Der Henker von Lemgo
Hexerei verleiten wollte. Selbst ihre Cousine Catharina bestätigt
die Hexenkünste, mit denen sie den Nachbarn heimlich das Vieh und die kleinen
Kinder vergiftet.«
»Das ist nichts
Neues. Du plapperst nur das nach, was sowieso schon über sie gesprochen wird.
Ich brauche Beweise.«
»Wenn du mich nicht
abweist, mein Liebster, und es wieder so wie früher zwischen uns wird«, sie
ergriff seine Hand und führte sie unter ihren Rock zwischen ihre heißen
Schenkel, »dann liefere ich dir die Beweise.«
Abfällig grinsend
zwickte er sie ins Knie, bevor er ihr die Hand entzog und ein Stück von ihr
abrückte. Er schob ihr den Kelch hin. »Füll den hier lieber nach, du läufige
Hündin«, brummte er ungnädig. »Und besinn dich endlich darauf, dass ich
verheiratet bin und du bald Hermann Blattgerstes Ehefrau sein wirst. Nur weil
ich dich einmal bestiegen habe, heißt das noch lange nicht, dass du mir wie
eine Hündin nachrennen musst.«
Er setzte den Kelch
an die Lippen und ließ sich den schweren Wein genüsslich die Kehle
hinunterlaufen. Als er sich die Lippen mit einer Serviette betupfte, blieb ein
kleiner dunkelroter Fleck im Tuch zurück. Missmutig betrachtete er ihn.
»Bedauerlicherweise ist der Wein genießbarer als du«, stellte er trocken fest.
»Wieso, mein
Liebster?« Hingebungsvoll öffnete Maria die Lippen. »Was hat die Rampendahlsche
Hexe, was ich nicht habe, und was kümmert uns deine Frau? Du selbst hast
gesagt, sie sei nur deine Ehefrau und die Mutter deiner Kinder, interessiere
dich aber als Weib nicht sonderlich. Das Wichtigste an ihr sei ihre Verbindung
zum hochwohlgeborenen Grafen Simon Heinrich.«
Bei der Erwähnung
des Grafen zog Cothmann ein rundes silbernes Kästchen aus dem Rock und öffnete
es mit einem leisen Klicken. Es enthielt eine wertvolle, mit Edelsteinen
besetzte Uhr. Ein Geschenk seiner Frau Elisabeth. »Die Sonne wird bald
untergehen«, murmelte er leise. »Wo die Herren nur bleiben?«
»Ich werde dir das
Miststück bringen«, hauchte sie. Sie lechzte förmlich nach seiner
Aufmerksamkeit und einer Umarmung.
»In mein Bett oder
als Hexe?« Nachdenklich betrachtete er ihr hageres Gesicht.
»Ganz, wie du es
willst, mein Gebieter. Aber stoße mich nicht von dir.«
»Du langweilst mich,
Weib. Verschwinde jetzt, oder ich vergesse mich.«
Die Vieregge ist
schlimmer als Aussatz und Pest zusammen, dachte er bei sich und blickte zur
Tür, in der soeben der Ratsdiener Müller erschien. Links und rechts vom Eingang
hielten je zwei Soldaten Wache. Seit der Ratswahl war es immer wieder zu
Tumulten mit den Dechen und Meinheiten gekommen, sodass Beobachter des Grafen
sich ermächtigt sahen, den Bürgermeister mit militärischem Beistand vor
Übergriffen zu schützen.
Stadtsekretär und
zweiter Bürgermeister Barthold Krieger erlaubte sich ein Hüsteln, als er das
Weib an Cothmanns Seite bemerkte. Eingedenk der Halsstarrigkeit der
Knochenhauerhure blieb diesem nichts weiter übrig, als gute Miene zum bösen
Spiel zu machen.
»Ist das nicht
Vieregges Tochter Maria?«, näselte der Stadtsekretär. Hinter ihm betraten die
Ratsherren Rullmann und Kuckuck den Raum. Ihre Kleidung war staubig von der
Straße, ihre Stiefel waren bis zum Schaft mit Schlamm bespritzt. Durch
Rullmanns Rock quoll am Oberarm Blut.
»Das habt Ihr ganz
richtig bemerkt, Krieger, aber sie wird das Wirtshaus sofort verlassen.«
Cothmann erhob sich rasch und winkte dem Wirt. »Was hat Euch aufgehalten, meine
Herren? Eurem Äußeren nach zu schließen, kommt Ihr nicht geradewegs vom
Rathaus.« Cothmann reichte ihnen reihum die Hand. Der Wirt, ein kleiner,
untersetzter Mann mit Fettpölsterchen an Kinn und Hüften, stellte eine neue
Kanne Wein auf den Tisch. »Bringe Er uns etwas von seiner gebackenen Forelle
und der Schweinskeule mit Gurken!«
Gehorsam machte der
Wirt mehrmals einen Bückling bis zum Boden und entfernte sich dann rückwärts.
»Die Vieregge soll
eine sehr gelenkige Zunge haben«, bemerkte Krieger süffisant und schickte der
Knochenhauertochter nachdenklich einen Blick hinterher, als sie hinter dem Wirt
durch die Tür rauschte.
»Ihr Hinterteil ist
auch nicht zu verachten«, grinste Kuckuck, der mit Pistolen und Degen bewaffnet
war, zweideutig zur Seite.
Cothmann ignorierte
die Anspielungen. »Was ist nun passiert, meine Herren? Wie ich sehe, war Euer
Weg hierher nicht ohne Folgen.«
»Das ist leider
wahr, Euer Ehren. Bischof von Galen hat siebentausend Mannen zusammengezogen.
Allein sieben der acht
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