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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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mußten.
    Ein Mann vom Gepräge des Grafen konnte nicht lange in dieser trüben Stimmung bleiben; er sagte sich, daß sich ein Irrtum in seine Berechnungen eingeschlichen haben müsse, da er fast dahin gelangt war, sich selbst zu tadeln.
    »Ich sehe die Vergangenheit falsch an!« sagte er. »Ich kann mich nicht so getäuscht haben. Was! Das Ziel, das ich mir gesetzt hatte, sollte wahnwitzig gewesen sein! Ich sollte seit zehn Jahren einen Irrweg begangen haben! Eine Stunde hätte genügt, um dem Architekten zu beweisen, daß das Werk aller seiner Hoff nungen ein, wenn nicht unmögliches, so doch verwerfl iches Werk sei!
    Ich will mich nicht an diesen Gedanken gewöhnen, er würde mich wahnsinnig machen. Was meinen Erwägungen von heute fehlt, ist die richtige Würdigung der Vergangenheit, weil ich diese Vergangenheit vom andern Ende des Horizonts sehe. Es geht mir wie den Leuten, die sich im Traum verwundet haben; sie sehen ihre Wunde an und fühlen sie und erinnern sich nicht, sie empfangen zu haben.
    So will ich mich denn für einen Augenblick wieder in mein elendes Leben von früher zurückversetzen; ich will noch einmal die Wege beschreiten, auf die das Verhängnis mich gestoßen hat, wo das Unglück mich geführt und die Verzweifl ung mich gepackt hat.
    Zuviel Gold und Edelsteine strahlen heute von dem Spiegel zurück, in dem Monte Christo den Dantès betrachtet. Hinweg damit! Jetzt, da ich reich bin, will ich noch einmal arm sein, da ich frei bin, noch einmal gefangen, da ich wieder zum Leben erwacht bin, noch einmal im Grabe liegen.«
    Indem er so mit sich sprach, ging Monte Christo die Rue de la Caisserie entlang. Es war dieselbe Straße, durch die er vor vierundzwanzig Jahren in der Stille der Nacht von den Gendarmen geführt worden war; diese Häuser, jetzt voll heiteren Lebens, waren in jener Nacht fi nster, stumm und geschlossen gewesen.
    Er ging zum Kai hinunter und kam an die Stelle, wo er damals eingeschiff t worden war. Ein Boot fuhr vorbei; Monte Christo rief den Führer an, und das Boot kam auf ihn zu.
    Das Wetter war prächtig, die Fahrt war ein Fest. Am Horizont stieg die Sonne rot und fl ammend in die Fluten hinab; das spie-gelglatte Meer furchte sich manchmal, wenn hier und da ein Fisch, der von einem verborgenen Feind verfolgt wurde, aus dem Wasser sprang; in der Ferne fuhren weiß und anmutig Fischerbarken und Handelsschiff e, die Ladung nach Korsika oder Spanien hatten, dahin.
    Trotz dieses schönen Himmels, trotz des goldenen Lichtes, das alles um ihn her umfl utete, waren dem Grafen, während er in seinen Mantel gehüllt dahinfuhr, alle Einzelheiten jener schrecklichen Fahrt gegenwärtig: das einsame Licht, das im Katalonierdorf gebrannt hatte; der Anblick des Schlosses If, der ihm klarmachte, wohin er gebracht wurde; der Kampf mit den Gendarmen, als er sich ins Meer stürzen wollte; seine Verzweifl ung, als er sich besiegt fühlte, und die Kälte des Eisens, als ihm der Lauf des Karabiners an die Schläfe gesetzt wurde.
    Der Himmel bedeckte sich für ihn mit einem Trauerfl or, und die Erscheinung des schwarzen Riesen, den man das Schloß If nennt, ließ ihn erbeben, als ob ihm plötzlich das Gespenst eines Todfeindes erschienen wäre.
    Die Barke stieß ans Land. Instinktiv wich der Graf bis zum äußersten Ende der Barke zurück; er achtete nicht darauf, als der Führer sagte: »Wir landen.« Er erinnerte sich daran, daß ihn an dieser selben Stelle, auf diesem selben Felsen seine Wächter mit Gewalt fortge-schleppt hatten, daß man ihn gezwungen hatte, diese Rampe empor-zusteigen, indem man ihn mit einem Bajonett in die Hüfte stieß.
    Edmund Dantès war damals die Überfahrt sehr lang erschienen, Monte Christo dagegen hatte sie sehr kurz gefunden; jeder Ruderschlag hatte Gedanken und Erinnerungen emporwirbeln lassen.
    Seit der Julirevolution befanden sich im Schloß If keine Gefangenen mehr; in den Wachstuben war ein Posten untergebracht, um auf die Schmuggler zu achten; ein Hausmeister erwartete die Besucher an der Tür, um ihnen die frühere Schreckensfeste, die jetzt eine Sehenswürdigkeit geworden war, zu zeigen.
    Als Monte Christo die dunkle Treppe hinunterstieg und zu den Verliesen geführt wurde, die er zu sehen gewünscht hatte, überzog eine tiefe Blässe seine Stirn, und der kalte Schweiß brach bei ihm aus.
    Er erkundigte sich, ob noch ein früherer Kerkermeister aus der Zeit der Restauration da sei; aber alle waren pensioniert oder in andre Stellen versetzt.
    Der Hausmeister,

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