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Der Henker von Lemgo

Der Henker von Lemgo

Titel: Der Henker von Lemgo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Szrama
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dann?«
Seine Züge hellten sich plötzlich auf, und er reckte ihr den Kopf entgegen, um
sich kein Wort entgehen zu lassen. Er glaubte zu wissen, wen sie besagen würde.
    »Die Maria
Rampendahl, Hermessens Ehefrau. Sie war es, die Hermann Blattgerste vergiftet
hat. Als mein Ehemann einmal krank wurde, bin ich nach Hermessens Haus gegangen
und habe etwas Medizin holen wollen. Die Maria, die mir schon früher, als ich
noch Vieregges Tochter war, stets nachgegangen ist, um mich das Zaubern zu
lehren, nutzte die Gelegenheit, um mich zu verführen und in ihre Zunft zu
locken. Zunächst habe ich mich gewehrt, versucht, mit ihr zu verhandeln, aber
dann habe ich doch das Zaubern von ihr gelernt und das Gift, das sie mir
reichte, meinem Ehemann gegeben.«
    Mit einem
triumphierenden Grinsen lehnte sich Cothmann zurück. »Habt Ihr das vernommen,
Barthold?«, brach er das betroffene Schweigen, das dem Geständnis gefolgt war.
»Endlich! Jetzt haben wir sie!«
    Er klatschte sich
auf den Schenkel, hätte jubeln können vor Freude. Vergessen waren die bohrenden
Schmerzen im Kopf und das immer wiederkehrende Fieber. Endlich hatte Gott seine
Gebete erhört. »Das wird der größte Prozess aller Zeiten. Mit diesem Geständnis
und der Selbstbezichtigung einer Hexe werden wir die Rampendahls in die Knie
zwingen, Barthold!« Cothmann wirkte um Jahre jünger, als er zur Feder griff und
die verblüffte Blattgerste aufforderte: »Und nun noch mal das Ganze von vorn,
Hexe – aber schön langsam zum Mitschreiben!«

Der Prozess
    »Ich will Euch, Cothmann, keinen Fuß breit weichen …«
    »Schnell,
Ilsabein, zieh Marias Kleider an!« Schnell streifte Margaretha der Schwester
Marias Seidenröcke über. Wie mehrere Seiten feines Pergament raschelten sie an
ihrem schlanken Körper hinab. »Du gehst jetzt an den Bütteln vorbei, als
würdest du zum Markt wollen.« Sie wandte sich zur älteren Schwester:
»Inzwischen verschwindet Maria durch das Hinterhaus und läuft, so schnell sie
die Füße tragen, zu den Kindern. Versuche, mit ihnen nach Speyer zum Schwager
zu flüchten. Ich werde inzwischen Hermann Bescheid geben.« Ängstlich schaute
sie Maria in das totenbleiche Gesicht. »Jetzt lauf schon!«
    Doch Maria verharrte
unschlüssig in der Tür. Sie trug Ilsabeins einfaches Leinenkleid, das am
unteren Rand und in der Taille mit einer bestickten Borte abgesetzt war, sowie
einen dunklen ärmellosen Umhang mit einer weiten Kapuze, die ihr schönes
Gesicht vor fremden Blicken verbarg. »Aber was wird aus euch, Schwestern?«
    »Mach dir um uns
keine Sorgen. Sie werden uns schon nicht gleich das Haus anzünden. Wichtig ist
nur, dass du dich und die Kinder rettest.«
    Maria war auf dem
Weg vom Garten kurz bei den Geschwistern eingekehrt, als plötzlich ein Trupp
Stadtbüttel die sonntägliche Ruhe störte und vor Cordt Rampendahls Haus
aufmarschierte. Innerhalb kürzester Zeit nahmen die bewaffneten Knechte vor
Türen und Fenstern Aufstellung, während vier von ihnen drohend die Flinten auf
das große holzgeschnitzte Dielentor richteten.
    »Dieser Hurensohn
von einem Richter ist schlau wie ein Fuchs! Er weiß genau, dass Vater mit
Hermann und Anton in Lorenz Bentzelers Haus sitzt, um eine Kindstaufe zu
feiern. Er muss beobachtet haben, dass nur wir Frauen im Hause sind.« Ilsabein
schüttelte ihre Faust Richtung Fenster. »Und diesmal hat es sich der Schelm
nicht nehmen lassen, selbst zu erscheinen!«
    In diesem Moment
wurde erneut gegen das Dielentor gedonnert, und Cothmanns heisere Stimme
ertönte: »Zum letzten Mal: Öffnet das Tor! Ich weiß aus sicherer Quelle, dass
sich die der Hexerei angeklagte Maria Rampendahl im Haus befindet. Im Namen des
Herrn und des Hohen Rates fordere ich Euch auf, uns die Hexe auszuliefern. Das
Weib ist der Zauberei stark verdächtig und soll auf Beschluss beider Räte in
den Hexenturm im Regenstor gebracht werden.«
    »Jetzt mach schon«,
flehte Margaretha die Schwester an, die noch immer bewegungslos im Türrahmen
stand.
    »Aber was, wenn sie
statt meiner nun Ilsabein in den Turm bringen? Das könnte ich nicht ertragen!«
    Mit zitternden
Fingern flocht Margaretha Ilsabein die Haare nach oben, so wie Maria sie trug,
und stülpte ihr das Spitzenhäubchen darüber. »Sie werden den Unterschied schon
rechtzeitig bemerken. Cothmann will nicht Ilsabein, sondern dich, Maria! Aber
Ilsabein kann dir einen Vorsprung verschaffen.«
    Auf dem Tisch
standen noch Catharinas frische Brezeln. Aus dem Backofen zog ihr Duft durch
das

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