Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
erkennbar überlegen.
Nach zehnminütigem Gefecht hatte der junge Mann Surcouf einmal getroffen, und Surcouf hatte ihn zweimal getroffen.
Alfred verneigte sich vor Surcouf, gab sich geschlagen und reichte das Florett dem Bankier.
Wie Monsieur Decaen gesagt hatte, war zu jener Zeit auf der Île de France jedermann waffenkundig, sogar ein Bankier. Monsieur Rondeau entledigte sich seines Überrocks, holte seine Brieftasche hervor, die er in die Hosentasche beförderte, und ging in Auslage.
Das Gefecht zwischen ihm und Surcouf war von größter Ausgewogenheit: Beide trafen den Gegner zweimal, und Surcouf nahm zuletzt die Maske ab und reichte sein Florett René.
»Mein lieber Surcouf«, sagte dieser, »du weißt, wie ungern ich vor Zuschauern fechte, besonders vor so sachkundigen Zuschauern wie diesen. Erlasse es mir, nach dir zu fechten, und erlaube mir, mich auf den Ruf zurückzuziehen, den ich dir verdanke und den ich nur demolieren würde, indem ich ihn aufrechtzuerhalten versuchte.«
»Meine Herren«, sagte Surcouf, »obwohl ich mit René so gut befreundet bin, habe ich ihn nur einmal fechten sehen, und damals gab er die gleichen Gründe an, es nicht zu tun, wie heute. Seien wir ihm also so gefällig, wie er es uns nicht sein will, und geben wir seiner Bescheidenheit nach. Zudem«, fügte er hinzu, »scheint mir, als hörte ich, dass man uns zu Tisch ruft.«
Ein Lächeln des Triumphs zeigte sich auf dem dicken Gesicht Monsieur Rondeaus, das aufblühte wie eine Pfingstrose.
»Wenn Monsieur«, sagte er, »mir nicht die Ehre erweisen will, die Klinge mit mir zu kreuzen, wollen wir es auf später verschieben.«
René verneigte sich, und Surcouf hängte Maske und Florett dort auf, wo er sie geholt hatte.
In der Tat war zum Essen gerufen worden, denn nun sah man Madame Decaen die ersten Stufen des Perrons hinunterkommen.
Die Herren begaben sich zum Haus; der Sohn Monsieur Decaens eilte wie ein Schüler, der seine Mutter seit dem Morgen nicht mehr gesehen hat, zu Madame Decaen und warf ihr die Arme um den Hals.
Man begrüßte einander, wechselte einige Artigkeiten, und als alle darauf warteten, dass der Kavalier für Madame Decaen benannt werde, sagte der General: »Monsieur René, reichen Sie Ihren Arm Madame Decaen.«
René verneigte sich, reichte Madame Deacen seinen Arm und führte sie in das Speisezimmer.
Wie üblich verlief der erste Gang unter dem ausschließlichen Geklirr von Gabeln und Löffeln auf den Tellern; dann lehnte Monsieur Rondeau sich zurück, seufzte tief und wohlig und sagte zu René: »Monsieur René, in der Pause des Theaterstücks gestern habe ich im Café de la Comédie ein Eis zu mir genommen, und da ich sah, dass Neugierige einen Mann umringten, habe ich zugehört, was dieser Mann zu erzählen hatte; offenbar war es ein Matrose, der aus Birma zurückkam. Er tischte so ungeheuerliche Lügenmärchen über seinen Kapitän auf, dass ich mir das Lachen nicht verbeißen konnte.«
»Und was hat er behauptet, Monsieur Rondeau?«, fragte René.
»Er hat behauptet, sein Kapitän hätte mit einem einzigen Hieb eines Entersäbels eine Boa zerteilt, die zwei Elefanten zu erdrücken drohte.«
»Und darüber mussten Sie lachen, Monsieur Rondeau?«
»Aber gewiss doch!«
»Ich kann Ihnen versichern, dass Sie es nicht zum Lachen gefunden hätten, wenn Sie dabei gewesen wären.«
»Halten Sie mich für einen Feigling, Monsieur René?«
»Das habe ich nicht behauptet, Monsieur, doch es gibt Dinge, deren Anblick die Tapfersten einschüchtert. Und derjenige, den Sie gestern hörten, der zwei Tigerjunge am Genick aus dem Dschungel mitgebracht hat und der wie ein Kind zu zittern begann, als er die abscheuliche Schlange erblickte – dieser Mann ist alles andere als ein Feigling, das kann ich Ihnen versichern.«
»Aber ein Scherzbold war er auf jeden Fall«, erwiderte Monsieur Rondeau, »denn er sagte, die Schlange wäre mindestens siebenundfünfzig Fuß lang gewesen.«
»Nicht er hat sie gemessen, ich war es«, erwiderte René gelassen.
»Also sind Sie sein Kapitän?«
»Ja, Monsieur, falls dieser Mann zufällig François heißt.«
»O ja, ja doch, so wurde er von den anderen genannt. Und die Schlange hat tatsächlich zwei Elefanten erdrosselt?«
»Dass sie sie erdrosselt hat, will ich nicht behaupten, aber ich weiß,
dass die Knochen der Elefanten knackten, als würden sie von einem Jagdhund zerbissen, obwohl die Schlange in den letzten Zügen lag, denn ich hatte ihr bereits mit zwei Kugeln
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