Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo
werden wohl zwischen 160 bis 200 Tote gewesen sein. Trotz all dieser Verbrechen ist Nkunda wegen dieser Vorfälle nie angeklagt worden. Er behauptet, alle Anschuldigungen seien unwahr. Es ist jedenfalls das erste Mal, dass er in Zusammenhang mit Kriegsverbrechen gebracht wird.
Die Ereignisse haben jedoch unter anderem ein groteskes Nachspiel. Nachdem die UN-Truppe MONUC eine Untersuchung der Vorfälle durchgeführt hat, bricht Nkunda mit einigen Soldaten in den MONUC-Posten am Hafen von Kisangani ein, setzt zwei zivile Mitarbeiter der UN fest und verprügelt sie etwa 20 Minuten lang. Dann lässt er sie wieder frei. Nie hat eine Blauhelmtruppe versucht, ihn dafür zur Rechenschaft zu ziehen, obwohl er sich wenige Tage später dafür entschuldigt, seine Tat also eingeräumt hat, und zwar mit dem Argument, er habe geglaubt, es handele sich lediglich um Kongolesen. Nkunda wird daraufhin mehrfach versetzt, bis er schließlich, noch im Jahr 2002, Kommandeur der Truppen in der Nord-Kivu-Region wird, in der auch der Virunga-Nationalpark liegt. Zu den Verbrechen, die Männer unter seinem Befehl dort begehen, gehören Mord, Vergewaltigung und Raub. Nkunda lehnt jede Verantwortung dafür ab. Wie Kriegsherren in der gesamten Geschichte der Menschheit erklärt er die Opfer solcher Gewalttaten zu Kollateralschäden.
Laut Friedensschluss, den die Kriegsparteien im Kongo 2002 in Südafrika besiegeln, sollen Rebelleneinheiten in die neu gegründete reguläre kongolesische Armee, die Forces Armées de la République Démocratique du Congo (FARDC), integriert werden. Auch Nkundas Männer und er selbst gehören dazu. Die Offiziere der Rebellen sollen quasi als Kaufpreis für Frieden auch in der neuen Truppe hohe Ränge bekleiden. Zusammen mit einigen anderen weigert sich Nkunda allerdings, zum Dienst in Kinshasa zu erscheinen. Sie fürchten, für die Verbrechen ihrer Männer zur Rechenschaft gezogen zu werden. Das Friedensabkommen gewährt Kämpfern zwar eine Amnestie dafür, dass sie gegen den kongolesischen Staat gekämpft haben, aber nicht für Verbrechen gegen die Mensch lichkeit oder die Ausführung eines Genozids. Nkunda selbst stellt seine Weigerung als Schutzmaßnahme für seine Männer dar. Er behauptet, es gebe kein festgeschriebenes Prozedere für deren Integration in die Armee. Als er schließlich wegen seiner Weigerung, in die Armee einzutreten, vor einem Militärgericht angeklagt wird, zieht er sich mit seinen Getreuen in die Wälder rund um die Stadt Masisi zurück.
Die folgenden Monate nutzt Nkunda, um mit Unterstützung von Kämpfern aus Ruanda in den Flüchtlingscamps, die sich entlang der kongolesischen Grenze aneinanderreihen, Männer zu rekrutieren. Wenn sie sich den Werbern nicht freiwillig anschließen, werden sie verprügelt und mit noch Schlimmerem bedroht. Besonders begehrt sind Männer mit Kampferfahrung. In den Camps der Demobilisierten, in denen die ehemaligen Soldaten herumlungern und darauf warten, dass ihnen eine versprochene Abfindung gezahlt wird, lassen sich besonders leicht Freiwillige finden. Der Verweis auf die Verbundenheit der Tutsi untereinander, seien sie nun aus Ruanda oder aus dem Kongo, lässt die Einschreibelisten weiter wachsen.
Aus Ruanda erhalten Nkunda und andere Rebellenoffiziere auch Waffenlieferungen. Von der Kalaschnikow über Handgranaten, Panzerfäuste und Mörser bis zu Raketenwerfern ist alles dabei, was eine schlagkräftige Bodentruppe im Kampf benötigt. Die Rebellen planen, die Macht im Osten des Kongos zu übernehmen. Sie wollen einen unabhängigen Staat gründen, der sich durch seine Bodenschätze finanzieren soll.
An vielen Stellen der Region werden ruandische Soldaten gesehen. Selbst die Blauhelmtruppe stößt auf die Streitkräfte und sieht sich genötigt, sie zu umzingeln und außer Landes zu schaffen. Die fremden Kämpfer dringen auch in den Mikenosektor vor, jenen Teil des Virunga-Nationalparks, in dem die Berggorillas leben. Sie heuern Einheimische an, um den Wald zu roden. Das gewonnene Land soll als Acker oder Viehweide genutzt werden. Den Arbeitern versprechen sie das Holz der geschlagenen Bäume als Lohn.
Eine UN-Untersuchungskomission, die hierzu ermittelt, findet an Ort und Stelle eine kahle Fläche. Die Soldaten sind allerdings verschwunden. Trotz zahlreicher Vorkommnisse dieser Art erklärt der ruandische Präsident Paul Kagame im April 2004 in einem BBC-Interview, dass sich kein einziger ruandischer Soldat im Territorium der Demokratischen Republik
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