Offizier.
»Nun werde ich Ihnen einige Befehle erteilen, von denen ich erwarte, daß Sie sie ausführen, ohne immer exakt zu wissen, weshalb sie lebenswichtig sind. Sie werden sie einfach akzeptieren müssen. Die Befehlsgewalt ist eine sehr einsame Verantwortung. Man hat nicht immer Zeit, anderen Menschen Gründe für diese oder jene Entscheidung mitzuteilen. Fragen Sie jeden beliebigen Frontoffizier, der ein Bataillon ins feindliche Feuer schickt. Aber Sie werden Hervorragendes leisten, ich weiß das einfach. Und falls Sie jemals in Versuchung kommen sollten, die Befehle Ihres vorgesetzten Offiziers in Frage zu stellen — oder wenn Sie das Gefühl haben sollten, daß Ihr Gewissen es Ihnen nicht gestattet, sie auszuführen, dann sollten Sie sich vor Augen führen, daß unser Investor Angelo Dellacroce der Ansicht ist, Sie allein hätten jene Liste seiner illegalen Aktivitäten zusammengestellt und mir geliefert, als Rechtsanwalt und Schriftführer-Schatzmeister der Shepherd Company. Ich glaube, das ist der Grund, weshalb er Ihnen nicht die Hand geben wollte. In Verbindung mit Ihren G-2-Spionageverfehlungen
würde ich sagen, daß Ihre Position einigermaßen unhaltbar war. Aber an Ihrer Stelle würde ich mich eher dafür entscheiden, gegen die Hochverratsanklagen der Regierung anzugehen als gegen unseren Investoren, Mr. Dellacroce. Ich glaube, dieser Mafiabastard würde Ihnen die Eier abschneiden, durch den Fleischwolf drehen und bei Ihrem Begräbnis als Pastete auf den Tisch bringen. Wie Sie vorher ganz richtig sagten, es würde wahrscheinlich ein sehr teures Begräbnis werden.«
Jetzt gab es für den Hawk keinen Anlaß mehr, seinem Führungsadjutanten die Hand über den Mund zu halten. Sam hatte in einer Aufwallung von Panik ein paar unartikulierte Geräusche von sich gegeben und die Besinnung verloren.
Das Mondlicht, das durch die Blätter der mächtigen Eiche neben dem sechsten Loch schien, zeichnete gelbe und weiße Muster über Sams junge, friedliche, ohne Zweifel kräftige Züge.
Verdammt, dachte MacKenzie, aus dem Jungen wird noch was. Er braucht nur noch etwas Zeit, um die Fakten des Lebens in sich aufzunehmen. Aber wenn man das nicht weiß, würde man jetzt glauben, daß der Hundesohn tot ist.
10.
Sam Devereaux sank mutlos in den Hotelsessel und wünschte sich, er wäre gestorben.
Nun, nicht ganz — aber das würde sicher eine ganze Menge Probleme lösen. Es war natürlich durchaus möglich, daß es zu seinem Ableben kam, ob er sich dies nun wünschte oder nicht. Was seinen Blick zu dem verrückten, nicht offiziell eingereichten, aber ausgefüllten Vertrag über die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zwischen der Shepherd Company, MacKenzie Hawkins, Vorstandsvorsitzendem, der North Hampton Corporation mit Mrs. Angelo Dellacroce als Vorstandsvorsitzendem und
der Banque de Geneve, Schweiz, als Depositär zurücklenkte. Er hielt das Dokument in der Hand und fragte sich etwas abwesend, was eigentlich aus seinen Fingernägeln geworden war.
Da, auf der ersten Seite, ganz deutlich, direkt unter dem Titel des Vorstandsvorsitzenden und über der Zeile, die für den Schriftführer-Schatzmeister reserviert war, stand sein Name.
Mr. Samuel Devereaux, Rechtsanwalt, Suite 4-F, The Drake Hotel, New York City.
Er überlegte, ob er die Eintragung in bezug auf das Drake Hotel ändern sollte, gab den Gedanken dann aber wieder auf. Was für einen Sinn hatte das schon? Auf der einen Flanke ( Flanke ?) stand die Regierung der Vereinigten Staaten mit ihren eindeutigen Spionagegesetzen. Und auf der anderen hatten
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