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Der Henker von Lemgo

Der Henker von Lemgo

Titel: Der Henker von Lemgo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Szrama
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»Diesmal
entkommst du mir nicht! Ich weiß, dass du dich hier verbirgst. Wenn du dich
weiterhin den Anweisungen des Hohen Rates entziehst, werden wir eurem kostbaren
Haus den roten Hahn auf das Dach setzen!«
    Marias Herz klopfte
zum Zerspringen, doch erst, als der Klang der Pferdehufe schwächer wurde und
sie die Kinder in Sicherheit wähnte, rührte sie sich von der Stelle und kehrte
langsam um. Vor der Barbierstube verharrte sie lautlos und lauschte angespannt.
Offensichtlich hatten die Büttel des Richters sich Zugang zu ihr verschafft.
Hinter der Tür rumorte es. Holz splitterte, und Schränke krachten zu Boden.
Todesmutig fasste sie sich ein Herz und drückte auf die Klinke.
    Dicker grauer Staub
umfing sie und legte sich auf die Lunge. Maria musste husten. Als der Schmutz
sich in der Luft zerteilte und ihre Augen wieder sehen konnten, erblickte sie,
dass eine heillose Verwüstung im Gange war. Die Stadtbüttel verschonten nichts,
schlugen mit Luntenstöcken, Flinten und Äxten auf die Schränke und Tische ein.
Unter ihren trampelnden Stiefeln zersprangen Krüge, Karaffen und Tiegel.
Heilsame Mixturen ergossen sich über getrocknete Kräuter, Blutegel wälzten sich
in dem Sud, und sämtliche bunten Fensterscheiben lagen zersplittert am Boden.
    Als einer der
Knechte mit dem zerbrochenen Barbierbecken in der Hand, dem Wahrzeichen ihrer
Zunft, in der Stube erschien, trat Maria einen Schritt vor. »Es ist genug,
meine Herren! So benehmen sich nur Vandalen, und Ihr befindet Euch im Hause des
wohllöblichen Barbiers und Chirurgus Hermann Hermessen.«
    Während die Büttel
einen Moment erstaunt ihr Wüten unterbrachen, löste sich aus dem Staubnebel die
dunkle Gestalt des Bürgermeisters. Jeden Schritt auskostend, trat er langsam
auf Maria zu, ein Hexenjäger, der trotz seines offensichtlichen Verfalls
lächelte. Doch wie durch ein Wunder wich alle Furcht von ihr. Stolz bot sie ihm
die Stirn.
    »Nun, habt Ihr es
Euch doch noch überlegt, Hexe?«
    Cothmann stand nur
drei Fuß von ihr entfernt und suchte in ihrem Gesicht nach einem Anzeichen von
Unsicherheit. »Ich vermisse die Furcht in Euren Augen, Ehefrau Hermessen.« In
seiner Stimme schwang Hohn mit, mit dem er die Enttäuschung vor ihr zu
verbergen suchte. Er lächelte überlegen. »Woher nehmt Ihr nur die Frechheit,
mir hocherhobenen Hauptes gegenüberzutreten? Hat gar der Leibhaftige oder haben
Eure Zauberkräfte etwas damit zu tun?« Ohne sie aus den Augen zu lassen, begann
er, mit dem Spitzentuch zwischen seinen Fingern zu spielen, und wischte sich
wie zum Schein den Staub von den Rockaufschlägen.
    »Mein Vater und
meine Familie sind es, die mir Zuversicht geben, Bürgermeister! Ihr steht vor
der Tochter eines Mitglieds des Geschworenen Rates. Das macht mich sicher und
sagt mir, dass Ihr Euch nur der Lächerlichkeit preisgebt! Den Schaden, den Ihr
mit Euren Bütteln angerichtet habt, werdet Ihr uns in Goldtalern aufwiegen, das
schwöre ich Euch, so wahr mein Name Maria Hermessen ist!« Selbstbewusst hielt
sie seinem Blick stand.
    Er grinste breit.
»Ihr könnt es wohl nicht lassen, was? Immer mit dem Mundwerk vorweg, selbst im
Angesicht Eurer Gefangennahme.« Plötzlich lauschte er in den Raum hinein.
Übertrieben ließ er die Augen umherschweifen. »Wo bleibt eigentlich Euer
Retter? Ich vermisse ihn!«
    Maria runzelte die
Stirn. Sie verstand nicht, worauf er hinauswollte, doch da schlug er sich
bereits mit gekünsteltem Erstaunen die flache Hand auf die Stirn. »Ach ja, wie
konnte ich es nur vergessen. Euer Liebster, Meister David, kann es kaum
erwarten, Euch dieses Mal in der Folterkammer zu Eurem kleinen Stelldichein zu
begrüßen.«
    Bei der Erwähnung
von Davids Namen wurde Marias Gesicht um einen Schein blasser. Mit scharfem
Auge hatte Cothmann die Verwundbarkeit sofort entdeckt.
    »Entschuldigt, werte
Ratsherrentochter, aber ich glaube, jetzt habe ich Euch in Verlegenheit
gebracht. Mir scheint, das – ach so getreue – Eheweib Hermessens setzt sich
über Gottes Gebote ebenso hinweg wie unser Foltermeister. Was wird nur Euer
Ehemann dazu sagen? Oder Euer Herr Vater? Und hofft Ihr noch immer auf deren
Unterstützung?«
    »Geht mir aus den
Augen, Ihr seid des Teufels! Von mir aus könnt Ihr mich gefangen nehmen und
mich von dem Mann foltern lassen, der mich liebt und mehr Ehre im Leib hat als Ihr.
Ihr könnt mich brennen, aber ich schwöre Euch bei meiner Seele und bei Gott,
dass ich Euch widerlichem Hurensohn keinen Fuß breit weichen

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