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Der Henker von Lemgo

Der Henker von Lemgo

Titel: Der Henker von Lemgo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Szrama
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Scharfrichter
höhnisch ins Auge und schob mit spitzen Fingern die auf sich gerichtete
Degenspitze zur Seite. »Was erdreistet Ihr Euch, Henker? Ihr seid es, der seine
Befugnis bei Weitem überschreitet. Das wird Folgen für Euch haben. Was sucht
Ihr überhaupt hier?«
    »Ich hatte das
Pergament mit der Brüchtenstrafe vergessen, Herr Landmann«, rechtfertigte sich
David, bevor er den Degen langsam in die Scheide zurücksteckte. Dabei glitt
sein Blick spöttisch an der Hose seines Widersachers hinab und blieb an deren
Wölbung hängen. Ein verstecktes Grinsen überflog seine edlen Züge. »Mir
scheint, fürstliches Geblüt macht noch lange keinen Herrn aus Euch.«
    Maria klopfte vor
Überraschung das Herz. Mit Spannung verfolgte sie, wie der Scharfrichter den
Landmann verhöhnte. Seit der Begegnung vor vielen Jahren hatte sie den Henker
nur noch aus weiter Ferne auf den Hinrichtungen gesehen. Je mehr Zeit ins Land
ging, desto stärker war auch die Schwärmerei für den gefürchteten Mann in
Vergessenheit geraten. Doch jetzt, wo sie seinem Körper so nah war, flammte die
alte Leidenschaft wie ein Feuer wieder in ihr auf.
    David hatte sich in
all den Jahren nicht zu seinem Nachteil verändert. Stattdessen waren seine Züge
noch männlicher und begehrenswerter geworden. Maria überkam ein schier unstillbares
Verlangen, ihren Retter zu berühren. Um zu verhindern, dass die beiden
ungleichen Männer ihretwegen die Klingen kreuzten, fasste sie sich ein Herz und
legte beruhigend ihre Hand auf die seine, die er vorsichtshalber am Degenknauf
behielt.
    »Würdet Ihr mich aus
dem Saal begleiten, Meister David?«, fragte sie und sah ihn bittend an.
    Nur schwer vermochte
David sich davon abzubringen, Cothmann eine Lektion zu erteilen. Doch als Mann
von Ehre, erfahren im Umgang mit schönen Frauen, richtete er seine Aufmerksamkeit
schließlich doch auf Maria. Ruhig und gelassen kam er ihrer Bitte nach. Als
sein Blick den ihren traf, da hatte sie das Gefühl, als versuchte er, sich zu
erinnern.
    Es dauerte nicht
lange, und seine Mundwinkel umspielte ein vertrautes Schmunzeln. »Es soll mir
eine Ehre sein, Jungfer Rampendahl.« Höflich verbeugte er sich vor ihr und
bedachte seinen Widersacher mit einem triumphierenden Blick.
    »Ihr gestattet doch,
dass ich der Jungfer meinen Schutz anbiete, Landmann? Bei mir ist sie bestimmt
sicherer aufgehoben als in Eurer Gegenwart.« Siegesgewiss lächelte er Cothmann
an. »Ihr solltet etwas gegen Eure Triebe tun«, riet er ihm und reichte Maria
mit einer Galanterie, die ihm der Landmann nicht zugetraut hätte, die Hand.
    Dann endlich fand
Cothmann die Sprache wieder. Er hatte längst bemerkt, was zwischen den beiden
vorging, und entgegnete nun seinerseits frech: »Aber gern überlasse ich Euch
die Hure, Henker. Ich hoffe nur, dass sie Euren Lümmel verträgt!«
    David reagierte
blitzschnell auf die Beleidigung. Ehe Maria sich versah, schob er sie zur
Seite, setzte mit einem gezielten Sprung über den Schreibtisch und schlug
Cothmann wütend die Faust in die Magengrube. Als die Spitze seines Degens
dessen ungeschützten Adamsapfel traf, befürchtete Maria, dass der Henker sich
mit dem Angriff um seine Stellung gebracht hatte. Nach Luft ringend, zog sich
der Landmann mit hervorquellenden Augäpfeln rückwärts zum Fenster zurück.
    Mit einem leisen
Aufschrei warf sich Maria David in die Arme. Überrumpelt starrte er auf das Weib
an seinem Hals. Maria spürte, wie er unter dem Wams leicht erzitterte. »David,
in Gottes Namen, verschont ihn! Ich müsste Tag und Nacht um Euch weinen, wenn
Ihr Euch durch einen solchen Schelm um Eure Ehre bringt.« Ihre blauen Augen
flehten ihn an.
    Einen Moment lang
sah er nachdenklich auf sie herab, dann höhnte er verächtlich in das grünliche
Gesicht von Cothmann: »Ihr seht aus wie ein Haufen Hühnerscheiße, Landmann.
Bedankt Euch bei der Jungfer. Ihretwegen verschone ich Euch. Aber kommt mir
niemals wieder vor das Schwert, denn dann würde ich mein ehrbares Handwerk
vergessen und es genießen, Euch den Kopf ganz langsam vom Rumpf zu trennen.«
    Mit dem Blick des
Siegers vergewisserte sich David, dass der Landmann außer Gefecht gesetzt war,
und schlang seinen starken Arm um Marias Hüfte. Ohne seinen Widersacher aus den
Augen zu lassen, führte er sie behutsam rückwärts zur Tür, wo sie sich noch
einmal übermütig umdrehte.
    »Nichts für ungut,
Herr Landmann«, spottete sie. »Ich nehme Euch trotzdem beim Wort. Mein Vater
wird den zukünftigen

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