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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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Frodo war es nicht, könnte man sagen, und Herr Bilbo auch nicht. Sie hatten sich nicht selbst ausgewählt.«
    »Nun ja, ich muss selbst eine Entscheidung treffen. Und ich werde sie treffen. Aber ich werde es bestimmt verkehrt machen: Das würde Sam Gamdschie ähnlich sehen.
    Nun will ich mal überlegen: Wenn wir hier gefunden werden oder Herr Frodo gefunden wird und er hat das Ding bei sich, dann wird der Feind es bekommen. Und das ist das Ende von uns allen, von Lórien und Bruchtal und vom Auenland und von allem. Und es ist keine Zeit zu verlieren, sonst ist es sowieso das Ende. Der Krieg hat begonnen, und es ist mehr als wahrscheinlich, dass die Dinge für den Feind schon gut stehen. Keine Möglichkeit, mit Ihm zurückzugehen und Rat oder Erlaubnis einzuholen. Nein, entweder hier sitzen, bis sie kommen und mich bei der Leiche des Herrn töten und Ihn bekommen; oder Ihn nehmen und gehen.« Er holte tief Luft. »Dann heißt es: Ihn nehmen!«
    Er bückte sich. Sehr sanft machte er die Spange am Hals auf und fuhr mit der Hand in Frodos Rock; mit der anderen Hand hob er dann seinen Kopf, küsste die kalte Stirn und zog leicht die Kette über ihn. Und dann legte er den Kopf still wieder hin. Keine Veränderung zeigte sich auf dem ruhigen Gesicht, und dadurch war Sam mehr als durch alle anderen Zeichen endlich überzeugt, dass Frodo gestorben war und die Aufgabe abgegeben hatte.
    »Leb wohl, Herr, mein Lieber«, murmelte er. »Verzeih deinem Sam. Er wird an diese Stelle zurückkommen, wenn die Aufgabe erledigt ist – wenn er es schafft. Und dann wird er dich nicht wieder verlassen. Ruhe hier, bis ich komme; und möge kein böses Geschöpf dir nahe kommen! Wenn die Herrin mich hören könnte und mir einen Wunsch erfüllte, dann würde ich mir wünschen, dass ich zurückkomme und dich hier wieder finde. Leb wohl!«
    Und dann beugte er selbst den Hals und streifte die Kette über, und sofort wurde sein Kopf durch das Gewicht des Ringes zum Boden gezogen, als ob ihm ein großer Stein umgebunden worden wäre. Aber langsam, als ob das Gewicht geringer würde oder eine neue Kraft in ihm erwüchse, hob er den Kopf, und mit einer großen Anstrengung stand er dann auf und merkte, dass er gehen und seine Last tragen konnte. Und einen Augenblick hob er die Phiole hoch und blickte hinab auf seinen Herrn, und das Licht brannte jetzt sanft mit dem milden Strahlen des Abendsterns im Sommer, und in diesem Licht hatte Frodos Gesicht wieder eine schöne Farbe, bleich, aber von einer elbischen Schönheit wie bei einem, der schon lange die Schatten durchwandert hatte. Und mit dem schmerzlichen Trost dieses letzten Anblicks wandte sich Sam ab, verbarg das Licht und schwankte in die zunehmende Dunkelheit.
    Er brauchte nicht weit zu gehen. Der Gang lag ein Stück hinter ihm, die Schlucht ein paar hundert Ellen oder weniger vor ihm. Der Pfad war in der Düsternis sichtbar, eine tiefe Spur, ein in unendlichen Zeiten ausgetretener Weg, der nun in einer langgestreckten Mulde mit Felswänden auf beiden Seiten sanft hinaufführte. Die Mulde verengte sich rasch. Bald kam Sam zu einer langen Treppe mit flachen Stufen. Der Orkturm war jetzt direkt über ihm und blickte finster auf ihn herab, und in ihm glühte das rote Licht. Sam war in dem dunklen Schatten darunter verborgen. Er erreichte das obere Ende der Treppe und war nun endlich in der Schlucht.
    »Ich habe meine Entscheidung getroffen«, sagte er dauernd zu sich selbst. Aber das hatte er nicht. Obwohl er sein Möglichstes getan hatte, es sich gut zu überlegen, so ging ihm das, was er tat, doch durchaus gegen den Strich. »Habe ich es falsch gemacht?«, murmelte er. »Was hätte ich tun sollen?«
    Als die Steilwände der Schlucht ihn einschlossen, ehe er den eigentlichen Gipfel erreichte, ehe er endlich den Pfad erblickte, der in das Namenlose Land hinunterführte, wandte er sich um. Einen Augenblick schaute er zurück, in unerträglichem Zweifel befangen. Wie einen kleinen Fleck in der zunehmenden Düsternis konnte er noch die Öffnung des Ganges sehen; und er glaubte zu sehen oder zu erraten, wo Frodo lag. Er bildete sich ein, dort unten sei ein schwacher Schimmer auf dem Boden, oder vielleicht täuschten ihn seine Tränen, als er hinunterschaute auf diesen hohen, steinigen Ort, wo sein ganzes Leben in Trümmer gegangen war.
    »Wenn mir nur mein Wunsch erfüllt werden könnte, mein einziger Wunsch«, seufzte er, »zurückzugehen und ihn wiederzufinden!« Dann endlich wandte er sich um zu dem

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