Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Henker von Lemgo

Der Henker von Lemgo

Titel: Der Henker von Lemgo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Szrama
Vom Netzwerk:
zu
haben, sie auf das Rathaus zu begleiten. Schuld daran, dass sie nun allein hier
stand, war der Stadtdiener. »Es ist nur eine kleine Formalität«, hatte er
gemeint und alle Zweifel zerstreut, indem er Cordt Rampendahl schwor, sie
unversehrt zurückzubringen.
    »Ihr fürchtet Euch
doch nicht etwa, Jungfer Rampendahl? Ihr, die sonst so locker mit dem Mundwerk
vornweg ist.« Der Stuhl knarrte, und Hermann Cothmann erhob sich. »Ich wusste
doch, dass wir uns wiedersehen würden.« Bedächtig trat er um den Schreibtisch
herum auf sie zu und spielte den Überraschten. »Aber mir scheint, als freutet
Ihr Euch gar nicht über unsere Begegnung?«
    Maria zeigte keine
Überraschung, denn sie hatte geahnt, dass sie irgendwann wieder in Cothmanns
Falle tappen würde. »Das habt Ihr ganz richtig erkannt, Landmann. Warum habt
Ihr mich auf das Rathaus holen lassen?«
    Ein spöttisches
Lächeln war die Antwort. Ohne sie weiter zu beachten, zog er eine kleine
silberne Puderdose aus seinem Wams und betrachtete sich selbstgefällig in dem
runden Spiegel. »Es sind noch ein paar Unklarheiten im Fall der Grete offen,
die dich betreffen, mein Kind.«
    Maria entging nicht,
dass er sie über den Spiegeldosenrand hinweg belauerte. Dann klappte er das
Döschen zu und begab sich vom Schreibtisch zu den Archivschränken, in denen die
Hexenakten aufbewahrt wurden. Die Absätze seiner Schuhe klapperten auf den
Dielen. Mit ihr zugewandtem Rücken suchte er eine Weile zwischen den Akten und
Büchern, bis er das richtige gefunden hatte. Er hielt ein in schwarzes Leder
gefasstes und mit einem Schloss versehenes Buch in den Händen, wiegte es
zwischen ihren Händen hin und her.
    »Ein gefährliches
Buch«, murmelte er. »Die schwarze Fibel der Zauberer und Hexen unserer Stadt.
Wäre ich der Bürgermeister, hätte man nicht so leicht Zugriff darauf.«
    Als würde er Marias
Bestätigung suchen, hielt er es in ihre Richtung. »Vielleicht kennt Ihr ja den
Inhalt? In ihm sind alle besagten Hexen der Stadt Lemgo aufgeführt, sind für
die Ewigkeit auf Pergament festgehalten.«
    Ungeduldig trat
Maria von einem Fuß auf den anderen. Hinter ihrer hübschen Stirn arbeitete es
angestrengt. Verzweifelt überlegte sie, was er vorhaben könnte.
    »Eure Großmutter und
der Schulmeister Beschoren sind in dieser Fibel verewigt, und vielleicht steht
Euer Name auch schon darin. Wollen wir mal nachsehen?«
    »Weshalb lenkt Ihr
ab, Landmann? Ihr habt mich doch nicht rufen lassen, weil ich eine beklaffte
Hexe bin, sondern aus einem anderen Grund.« Maria war es leid, sich seine
Ungereimtheiten noch länger anzuhören. Längst hatte sie durchschaut, weshalb er
sie ohne Begleitung auf das Rathaus bestellt hatte. Jeder seiner lüsternen
Blicke verriet es ihr. »Wenn Ihr keine anderen Fragen an mich habt, dann lasst
mich wieder an meine Arbeit gehen!«
    »An Eure Arbeit,
Jungfer?« Cothmann lachte geziert. »Soweit mir zu Ohren gekommen ist, meiden
die ehrbaren Leute Euren Marktstand, seitdem das Gerücht umgeht, Ihr hättet im
Komplott mit der Mutter dem Bruder Henrich Gift gegeben.« Endlich ließ er die
Katze aus dem Sack.
    »Dieses Gerücht
haben die Nachbarn unter die Leute gestreut, wegen der Grete«, keuchte Maria
aufgebracht. »Mein Bruder Henrich, Gott hab ihn selig, ist an Typhus gestorben.
Die Stockmeyers wollen sich an uns rächen, weil wir die Wahrheit über die Grete
gesagt haben.«
    Cothmann grinste,
dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Um sie gnädig zu stimmen, spielte
er den Mitfühlenden. »Natürlich gebe ich nichts auf das Gerücht und fühle mit
Euch. Hält Stockmeyer jedoch auf der Folter an der Beklaffung fest, so steht es
schlecht um Euch und Eure Frau Mutter.«
    Lüstern blieb sein
Blick an ihrem Busen hängen, der im Mieder vor Erregung leicht zitterte. Maria
hatte ein Kleid aus dunklem Tuch gewählt, und der große weiße Kragen und die
breiten Spitzenmanschetten unterhalb der weiten, von einem Seidenband
umschlungenen Ärmel betonten ihre weiblichen Reize. Das rotgoldene Haar trug sie
in der Mitte gescheitelt, zu dicken Zöpfen geflochten und am Hinterkopf
aufgesteckt. Glitzernde Perlenschnüre hielten es zusammen. Gegen seine
unscheinbare Braut Elisabeth besaß die Tochter des Dechen eine nahezu
teuflische Schönheit. Kein Wunder, dass sie jeder in der Stadt für eine Hexe
hielt.
    »Wie steht es denn
mit Stockmeyers Sohn, dem Christoph? Ich habe gehört, Ihr wart ihm so gut wie
versprochen?«, wechselte er lauernd das Thema.
    »Ich war

Weitere Kostenlose Bücher