Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gute Ton 1950

Der Gute Ton 1950

Titel: Der Gute Ton 1950 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans H. Wiese
Vom Netzwerk:
eine delikate Angelegenheit, denn der Platz muss der Wichtigkeit
    des Gastes entsprechen. Es ist keine glückliche Lösung, wenn die
    Hausfrau in gespielt bedeutungslosem Ton sagt, dass es keinen
    Ehrenplatz gibt und jeder sich dahin setzt, wo es ihm gefällt. Die Gäste
    werden dies nicht schätzen, sie werden dastehen und warten, bis sich
    die Gastgeber endlich entschliessen, ihre Verpflichtung zu erfüllen und
    die Plätze anzuweisen.
    Der Ehrenplatz für einen Herrn ist rechts von der Hausfrau. Dieser
    Platz kommt bei einer Einladung in einem katholischen Haus dem
    Geistlichen zu. Er kann auch für einen ausländischen Gast reserviert
    sein. Es ist eine gute Sitte, zu einem Ausländer besonders aufmerksam
    zu sein, vor allem wenn er sich vielleicht fremd fühlt, weil er die
    Sprache des Landes nicht beherrscht. Wenn er neben der Dame des
    Hauses sitzen darf, wird er wenigstens nicht
    an
    Minderwertigkeitskomplexen leiden. Der zweitbedeutende Gast sitzt
    links der Hausfrau. Nummer drei, wenn wir den Gästen der ihnen
    zukommenden Ehre nach Nummern geben dürfen, sitzt wieder rechts
    der Hausfrau usw. Die Regel gilt gleichfalls für die Damen; der
    »weibliche Ehrenplatz« ist also rechts des Hausherrn, die Dame Nr. 2
    sitzt an seiner linken, die Dame Nr. 3 wieder an seiner rechten Seite
    und sofort. Die Dame des Hauses sitzt ihrem Ehemann gegenüber.
    Natürlich wechselt immer eine Dame mit einem Herrn ab, man sollte
    nie zwei Damen oder zwei Herren nebeneinander sitzen lassen. Auch
    aus diesem Grund rieten wir, bei der Einladung die gleiche Zahl
    Damen wie Herren vorzusehen.
    Diese Regeln sind klar und einfach, aber die An- Wendung verlangt
    viel Takt, es sei denn Sie empfangen ein Regiment oder ein
    Ministerium. In diesen idealen Fällen entscheidet der Dienstgrad oder
    der Titel. Wenn zwei Offiziere den gleichen Rang haben, oder wenn
    zwei Beamte den gleichen Titel haben, gehört der ehrenvollere Platz
    dem Aelteren, aber nur wenn beide im selben Dienstalter stehen, sonst
    hat der Dienstältere den Vortritt vor dem Aelteren. Aber was tun,
    wenn man zivile und militärische Gäste empfängt? Wir sollten
    Pazifisten sein und der Zivilverwaltung den Vortritt vor dem Militär
    geben, wenn die Aemter gleichrangig sind, das heisst: ein Zivilist
    erhält nur einen besseren Platz als eine Militärperson, wenn er eine
    ebenso grosse Gegend verwaltet wie sie dem militärischen Gast
    untersteht. Andererseits kann ein Gast seines persönlichen Ansehens
    wegen einen Platz einnehmen, den er seiner Stellung entsprechend
    nicht verdient. Die Damen nehmen die Plätze ein, die denen ihrer
    Männer entsprechen. Eine Dame sitzt also rechts des Hausherrn, wenn
    der Platz ihres Mannes rechts der Hausfrau ist. Wenn man glaubt, dass
    zwei Gäste das gleiche Recht auf den Ehrenplatz haben, kann man
    folgende Tischordnung wählen: die Frau des Gastes, der links der
    Hausfrau sitzt wird rechts vom Hausherrn sitzen, und links des
    Hausherrn sitzt die Frau jenes Gastes, der rechts der Hausfrau seinen
    Platz eingenommen hat.
    Es gibt auch eine Art Hofsitte für den Familienempfang. Eltern,
    deren Kinder schon selbständig sind, nehmen nicht unbedingt den
    Platz der Gastgeber ein, sie können ihren Kindern den Vorsitz
    überlassen. Die Eltern werden sicher verstehen, dass sie zuweilen vor
    ihren erwachsenen Kindern zurücktreten müssen und Plätze zweiten
    Ranges einnehmen. Das ist ein entzückendes Theater. Beide Ehepartner
    werden den Ehrenplatz für die Schwiegereltern reservieren. Rechts der
    jungen Frau sitzt also ihr Schwiegervater und links ihr Vater. Ihr
    Mann sitzt an der linken Seite seiner Schwiegermutter und zur rechten
    seiner Mutter. Die Grosseltern nehmen auf Kosten der Eltern die
    Ehrenplätze ein und die »Onkels« kommen vor den Brüdern in der
    Familien-tischordnung. Wenn die Eltern ihre Kinder eingeladen und
    sie selbst keine Eltern mehr haben, sitzt der Schwiegersohn an der
    rechten Seite seiner Schwiegermutter, und an der linken der
    Schwiegermutter sitzt ein jüngerer Schwiegersohn oder ein Sohn, wenn
    es keinen anderen Schwiegersohn gibt. Dasselbe gilt für die Töchter.
    Die Schwiegertochter bekommt den Ehrenplatz rechts ihres
    Schwiegervaters, und links des Schwiegervaters sitzt eine jüngere
    Schwiegertochter oder eine Tochter.
    13 GÄSTE AM TISCH.
    Etwas Furchtbares sollen die Gastgeber vermeiden, nämlich 13
    Gäste am Tisch zu haben. Dies kann geschehen, wenn sie vergessen
    haben, ihre Gäste zu zählen oder

Weitere Kostenlose Bücher