Der Gitano. Abenteuererzählungen
Philadelphia und von da noch weiter, wohin Ihr wollt. Ist’s Euch recht?«
»Hm, recht wär mir’s schon, wenn ich nur auch wüßte, daß Ihr Wort haltet!«
»Teufel! Haltet Ihr mich für einen Lügner?«
»Nein. Ihr habt mir noch keine Veranlassung dazu gegeben. Aber das alte Californien ist in neuerer Zeit ganz dazu angethan, Einen mißtrauisch oder wenigstens vorsichtig zu machen.«
»So will ich Euch Sicherheit geben! Ich kann ohne Frau mein Geschäft nicht länger mehr fortsetzen, und Eure Tochter hat ein verteufelt einnehmendes Gesicht, so daß ich glaube, ich bin über alle Maßen verliebt in sie. Gebt sie mir zum Weibe, und ich versichere Euch, ich mache sie zu meinem Buchhalter und gebe ihr sogar die Kasse über. Ist Euch das nicht genug?«
»Hm, ja. Aber habt Ihr denn schon mit dem Mädchen gesprochen?«
»Nein, scheint mir auch nicht nöthig zu sein. Der Doctor Haffley ist schon der Mann, ein Mädchen zu bekommen, wenn er sie überhaupt haben will, und gegen Eueren Willen wird sie auf keinen Fall schwimmen können.«
»Das ist wohl wahr; aber ich denke, daß sie bei so einer wichtigen Sache ihren Willen ebenso gut haben muß wie ich den meinigen, und so gern ich ja sage, wenn sie dagegen ist, so unterbleibts. Also sprecht vorher mit ihr, Doctor und kommt dann wieder!«
»Soll gleich geschehen; habe nicht viel Zeit zu solchen Sachen übrig, habe einundzwanzig Patienten oben liegen, die mir viel zu schaffen machen. Wo ist sie?«
»Weiß nicht; vielleicht draußen vor dem Thore.«
»Schön! Muß sie finden, werde nach ihr suchen!«
Er wandte sich nach der Thür, blieb aber überrascht stehen, denn vor ihm stand Anitta und Eduard, die in diesem Augenblicke aus der Küche getreten waren.
»Hier ist sie, die Ihr sucht, Master Doctor,« meinte der junge Mann, »und die Angelegenheit, die Ihr mit ihr besprechen wollt, wird nicht viel Zeit wegnehmen.«
»Wieso, wie meint Ihr das, Sennor Edouardo?« frug Haffley, welcher seinen Nebenbuhler wohl kannte, da er ihn fast täglich bei den Eltern Anitta’s getroffen hatte.
»Ich meine, daß Ihr zu spät kommt, da ich soeben mit Anitta einig geworden bin. Sie hat keine Lust, Frau Doctorin zu werden, und will es lieber einmal mit mir versuchen!«
»Ist das wahr, Anitta?« frug Werner, vor Ueberraschung sich erhebend und die ausgeglimmte Cigarette aus der Hand werfend.
»Ja, Vater. Oder ist es Dir nicht recht so?«
»Recht? O, recht würde es mir schon sein, denn ich habe den Jungen selber lieb; aber was thut Ihr mit der bloßen Liebe in einem Lande, wo Weg und Steg mit blanken Dollars bepflastert sind? Sennor Edouardo ist noch jung; er kann es noch zu Etwas bringen, wenn er sich nicht vorzeitig an ein Mädchen hängt. Der Doctor aber weiß schon längst, was er hat; das ist der Unterschied, Anitta; er will mit nach Deutschland gehen und – –«
»Eduard geht auch mit,« unterbrach ihn das Mädchen; »er will – –«
»Kann er denn? Es gehört mehr dazu als der gute Wille.«
»Sennor Carlos,« meinte Eduard jetzt, »es ist jetzt nicht der Augenblick, uns in der richtigen Weise auszusprechen. Aber sagt mir einmal aufrichtig: Würdet Ihr mir Anitta geben, wenn ich weniger arm wäre als jetzt?«
»Ja.«
»Und wie viel müßte ich haben?«
»Hm, das ist schwer zu sagen! Je mehr, desto besser; wenigstens aber müßte es zulangen, um die Heimath erreichen und dort ein Gütchen oder so Etwas kaufen zu können.«
»Und werdet Ihr mir Zeit geben, so viel zu erwerben?«
»Zeit? Wie lange meint Ihr denn?«
»Sechs Monate!«
»Hm, das ist nicht übermäßig lang. Was sagt Ihr dazu, Doctor?«
»
Damn it,
das klingt grad wie ein trockenes, regelrechtes Geschäft; erlaubt, daß ich mit beitrete!«
»Das sollt Ihr!«
»So will ich Euch einen Vorschlag machen, Master Carlos!«
»Welchen?«
»Ihr wollt doch wohl hinauf nach den Minen, Master Edouardo?« frug er höhnisch, sich zu dem jungen Manne wendend.
»So ist es.«
»
Well,
Sir; wir geben Euch sechs Monate Zeit. Kommt Ihr bis dahin mit dreitausend Dollars zurück, so ist Miß Anitta Euer und ich sage kein Wort dagegen. Kommt Ihr aber nicht, oder mit weniger, so ist die Miß mein. Seid Ihr einverstanden, Master Carlos?«
»Vollständig, vorausgesetzt, daß Eure Verhältnisse so sind, wie Ihr sie mir beschrieben habt!«
»Sie sind so! Also wir sind einig.
Good bye;
ich muß zu meinen Fieberkranken.«
Wieder stieg ein junger Mann die Anhöhe nach der Mission herauf und wandte sich am
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