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Der große Gatsby (German Edition)

Der große Gatsby (German Edition)

Titel: Der große Gatsby (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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»Denke, wir sollten jetzt aufbrechen.«
    »Oh, bitte keine Eile«, beschwor Gatsby sie. Er hatte sich jetzt unter Kontrolle und wollte nicht, dass Tom schon ging. »Warum… warum bleiben Sie nicht zum Essen? Es würde mich nicht wundern, wenn noch ein paar Leute aus New York vorbeischauten.«
    »Essen Sie doch bei mir «, sagte die Dame enthusiastisch. »Sie beide.«
    Das schloss mich ein. Mr. Sloane erhob sich.
    »Kommen Sie«, sagte er – aber nur zu ihr.
    »Nein, wirklich«, insistierte sie. »Seien Sie meine Gäste. Ich habe viel Platz.«
    Gatsby schaute fragend zu mir. Er wäre gerne mitgegangen und begriff nicht, dass Mr. Sloane ihn nicht dabeihaben wollte.
    »Es tut mir leid, aber ich kann nicht«, sagte ich.
    »Aber Sie kommen mit«, drängte sie Gatsby.
    Mr. Sloane flüsterte ihr etwas ins Ohr.
    »Wenn wir jetzt aufbrechen, schaffen wir es noch«, widersprach sie ihm laut.
    »Ich habe kein Pferd«, sagte Gatsby. »Ich bin zwar beim Militär geritten, aber ich habe mir nie ein Pferd gekauft. Ich muss mit dem Wagen hinter Ihnen herfahren. Entschuldigen Sie mich einen Augenblick.«
    Wir anderen gingen hinaus auf die Veranda, wo Sloane und die Dame sich ein wenig abseits ein heftiges Wortgefecht lieferten.
    »Meine Güte, der Mann scheint wirklich mitkommen zu wollen«, sagte Tom. »Begreift er denn nicht, dass sie das gar nicht möchte?«
    »Aber sie hat doch gesagt, sie möchte es.«
    »Sie gibt ein großes Abendessen, und er wird dort keine Menschenseele kennen.« Er runzelte die Stirn. »Ich frage mich, wo zum Teufel er Daisy begegnet ist. Mag sein, dass ich altmodische Vorstellungen habe, bei Gott, aber die Frauen rennen heute für meinen Geschmack zu viel allein in der Gegend rum. Da lernen sie alle möglichen schrägen Vögel kennen.«
    Plötzlich gingen Mr. Sloane und die Dame die Treppe hinunter und stiegen auf ihre Pferde.
    »Kommen Sie«, sagte Mr. Sloane zu Tom. »Wir sind spät dran. Wir müssen los.« Und dann zu mir: »Würden Sie ihm bitte ausrichten, dass wir nicht länger warten konnten?«
    Tom und ich schüttelten uns die Hand, wir anderen nickten uns kühl zu, und dann trabten sie rasch die Einfahrt hinunter und verschwanden unter dem Augustlaub, gerade als Gatsby mit einem Hut und einem leichten Sommermantel in der Hand aus der Haustür trat.
    Offenbar störte es Tom tatsächlich, dass Daisy allein in der Gegend herumrannte, denn am folgenden Samstagabend tauchte er mit ihr gemeinsam bei Gatsby auf. Vielleicht war es seine Anwesenheit, die dieser Party ihre so eigentümlich bedrückende Atmosphäre verlieh – in meiner Erinnerung jedenfalls sticht sie aus der Reihe der anderen Partys, die Gatsby in diesem Sommer gab, heraus. Es war alles wie sonst – dieselben Leute oder zumindest dieselbe Art von Leuten, derselbe Überfluss an Champagner, dasselbe vielfarbige, vielstimmige Durcheinander, aber irgendetwas Unangenehmes lag in der Luft, eine allgemeine Ruppigkeit, die sonst nie dagewesen war. Vielleicht hatte ich mich inzwischen auch nur daran gewöhnt – hatte West Egg als eine in sich geschlossene Welt zu akzeptieren gelernt, die ihre eigenen Maßstäbe und großen Gestalten hatte, eine Welt, die mit nichts zu vergleichen war, weil sie selbst kein Bewusstsein davon hatte, wie sie wirkte –, und jetzt betrachtete ich sie mit Daisys Augen noch einmal neu. Es ist immer wieder traurig, Dinge, an die man sich selbst nur mit Mühe gewöhnen konnte, mit den Augen eines anderen zu betrachten.
    Die beiden kamen in der Dämmerung, und als wir hinaustraten und durch die funkelnden Scharen der Gäste schlenderten, spielte Daisys Stimme ihrer Kehle zärtliche Streiche.
    »All das erregt mich ja so«, flüsterte sie. »Wenn du mich irgendwann im Laufe des Abends küssen möchtest, Nick, lass es mich einfach wissen, und ich werd’s für dich einrichten. Sag einfach meinen Namen. Oder zeig eine grüne Karte vor. Ich vergebe grüne –«
    »Schaut euch um«, forderte Gatsby uns auf.
    »Das tue ich ja. Ich amüsiere mich blen–«
    »Ihr werdet die Gesichter vieler Leute sehen, von denen ihr schon gehört habt.«
    Toms arrogante Augen suchten die Menge ab.
    »Wir gehen nicht viel aus«, sagte er. »Ich dachte eben, dass ich hier keine Menschenseele kenne.«
    »Vielleicht kennen Sie diese Dame dort.« Gatsby zeigte auf eine wunderhübsche Orchidee von einer Frau, die kaum mehr etwas von einem menschlichen Wesen hatte und unter einem weißen Pflaumenbaum Hof hielt. In Toms und Daisys Blicken spiegelte

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