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Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Erste Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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für das, was uns beglückt, gelehrte heidnische Namen oder gar nur tönende Worte zu gebrauchen? Wenn ich erst einmal anfinge, mich in solche Dinge einzulassen, so hätte ich nicht mehr Zeit, mein Silber zu treiben; denn mein Kopf ist nicht zu leichten Übergängen eingerichtet und muß alles gründlich einüben. Also schlage ich vor, daß wir uns diese Sache nicht unnötig schwer machen, vielmehr dieselbe, sozusagen, der Heiligen Jungfrau selbst überlassen! Was jenen unglücklichen Verräter betrifft, so wage ich zu hoffen, daß ich sein Andenken je länger, je weniger zu fürchten brauche, ja sogar daß das Bestreben, in Glauben oder Unglauben zu gefallen, eines Tages sich mir gänzlich zuwenden werde; denn ich fühle eine solche Ganzheit und Sicherheit der Liebe zu dir in mir, daß ich mir Meisterschaft und Kunst genug zutraue, den Lauf deines Geblütes endlich ganz zu meinen Gunsten zu lenken!«
    Agnes blickte während dieser Worte wieder vor sich nieder, ohne den Mund zu verziehen, wie in tiefen Gedanken verloren; doch dann stand sie auf und küßte den Gottesmacher mehrere Male auf den Mund.
    Es wurde nun beschlossen, gleich mit dem Beginne des Frühlings die Hochzeit zu begehen und nach dem Rheine zu ziehen, was auch alles auf das beste geschah, und der Gottesmacher war und blieb so glücklich, daß daraus notwendig auf Agnesens eigenes Glück zu schließen war. Ihre Mutter war erst in der großen belebten Stadt geblieben, da ihrem eiteln Sinne dieselbe zur Unterlage nötig schien; auch hoffte sie im geheimen durch die Abwesenheit der störenden Schönheit ihrer Tochter noch einen stillen und erbaulichen Nachsommer ihrer eigenen Person zu genießen, wenn auch nur vor sich selbst und angesichts ihres Bildes. Aber bald mußte sie zu ihrem Schrecken erfahren, daß ihr Licht nicht mehr genugsam leuchtete und daß sie, ohne es zu wissen, schon bislang im Widerschein von ihres Kindes Schönheit geatmet hatte. Sie fühlte sich einsam, alt und verwelkt, mehr als sie es im Grunde war, erhob einen großen Jammer, bis sie zu dem jungen Paare reisen konnte, und es war rührend zu sehen, wie sie sich klagend beeilte, nur wieder in den Bereich der lugend und Schönheit zu kommen, die lugend von ihrer Jugend und Schönheit von ihrer Schönheit war.
    Ehe aber das seltsam erregte Paar abgereist, hatte es auf den besondern Wunsch Agnesens den abgeschlossenen Heinrich aufgesucht, um sich bei ihm zu verabschieden.
    Die erste Gefahr in Ferdinands Zustande war einstweilen vorüber, und der Verwundete ging einer leidlichen Herstellung entgegen. Heinrich hatte ihn aber noch nicht wieder gesehen. Eine tiefe Verwirrung und Scham, welche ihn in der starken Abspannung nach jenen aufgeregten Tagen befiel, mischte sich mit einer Art trotziger Scheu, sich an das Krankenbett zu drängen, und als die Lebenskräfte des Kranken sich wieder gesammelt, fragte er wohl nach Heinrich, aber er verlangte ihn nicht zu sehen. Ein bitteres Schmollen waltete zwischen beiden, welches zwar bei jedem mehr gegen sich selbst gerichtet war, aber doch den andern mit hineinzog, da ohne denselben die begangene gefährliche Torheit nicht möglich geworden wäre. Und wie eine sündliche Torheit, in Aufregung und Verblendung hereingebrochen und für einmal noch, gnädig ablaufend, doch den Vorhang lüftet vor einem unliebsamen Dunkel, das in uns zu wogen scheint, so zeigte das Vorgefallene dem melancholischen grünen Heinrich eine dunkle Leere in sich selber, in welcher seine eigene Gestalt, mit tausend Fehlern und Irrtümern behaftet, ganz unleidlich auf-und niedertauchte.
    Er wohnte längst nicht mehr in jenem behaglichen Stübchen, das er bei seiner Ankunft gemietet, sondern in einem großen saalartigen Raume mit hohen grauen Wänden, der durch ein mächtiges helles Fenster erleuchtet war.
    Seine ungeheuerlichen Kartons mit den abenteuerlichen Kompositionen, die großen blassen Bilder auf Leinwand bildeten zusammen ein Labyrinth von verschiedenen helldunklen Gelassen und Winkeln, als ob eine kolossale spanische Wand, mit spanischen Schlössern bemalt, sich durch den Raum zöge. Der einzige Luxusgegenstand im Zimmer war ein mächtiges breites Sofa, das aber ganz mit Papier und Büchern bedeckt war und dadurch verriet, daß der junge Bewohner Sich noch stramm und aufrecht zu halten gewohnt war und trotz seiner Melancholie keines Lotterbettes bedurfte. Sonst war jede Zierlichkeit und Fülle vermieden; auf ein paar wackeligen Tischchen lagen bestäubt die Geräte

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