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Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Erste Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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Papier gewickelt, in dem sie es gekauft. Ich mußte ihr versprechen, jeden Tag zu kommen und nächstens einmal dort zu speisen.
    Mein Vetter hatte sich längst entfernt, und ich suchte allein meinen Heimweg, das rote Tüchelchen in der Tasche. Bei einem Hause vorbeigehend, bemerkte ich einige derbe Kinder, welche wie der Blitz hineinliefen und dort lärmend etwas riefen. Eine Frau kam heraus, holte mich ein, kündigte sich als Base an und fragte, ob ich denn nichts von ihr und ihrer Familie wisse? Ich bejahte die Frage, indem ich mich entschuldigte, sie nicht gekannt zu haben.
    Sie nötigte mich nun in das Haus, wo es von frischgebackenem Brote duftete und eine lange Treppe von unten bis oben mit großen viereckigen und runden Kuchen bedeckt war, auf jeder Staffel einer, um zu verkühlen. Während diese Base, ein rüstiges Weib in voller Blüte der Arbeitslust und Kraft, schnell ihre Haare zurückstrich und eine Schürze umband, hockten die Kinder alle hinter dem heißen Ofen und guckten scheu, doch kichernd hervor, ohne daß ich die Gewandtheit besaß, sie zahm zu machen, weil ich selbst noch zu nah an ihrem Alter stand und ihnen zuwenig überlegen war. Meine neue Gönnerin verkündigte, daß ich gerade zu einer guten Stunde gekommen sei, da sie heute gebacken hätte, zerschnitt sogleich einen gewaltigen Kuchen in vier Stücke und setzte Wein dazu, um dann den Tisch für das Mittagsmahl zu decken.
    Dieses Haus hatte nicht den patriarchalischen Anstrich wie dasjenige der Großmutter; man sah keine Geräte von Nußbaum, sondern nur von lackiertem Tannenholz, die Wände waren noch von frischer Holzfarbe, die Ziegel auf dem Dache hellrot wie das zutage tretende Gebälke und vor dem Hause wenig oder kein Baumschatten; die Sonne überwand spielend die jungen Obstbäumchen und lag heiß auf dem weiten Gemüsegarten, in welchem nur ein bescheidenes Blumenrevier verkündete, daß diese Haushaltung einen jungen Wohlstand zu begründen im Begriffe und vorderhand an den prosaischen Nutzen gewiesen sei. Nun kam der Mann vom Felde mit dem ältesten Knaben, besorgte, obgleich er vernahm, daß ich in der Stube sei, erst seine Ochsen und Kühe, wusch sich am Brunnen gemächlich die Hände und trat dann, dieselben mir reichend, fest und ruhig herein, sogleich nachsehend, ob seine Frau mich gehörig bewirte. Dabei zeigten die Leute keinerlei Ziererei, als ob ihre Gaben zu gering wären und dergleichen. Der Bauer ist der einzige, welcher nur sein Brot als das beste erachtet und es als solches jedermann anbietet. Seine Leckerbissen sind die Erstlinge jeder Frucht; die neue Kartoffel, die erste Birne, die Kirschen und die Pflaumen gehen ihm über alles, und er schätzt sie so hoch, daß er wunder glaubt was zu gewinnen, wenn er von fremden Bäumen im Vorübergehen eine Handvoll erhaschen kann, während er an den bunten Leckereien der Städte gleichgültig vorübergeht und seinen Lieben höchstens ein ungenießbares Bonbon von Stärkemehl kauft, weil es die Form eines Herzens hat und ein hübscher Spruch darauf steht. Eine andere Delikatesse, die er aus der Stadt mitbringt, ist einfaches Weißbrot; hier holt er sich nur wieder zurück, was er selbst hervorgebracht hat, und deswegen zeichnet er es aus. Diese überzeugung, daß er das Beste und Gesundeste biete, welche in unverdorbenen und noch nicht servilen Gegenden nicht ohne Ostentation hervortritt, geht auf den Gast über, welcher sich alsbald einer kräftigen Eßlust hingibt, ohne sie zu bereuen. Darum saß ich schmächtiges »Vetterlein« wieder tapfer schmausend hinter dem Tische, obgleich ich heute schon ein Erkleckliches getan hatte. Mit Wohlwollen überhäuften mich die Verwandten und betrachteten mich, wie jeden Städter, der nicht ein Zinsherr ist, als einen Hungerschlucker. Sie führten ein lebhaftes Gespräch über unser Schicksal und befragten mich des genauesten nach allen unseren Umständen.
    Die Frau erkundigte sich, ob ihre jährlichen Geschenke an Feldfrüchten immer richtig ankämen, und versprach, gewiß selbst einmal nach der Stadt zu kommen; der Mann erzählte von meinem Vater, wie derselbe als kleines Jüngelchen, wenn man ihn gefragt habe, was er geben wolle, geantwortet Ein'n Herr ab! nämlich abgeben, was aber lustigerweise geklungen hätte wie Ein Herab! »Nun«, fügte der Vetter hinzu, »wenn er gelebt haben würde, so wäre er noch ein vollständiger Herr geworden; eigentlich war er an sich schon mehr als unsereiner! Aber nun müsset Ihr aufmerken,

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