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Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Hémard, »weil Sie Diktator werden wollten.«
    »Diktator, ich?«, rief Moreau. »Dann möchte ich meine Parteigänger sehen! Meine Parteigänger sind alle französischen Soldaten, da ich neun Zehntel von ihnen befehligt und mehr als fünfzigtausend von ihnen gerettet habe. Das sind meine Parteigänger. Alle meine Adjutanten, alle Offiziere, mit denen ich zu tun hatte, wurden verhaftet, und dennoch ließ sich gegen keinen von ihnen der Schatten eines Verdachts erhärten. Es war die Rede von meinem Vermögen: Ich habe zu Anfang nichts besessen und besitze heute nur ein Haus in Paris und meine Ländereien von Grosbois; meine Bezüge als kommandierender General betragen vierzigtausend Francs, aber ich hoffe, dass man diesen Betrag nicht mit meinen Verdiensten gleichsetzen wird.«
    In diesem Augenblick ereignete sich ein seltsamer Zwischenfall, fast wie von dem General und seinem Adjutanten Lecourbe ausgeheckt, um die Macht des Siegers von Hohenlinden besonders eindrucksvoll in Szene zu setzen: Lecourbe betrat den Gerichtssaal mit einem Kind in den Armen.
Es war Moreaus Sohn, den er ihm brachte, damit der Vater ihn in die Arme schließen konnte, doch die Soldaten, die den Gerichtssaal bewachten und nicht wussten, wessen Kind da gebracht wurde, verweigerten Lecourbe den Zutritt. Da hob dieser das Kind hoch und rief: »Soldaten, lasst den Sohn eures Generals passieren!«
    Kaum waren diese Worte erklungen, präsentierten alle Militärs im Saal ihre Waffen und alle Zuschauer applaudierten. Hochrufe ertönten: »Es lebe Moreau!«
    Die allgemeine Begeisterung war so groß, dass Moreau nur ein Wort hätte sagen müssen, und das Gericht wäre gestürzt und die Angeklagten wären im Triumph entführt worden.
    Moreau aber schwieg und rührte sich nicht.
    Cadoudal beugte sich zu ihm und flüsterte ihm ins Ohr: »General, noch so eine Gerichtsverhandlung, und es liegt nur an Ihnen, ob Sie noch am selben Abend im Tuilerienpalast schlafen werden.«

46
    Das Urteil
    Bei der Verhandlung am 2. Juni erregte ein unerwarteter Zeuge besonders lebhaftes Interesse: Kapitän Wright, der Kommandant der kleinen Brigg, der die Angeklagten am Fuß der Klippe von Biville abgesetzt hatte.
    Vor Saint-Malo hatte er sich, von einer Windstille überrascht, dem Angriff durch fünf oder sechs französische Schaluppen ausgesetzt gefunden, und nach einem Gefecht, in dessen Verlauf eine Kugel seinen Arm verletzt hatte, war er gefangen genommen worden. Als er erschien, ging ein Raunen durch den Saal.
    Die Zuschauer standen auf, stellten sich auf die Zehenspitzen und erblickten einen kleinen, schmächtigen Mann von schwächlichem Körperbau in der Uniform der englischen Königlichen Marine, den Arm in einer Schlinge. Er gab an, Korvettenkapitän zu sein, fünfunddreißig Jahre alt, und in London bei seinem Freund Kommodore Sidney Smith zu logieren. Da der Zeuge sich nur mit Mühe auf den Beinen hielt, ließ man ihm einen Stuhl bringen. Der Kapitän dankte und setzte sich; er war so bleich, als wäre er einer Ohnmacht nahe.

    Coster Saint-Victor reichte ihm ein Riechfläschchen mit Eau de Cologne. Der Kapitän erhob sich, salutierte beherrscht und mit vollendeter Höflichkeit und wendete sich wieder den Richtern zu. Der Vorsitzende wollte mit dem Verhör fortfahren.
    Der Kapitän aber schüttelte den Kopf. »Ich wurde im Verlauf eines Gefechts gefangen genommen«, sagte er, »und bin Kriegsgefangener; ich bestehe auf den Rechten, die mir daraus erwachsen.«
    Daraufhin verlas man ihm das Protokoll seines Verhörs vom 21. Mai.
    Der Zeuge hörte aufmerksam zu und sagte: »Verzeihen Sie, Herr Vorsitzender, aber ich kann darin nichts von der Drohung finden, die mir gemacht wurde, dass ich vor ein Militärtribunal gestellt und füsiliert werden würde, wenn ich keine Geheimnisse meines Landes verriete.«
    »Georges, kennen Sie den Zeugen?«, fragte der Vorsitzende.
    Georges sah ihn an, zuckte die Schultern und sagte: »Ich habe ihn nie zuvor gesehen.«
    »Und Sie, Wright, wollen Sie endlich auf meine Fragen antworten?«
    »Nein«, erwiderte der Kapitän, »ich bin Kriegsgefangener, und ich verlange, dass ich den Regeln und Usancen entsprechend behandelt werde.«
    »Verlangen Sie, was Sie wollen«, erwiderte der Vorsitzende. »Die Verhandlung wird morgen fortgesetzt.«
    Es war kaum Mittag. Alle verließen den Saal und schimpften auf die Unbeherrschtheit des Vorsitzenden Hémard.
    Am nächsten Tag drängten sich die Massen schon um sieben Uhr morgens um das

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