Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
Belohnung für die Verwundeten benötigt wird.«
»Und wo sind diese siebzigtausend Francs?«, fragte Bonaparte.
»Hier, bitte sehr«, sagte Fouché, und er legte einen Beutel voller Goldmünzen und Banknoten auf den Tisch.
Bonaparte leerte den Beutel neugierig aus. Es waren vierzigtausend Francs in holländischen Sovereigns, der Rest in Papiergeld.
»Oho!«, sagte Bonaparte. »Bezahlt jetzt Holland meine Meuchelmörder?«
»Nein, man hat lediglich befürchtet, mit englischem Gold Verdacht zu erregen.«
»Und wie haben Sie dieses Geld in die Finger bekommen?«
»Sie kennen doch den alten Polizeigrundsatz: Cherchez la femme! «
»Und?«
»Ich habe die Frau suchen lassen und sie gefunden.«
»Erzählen Sie schnell, ich bin heute neugierig.«
»Nun, ich wusste, dass eine gewisse Izaï, eine Kurtisane aus dem vierten Stand, sich den Verschwörern angeschlossen hatte und bei der Obsthändlerin ein Zimmer gemietet hatte, in dem sie sich bisweilen trafen. Als Georges in das Kabriolett stieg, folgte sie ihnen aus der unbeleuchteten Gasse. Georges schien zu ahnen, dass er verfolgt wurde, und er hatte nur noch Zeit, den Beutel, den er in der Hand hielt, der Frau in die Schürze zu werfen und zu rufen: ›Zu dem Parfumeur Canon!‹ Diese Worte hörte Caniolle, der wiederum nur noch Zeit hatte, zu einem Polizisten zu sagen: ›Beschatten! ‹«
»Und was heißt das?«, fragte Bonaparte.
»Der Dirne folgen und sie nicht aus den Augen verlieren. Doch als sie unmittelbar nach Georges’ Verhaftung den Carrefour de l’Odéon erreichte und die Menschenmenge sah, die sich über das Geschehen unterhielt, wagte sie nicht weiterzugehen. Sie erfuhr, dass Georges festgenommen war, und fürchtete sich noch mehr; weil sie nicht wagte, nach Hause zu gehen, suchte sie Zuflucht bei einer Freundin, der sie das Päckchen zur Aufbewahrung übergab.
Ich ließ die Wohnung der Freundin durchsuchen, und so fanden wir das Päckchen. Das war alles, nicht weiter schwierig.«
»Und das Straßenmädchen haben Sie nicht festnehmen lassen?«
»Gewiss doch, wir brauchten sie ja nicht mehr. Oh, das ist eine fromme Person«, fuhr Fouché fort, »die es verdient hätte, dass der Himmel ihr besseren Schutz angedeihen ließe.«
»Was soll das heißen, Monsieur?«, fragte Bonaparte mit gerunzelter Stirn. »Sie wissen, dass ich Scherze auf Kosten der Religion nicht schätze.«
»Wissen Sie, was diese Person um den Hals hängen hatte?«, fragte Fouché.
»Woher soll ich das wissen?« fragte Bonaparte zurück, der sich nolens volens aus Neugier auf die verschlungenen Mäander der Erzählweise Fouchés einließ, ein Privileg, dessen sich niemand außer Fouché erfreute, denn zu den Eigenschaften, über die Bonaparte nicht verfügte, gehörte die des Zuhörenkönnens.
»Nun, sie trug ein Medaillon mit der Aufschrift:
Splitter vom wahren Kreuz
Verehrt in der Sainte-Chapelle in Paris
Und in der Stiftskirche von Saint-Pierre in Lille.«
»Schon gut«, sagte Bonaparte. »Nach Saint-Lazare mit ihr. Die Kinder des bedauernswerten Buffet und die Kinder Caniolles werden auf Staatskosten erzogen. Von dem Geld, das bei der Freundin der Dirne Izaï sichergestellt wurde, geben Sie der Witwe Buffet fünfzigtausend Francs, den Rest bekommt Caniolle. Ich lege eine Pension von tausend Francs aus meiner Privatschatulle für die Witwe Buffet dazu.«
»Wollen Sie, dass sie vor Freude tot umfällt?«
»Wieso das?«
»Weil sie den Tod ihres Ehemannes schon als Erlösung begrüßt haben dürfte.«
»Ich verstehe Sie nicht«, sagte Bonaparte, der die Geduld zu verlieren begann.
»Wie! Sie verstehen nicht? Wohlan! Der Ehemann war ein ausgemachter Tunichtgut, der sich jeden Abend einen gehörigen Rausch antrank und jeden Morgen seine Frau grün und blau schlug. Ohne es zu ahnen, hat unser guter Georges zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.«
»Aber nun«, sagte Bonaparte, »nachdem Georges hinter Schloss und Riegel sitzt, möchte ich die Verhörprotokolle einsehen, sobald Sie darüber verfügen. Ich will diese Geschichte Schritt für Schritt und mit größter Aufmerksamkeit verfolgen.«
»Ich habe Ihnen das erste Protokoll mitgebracht«, sagte Fouché, »und es liest sich nicht gerade wie Vergil oder Horaz, wie wir sie ad usum delphini den Schülern der Oratorianer von Paimbœuf zu lesen geben, sondern es ist Wort für Wort die Mitschrift dessen, was Georges und Monsieur Réal gesagt haben.«
»Werden die Worte der Angeklagten in den Verhörprotokollen in
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