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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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lang denken wirst.« Danach pfiff sie abermals und wieder kamen die Meerschweinchen, jetzt mit Küchenschürzen versehen und im Gürtel Rührlöffel und Vorschneidemesser tragend, und ihm folgten eine Menge Eichhörnchen. Sie gingen aufrecht in weiten türkischen Beinkleidern und auf dem Kopf trugen sie grüne Mützchen aus Samt. Sie kletterten sogleich an den Wänden hinauf und brachten Pfannen und Schüsseln und Siebe und Löffel auf den Herd. Alsbald begann die Alte ein geschäftiges Hin- und Herfahren vor den Tiegeln und Pfannen, und der kleine Jakob meinte wohl zu sehen, dass sie es sich recht angelegen sein lasse, ihm etwas Gutes zu kochen. Endlich war das Gericht fertig, sie goss es in eine silberne Schüssel und setzte sie ihm vor.
    Â»Iss nur dieses Süppchen, mein Söhnchen«, murmelte sie, »dann hast du alles, was dir so sehr an mir gefallen. Sollst auch ein geschickter Koch werden, nur das Kräutlein, das sollst du nimmer finden.« Der kleine Jakob verstand nicht recht, was sie sprach, desto besser aber ließ er sich die Suppe schmecken, und er meinte, in seinem ganzen Leben nichts gegessen zu haben, was ihm besser mundete. Freilich wurde er darüber immer schläfriger und matter, und kaum dass er den letzten Löffel gegessen hatte, sank er in einen tiefen Schlaf.
    Da hatte er sonderbare Träume. Es war ihm, als wäre er ein Eichhörnchen geworden und spränge nun in dem Hause der Alten herum und leistete ihr Dienst wie die andern. Er putzte ihr die Kokosschalen, die sie statt der Pantoffeln trug und schöpfte den Tau aus den Rosen, den sie zu trinken pflegte, und endlich ward er in die Küche versetzt und lernte dort das Kochen. Er diente vom Küchenjungen aufwärts bis zum ersten Pastetenmacher, sieben lange Jahre, und brachte es zuletzt zu der auserlesensten Kunstfertigkeit. Eines Tages aber befahl ihm die Alte, während sie sich zu einem Ausgang rüstete, er solle ihr ein Hühnlein rupfen und mit Kräutern füllen und es braten; das wollte sie verspeisen, wenn sie wiederkäme. Er tat wie sie ihm geheißen; dabei kam er auch in die Kräuterkammer, um nach Kräutern für die Fülle zu suchen. Dort fand er in einem Wandschränkchen, das er zuvor nie bemerkt hatte, auch ein Kräutlein von wunderlicher Gestalt und Farbe. Seine Stängel waren blau und grün und trugen oben eine Blume von brennend roter und gelber Farbe. Sie strömte denselben starken Geruch aus, von dem einst die Suppe, die ihm die Alte gekocht hatte, so wundersam geduftet, und je länger er ihn einsog, umso stärker wurde der Duft. Endlich musste er niesen und immer mehr niesen, bis er niesend erwachte.
    Da lag er wieder auf dem Sofa des alten Weibes und blickte verwundert umher. »Was ich doch nur alles geträumt habe«, sprach er zu sich, »von Meerschweinchen und Eichhörnchen, und dass ich selber eins war und ein großer Koch dabei geworden bin. Wie wird die Mutter zu Hause lachen, wenn ich ihr alles erzähle.«
    Damit raffte er sich auf, um nach Hause zu gehen, doch war ihm, als seien ihm alle seine Glieder doch recht steif vom Schlaf, und alle Augenblicke stieß er mit der Nase an einen Schrank oder einen Türpfosten. Als er draußen war, hatte er Mühe, sich in den engen Gassen zurechtzufinden; auch gab es dort ein großes Gedränge, es musste sich irgendwo in der Nähe ein Zwerg sehen lassen, denn überall hörte er die Leute rufen: »Seht doch den hässlichen Zwerg, was hat er für eine lange Nase!« Er konnte ihn aber nirgends gewahr werden und eilte sich, zu seiner Mutter auf den Marktplatz zu kommen.
    Sie saß auch noch bei den Körben, aber sie hatte den Kopf in die Hand gestützt, als sei sie sehr traurig, und rief auch die Vorübergehenden nicht an. Leise trat er hinter sie und legte seine Hand auf ihren Arm. »Mütterchen«, sagte er, »was fehlt dir? Bist du böse auf mich?« Da wandte sie sich nach ihm um, aber sogleich fuhr sie mit einem Schrei des Entsetzens zurück: »Was willst du hässlicher Zwerg«, rief sie, »fort mit dir, ich kann solche Possen nicht leiden!«
    Â»Aber Mutter«, sprach Jakob, »was ist dir denn, warum willst du deinen Sohn von dir jagen?«
    Â»Genug jetzt«, rief die Frau zornig, »geh deiner Wege, du hässliche Missgeburt, oder willst du mich mit meinem Unglück auch noch verspotten?«
    Â»Sieh mich

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