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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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verlief dann nach Osten in die Dunkelheit: Dies war der vierte Weg, die Straße, die sie einschlagen mussten.
    Als Frodo dort einen Augenblick stand, von Furcht erfüllt, wurde er gewahr, dass ein Licht leuchtete; er sah den Widerschein auf Sams Gesicht neben sich. Als er sich dorthin umwandte, sah er hinter einem Bogen aus Zweigen die Straße nach Osgiliath, die, fast so gerade wie ein gestrecktes Band, hinunter, immer hinunter gen Westen führte. Dort in der Ferne, hinter dem traurigen Gondor, das jetzt in Schatten begraben war, ging die Sonne unter. Endlich fand sie den Saum der großen, langsam dahinziehenden Wolkendecke und stürzte in einem unheilvollen Feuer hinab in das noch unberührte Meer. Das kurze Leuchten fiel auf eine riesige sitzende Gestalt, still und feierlich wie die großen Steinkönige von Argonath. Die Jahre hatten an ihr genagt, und gewalttätige Hände hatten sie verstümmelt. Ihr Kopf fehlte, und an seine Stelle war zum Hohn ein runder, grob behauener Stein gesetzt worden, roh angemalt von ruppigen Händen, sodass er wie ein grinsendes Gesicht aussah mit einem einzigen roten Auge mitten auf der Stirn. Auf den Knien der Gestalt, auf ihrem mächtigen Thron und überall auf dem Sockel waren sinnlose Kritzeleien, vermischt mit den abscheulichen Schriftzeichen, die das Madenvolk von Mordor verwendete.
    Plötzlich sah Frodo, als die waagrechten Strahlen darauf fielen, den Kopf des alten Königs: Er war beiseitegerollt und lag am Straßenrand. »Schau, Sam!«, rief er laut vor Verblüffung. »Schau! Der König hat wieder eine Krone!«
    Die Augen waren hohl und der herausgemeißelte Bart beschädigt, aber die hohe, strenge Stirn schmückte eine kleine Krone aus Silber und Gold. Eine rankende Pflanze mit Blüten wie kleine weiße Sterne hatte sich über die Brauen geschlungen, als wollte sie dem gefallenen König Ehrerbietung bezeugen, und in den Furchen zwischen seinem steinernen Haar schimmerte gelber Mauerpfeffer.
    »Sie können nicht auf immer siegen!«, sagte Frodo. Und dann plötzlich war das kurze Aufleuchten vorbei. Die Sonne tauchte unter und verschwand, und als ob eine Lampe verdunkelt würde, brach die schwarze Nacht herein.

ACHTES KAPITEL
    DIE TREPPEN VON CIRITH UNGOL
    G ollum zerrte an Frodos Mantel und zischte vor Angst und Ungeduld. »Wir müssen gehen«, sagte er. »Wir dürfen hier nicht stehenbleiben. Beeilt euch!«
    Widerstrebend wandte Frodo dem Westen den Rücken und folgte seinem Führer, der ihm voranging in die Dunkelheit des Ostens. Sie verließen den Kreis der Bäume und schlichen entlang der Straße auf das Gebirge zu. Auch diese Straße lief eine Weile geradeaus, aber bald bog sie nach Süden ab, bis sie genau unter den großen Felsvorsprung kam, den sie aus der Ferne gesehen hatten. Schwarz und drohend ragte er über ihnen auf, dunkler als der dunkle Himmel dahinter. Unter seinem Schatten kroch die Straße weiter, umrundete ihn, drehte dann wieder nach Osten und begann steil zu steigen.
    Frodo und Sam schleppten sich schweren Herzens voran und vermochten sich nicht mehr groß um ihre Gefährdung zu sorgen. Frodo hielt den Kopf gesenkt; seine Last zog ihn wieder nach unten. Kaum war die große Wegscheide überschritten, da nahm ihr Gewicht, das er in Ithilien fast vergessen hatte, wieder zu. Jetzt, da er merkte, dass der Weg vor seinen Füßen steil wurde, blickte er müde auf; und dann sah er sie, wie Gollum es vorausgesagt hatte: die Stadt der Ringgeister. Er drückte sich an die steinige Böschung.
    Ein lang ansteigendes Tal, ein tiefer Abgrund des Schattens, zog sich weit hinauf in das Gebirge. Jenseits, aber noch vom Tal umschlossen, erhoben sich auf einem Felsen über den schwarzen Knien des Ephel Dúath die Mauern und der Turm von Minas Morgul. Alles war ringsum dunkel, Erde und Himmel, aber Minas Morgul war von Licht erhellt. Es war nicht das eingefangene Mondlicht, das vor langer Zeit durch die Marmorwälle von Minas Ithil flutete, dem Turm des Mondes, der schön und strahlend in der Senke zwischen den Bergen stand. Bleicher vielmehr als der an einer langsamen Verfinsterung siechende Mond war das Licht jetzt, flackernd und wehend wie eine ungesunde Ausdünstung von Verwesung, ein Leichenlicht, ein Licht, das nichts erhellte. In den Mauern und im Turm waren Fenster zu sehen wie unzählige schwarze Löcher, die nach innen ins Leere schauten; aber die oberste Steinschicht des Turms drehte sich langsam, zuerst hierhin und dann dorthin, ein riesiger gespenstischer

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