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Der Henker von Lemgo

Der Henker von Lemgo

Titel: Der Henker von Lemgo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Szrama
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Rampendahl, aufs Rathaus zu
fordern. Nach seiner Aussage habt Ihr Euch schlafend gestellt, eine Krankheit
vorgetäuscht und Euch bereits damit verdächtig gemacht. Nun zu Eurer Anklage:
Vor zwanzig Jahren habt Ihr Agneta Wegner das Zaubern gelehrt und im Hause des
ehrwürdigen Hans Hancke an dessen Kinderbett geklopft, sodass darauf sein Kind
krank wurde und gestorben ist. Weiterhin bezeugt der ehrenwerte Henrich Rullmann,
dass Ihr gemeinsam mit Eurer Frau Mutter Bruder Henrich vergiftet habt, sodass
er letztendlich blau und schwarz wie ein Affe gewesen ist und Eure Mutter es
dem Diedrich Stockmeyer angelastet hat. Die Leute der Stadt erzählten später
hingegen, Ihr selbst hättet ihn vergiftet. Auch der ehrenwerte Ratsherr Koch
will gesehen haben, wie Ihr Euren Bruder Caspar vergiftet habt, und zudem ist
uns aufgefallen, dass Cordt Welmerß um Eure Schwester Margaretha freite, um
Euch, die Ältere, aber einen großen Bogen wegen des Gerüchts der Zauberei
machte. Auch hat uns Johann Vieregge bestätigt, dass Ihr dessen Sohn
vergiftetes Warmbier gegeben habt, er gleich darauf die schwere Not bekommen
und ins heiße Wasser gefallen sei und sich zu Tode brannte. In diesem Fall ist
uns bekannt, dass Ihr ihm den Tod des Schulmeisters Beschoren übel nachgetragen
habt.«
    »Wüsste ich von
alldem, so müsste mich der Teufel holen. Doch auch, wenn Ihr mich in Stücke
reißt, hoher Herr, ich bin keine Zauberin, und derartige Lügen geschehen mir
nur aus Neid, Missgunst und Hass. Schließlich ist Papier geduldig.«
    »Ihr seid ein gar
vorwitziges und freches Weib, Maria Rampendahl, und seid, wie ich sehe, nicht
gewillt, reumütig zu gestehen und Eure Sünden zu bekennen! Leider zwingt Ihr
uns damit zu einer Gegenüberstellung mit der Blattgerste in der Tustodie. Und
wenn Ihr Eure Seele dann immer noch nicht reinigen wollt, werden wir Meister
David und seine Diener zur Befragung heranziehen.«
    Bei Davids Namen
zuckte Maria leicht zusammen. Cothmann hatte das Buch zur Seite gelegt, sich
gelangweilt zurückgelehnt und beobachtete sie aus den Augenwinkeln. »In Eurem
Fall, Maria Rampendahl, wird es uns ein ganz besonderes Vergnügen sein, Euren
Hochmut mit Hilfe des Henkers zu brechen«, zischte er leise und winkte den Knechten.
    Erstaunt wendete
sich Krieger an den Bürgermeister. »Bedarf es hierzu nicht der Genehmigung der
Universität Rinteln?«
    Cothmann schüttelte
leicht die schwarz gelockte Perücke. »Ihr wisst, Barthold, wie wir mittlerweile
in manchen Dingen zu den Fakultäten stehen. Ich werde die Genehmigung
persönlich einholen«, er grinste verlogen, »zum gegebenen Zeitpunkt.« Den
Bütteln neben Maria gab er den Befehl: »Bringt das verstockte Weib in die
Tustodie zur Blattgerste. Wollen wir doch mal sehen, ob ihr die Gegenüberstellung
mit der Hexe nicht den Mund öffnet!«
    »Ihr solltet
Euch schonen, mein Freund!« Besorgt beugte sich Krieger über den Bürgermeister,
der stark schwitzte und mit zitternden Fingern nervös am Kragen nestelte. In
seiner Hast riss er einen der bestickten Knöpfe ab und warf ihn mit einem Fluch
zu Boden. Er rang nach Luft, seine Brust hob und senkte sich schwer.
    »Danke für Eure
Besorgnis, Barthold. Aber es geht schon. Ich werde dieser Hexe nicht weichen,
das schwöre ich Euch, auch wenn es mir miserabel geht und der Sensenmann
bereits über meinem Kopfe schwebt.«
    »Gibt es denn
überhaupt keine Hilfe für Euch? Schon seit Jahren leidet Ihr an dem seltsamen
Fieber, und ich sehe keinerlei Besserung. Bisher habt Ihr noch jeden Kampf
gewonnen, wollt Ihr diesen einen etwa verlieren?« Krieger schüttete aus einem
silbernen Flakon ein paar Tropfen Parfüm auf ein Spitzentuch und tupfte ihm
damit die Schweißperlen von der Stirn.
    Sie waren allein im
Rathaus. Die Ratsherren hatten den Saal verlassen und waren bereits zum
Hexenturm vorausgefahren. »Meine Anlagen sind vielleicht nicht so gut, wie sie
nach außen hin wirken.« Der Bürgermeister grinste zweideutig. »Immerhin war
auch meine Mutter eine Hexe, und in Lemgo habe ich keine verwandtschaftlichen
Spuren hinterlassen. Meine Stellung in der Lemgoer Stadtgesellschaft hat trotz
meiner Erfolge, wie Ihr mir so schön schmeichelt, etwas von der Einsamkeit
meiner Studentenjahre. Ich habe zu den Bewohnern keine persönlichen
Beziehungen, nicht einmal zu meinen Kindern und meiner Frau. Wahrscheinlich ist
es Gottes Wille, dass ich einsam sterbe.«
    »Ihr moralisiert,
mein Freund! Das ist das Fieber. Immerhin genießt Ihr nach wie

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