Der Herr der Ringe
dann?«
»Fisch«, sagte Frodo. »Schaut!«
Sie starrten hinunter auf den dunklen Weiher. Ein kleiner schwarzer Kopf tauchte am hinteren Ende des Teichs auf, gerade außerhalb der tiefen Schatten des Felsens. Kurz blitzte etwas Silbernes auf, und es gab einen Wirbelkleiner Wellen. Dann schwamm etwas an die Seite, und mit wunderbarer Behendigkeit kletterte eine froschähnliche Gestalt aus dem Wasser und das Ufer hinauf. Sofort setzte sie sich hin und begann an dem kleinen silbernen Ding zu nagen, das glitzerte, als es bewegt wurde: Die letzten Strahlen des Mondes fielen jetzt hinter die Felswand am Ende des Weihers.
Faramir lachte leise. »Fisch!«, sagte er. »Das ist ein weniger gefährlicher Hunger. Oder vielleicht auch nicht: Fisch aus dem Weiher von Henneth Annûn mag ihn alles kosten, was er zu geben hat.«
»Jetzt habe ich ihn genau vor dem Pfeil«, sagte Anborn. »Soll ich nicht schießen, Heermeister? Denn unaufgefordert hierher zu kommen, bedeutet nach unserem Gesetz den Tod.«
»Warte, Anborn«, sagte Faramir. »Dies ist eine schwierigere Angelegenheit, als es scheint. Was habt Ihr jetzt zu sagen, Frodo? Warum sollten wir ihn schonen?«
»Das Geschöpf ist unglücklich und hungrig«, sagte Frodo, »und sich seiner Gefahr nicht bewusst. Und Gandalf, euer Mithrandir, würde euch geheißen haben, ihn aus diesem und anderen Gründen nicht zu töten. Er verbot den Elben, es zu tun. Ich weiß nicht genau, warum, und über das, was ich mutmaße, kann ich hier nicht offen sprechen. Aber dieses Geschöpf ist in irgendeiner Weise mit meinem Auftrag verknüpft. Bis ihr uns fandet und mitnahmt, war es mein Führer.«
»Euer Führer!«, sagte Faramir. »Die Sache wird immer seltsamer. Ich würde viel für Euch tun, Frodo, aber das kann ich nicht zugestehen: diesen durchtriebenen Wanderer nach seinem Willen frei von hier weggehen zu lassen, um sich Euch später wieder anzuschließen, wenn es ihm beliebt, oder von Orks gefangen zu werden und unter Androhung von Strafe alles zu sagen, was er weiß. Er muss getötet oder gefangen genommen werden. Getötet, wenn er nicht sehr rasch gefangen genommen wird. Aber wie kann dieses schlüpfrige Wesen von vielerlei Gestalt gefangen werden, wenn nicht durch einen gefiederten Pfeil?«
»Lasst mich leise zu ihm hinuntergehen«, sagte Frodo. »Ihr könnt eure Bogen gespannt lassen und wenigstens mich erschießen, wenn es mir misslingt. Ich werde nicht davonlaufen.«
»Geht denn und beeilt Euch!«, sagte Faramir. »Wenn er lebend davonkommt, sollte er für den Rest seiner unglücklichen Tage Euer getreuer Diener sein. Führe Frodo zum Ufer hinunter, Anborn, und geht leise. Das Geschöpf hat Nase und Ohren. Gib mir deinen Bogen.«
Murrend ging Anborn voraus über die Wendeltreppe bis zu dem Treppenabsatz und dann über die andere Treppe, und schließlich kamen sie zu einem kleinen, hinter dichten Büschen verborgenen Durchgang. Leise schritten sie hindurch, und Frodo sah, dass sie oben am südlichen Ufer des Weihers standen. Es war jetzt dunkel, und der Wasserfall war blass und grauund spiegelte nur den noch am westlichen Himmel verweilenden Mond wider. Er konnte Gollum nicht sehen. Er ging ein kurzes Stück weiter, und Anborn kam leise hinter ihm her.
»Geht weiter!«, flüsterte er Frodo ins Ohr. »Seid auf Eurer Rechten vorsichtig. Wenn Ihr in den Weiher fallt, kann Euch niemand außer Eurem fischenden Freund helfen. Und vergesst nicht, dass Bogenschützen in der Nähe sind, auch wenn Ihr sie nicht seht.«
Frodo kroch weiter und gebrauchte seine Hände nach Gollum-Art, um seinen Weg zu ertasten und sich abzustützen. Die Felsen waren größtenteils flach und glatt, aber schlüpfrig. Er hielt inne und lauschte. Zuerst hörte er keinen Laut außer dem unaufhörlichen Rauschen des Wasserfalls hinter ihm. Dann hörte er, nicht weit vorn, ein zischendes Murmeln.
»Fisch, netter Fisch. Weißes Gesicht ist endlich verschwunden, ja, Schatz. Jetzt können wir Fisch in Frieden essen. Nein, nicht in Frieden, Schatz. Denn Schatz ist verloren; ja, verloren. Dreckige Hobbits, grässliche Hobbits. Weg und haben uns verlassen, gollum; und Schatz ist weg. Nur der arme Sméagol ist ganz allein. Kein Schatz. Grässliche Menschen, sie werden ihn nehmen, werden meinen Schatz stehlen. Diebe. Wir hassen sie. Fisch, netter Fisch. Macht uns stark. Macht Augen scharf, Finger kräftig, ja. Sie erwürgen, Schatz. Sie alle erwürgen, ja, wenn wir Gelegenheit haben. Netter Fisch. Netter Fisch!«
So
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